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Mai 2007
 

Treffen junger Magazine.
Eine Ankündigung.

Die Zukunft!

Am kommenden Wochenende (2./3. Juni 2007) findet in Köln eine Premiere statt: Zwei ganze Tage lang widmen sich Gespräche, Lesungen und Präsentationen dem Phänomen der jungen Literaturzeitschriften dieser Jahre. Das „Treffen junger Magazine“, das von den Redakteuren der Zeitschriften BELLA triste, sprachgebunden, EDIT, la mer gelée, lauter niemand, krachkultur, Kritische Ausgabe, [SIC] und lose blätter ausgerichtet wird, ist die erste größere Zusammenschau von Literaturzeitschriften überhaupt. Dabei bilden die aufeinander treffenden Redaktionen nur die Spitze eines funkelnden Eisbergs: Allein Wikipedia verzeichnet weit über einhundert regelmäßig erscheinende literaturzentrierte Journale; die Bandbreite der Beschäftigung mit Literatur jenseits des Zeitungsjournalismus reicht vom zusammengetackerten Fanzine bis zum schweinsledernen Autorengesellschafts-Kassiber.

Das Gestrüpp der Ambitionen, die zur Gründung dieser vielen Magazine geführt haben, ist kaum zu entwirren. Beim Kölner Treffen versammeln sich jedoch ausgewählte Zeitschriften einer Generation, die einander in verschiedenen Punkten zwar nicht gleichen, sich aber doch zumindest vergleichen lassen. Vor allem anderen nämlich sind alle neun Zeitschriften Periodika, die das literarische Geschehen nicht einfach nur begleiten oder nachbereiten, sondern die an seinem Zustandekommen mitarbeiten.

Oder, pathetischer gesagt, sogar an der Zukunft der deutschsprachigen Literatur arbeiten. Denn die Debatten, Schreibweisen und Autorennamen, die von Buchsaison zu Buchsaison öffentlich werden oder wenigstens innerhalb der Schneekugel der Literaturwelt Furore machen, nehmen ihren Anfang oft im Kleinen, Halböffentlichen. Im besten Fall werden literarische Positionen in unsichtbaren Bezügen von Bekanntschaften, halbgar prämierten Wettbewerben, Wohnzimmerlesungen und nicht zuletzt ersten Veröffentlichungen in Zeitschriften ausprobiert, trainiert, entwickelt. In der Vorwelt des Anschubs und der Diskussion noch vor der ersten Buchveröffentlichung spielen Zeitschriften noch grundsätzlicher als Stipendienstifter und Preisauslober eine Entdeckerrolle, da sie die Essenz der Autorschaft bereits früh in den Fokus rücken: Den Text und nichts als den Text.

Obwohl die Höhe der Fördersummen, die in Deutschland in die Zeitschriftenszene investiert wird, bereits im Vergleich zu direkten Nachbarländern gering erscheint, gibt es gerade hierzulande eine vitale und vielschichtige Subkultur von Zeitschriften, die mit ihren eingeschränkten Mitteln auf eine solche Art und Wiese die möglichen Literaturen von morgen vorbereiten. Dazu zählen so traditionsreiche Zeitschriften wie das „Schreibheft“, „die horen“, „Akzente“ oder „Sprache im technischen Zeitalter“ – die sich der Bergungsarbeit bereits seit vielen Jahren verschrieben haben; aber dazu zählt eben auch eine erstaunliche Anzahl von Neugründungen seit dem Ende der 90er Jahre – Neugründungen, die sich besonders für die nachwachsenden Autorengenerationen zu zentralen Räumen der Erprobung und Selbstverortung entwickelt haben.

Abseits etablierter Wege und institutionalisierter Abläufe gibt es damit seit einigen Jahren etwas Neues, Bewegliches: Eine Independent-Kultur, wenn man so will. Die Autorengenerationen dieser Jahre werden ganz selbstverständlich von ihren eigenen Verlagen, ihren eigenen Diskussionsforen und eben auch ihren eigenen Zeitschriften begleitet.

Die Literaturzeitschriften, die sich nun beim „Treffen junger Magazine“ erstmals gemeinsam präsentieren werden, haben hierbei längst in eine Mittlerrolle hineingefunden, die dem Literaturbetrieb insgesamt nützt. Sie sind die stillen Agenten im Spiel rund um die Literatur. Ihre Währung besteht nicht in größeren Auflagen und bekannten Namen, sondern in Enthusiasmus und Entdeckerfreude. Finanziell gesehen rechnet sich die Herausgeberschaft einer Literaturzeitschrift mit Sicherheit nicht. Lohnenswert ist sie trotzdem. Denn hier im Untergrund, wo die Leserzahlen klein, aber die Begeisterung groß ist, können noch Impulse gesetzt werden. Und das wird in den letzten Jahren mehr und mehr goutiert. Die Zahl der Abonnenten der jungen Literaturzeitschriften steigt, zum ersten Mal seit vielen Jahren werden auch Leser außerhalb der innersten Zirkel erreicht.

Und das ist auch bitter nötig, denn das profane Wirtschaften von den Druckkosten bis zum Essayhonorar wird auch in diesem Bereich von Jahr zu Jahr zu einem größeren Problem. Förderungen für neue Zeitschriftenprojekte sind kaum noch zu beantragen, Planungssicherheit für kommende Ausgaben haben nur wenige Redaktionen. Mehr als jemals zuvor sind daher die aktuellen jungen Literaturzeitschriften auf diejenigen Leser und Abonnenten angewiesen, die bei ihnen das schönste Projekt der Gegenwartsliteratur mitlesen wollen: Die Zukunft dieser Literatur!

Patrick Hutsch, Literaturzeitschrift EDIT
Florian Kessler, Literaturzeitschrift BELLA triste
Jan Valk, Literaturzeitschrift sprachgebunden


Weitere Informationen zum Treffen junger
Magazine und das Programm gibt es im Internet unter:
» www.junge-magazine.de


Das Treffen junger Magazine wird gefördert vom Deutschen Literaturfonds e.V. und der SK-Stiftung Kultur (Köln). Es wird in Kooperation mit dem Literaturhaus Köln veranstaltet. Die teilnehmenden Literaturzeitschriften sind BELLA triste, sprachgebunden, EDIT, [SIC], la mer gelée, Kritische Ausgabe, Lauter Niemand, Krachkultur und Lose Blätter.