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Oktober 2007
Ilse Kilic
für satt.org

»Anfänge Zustände«

Gerhard Jaschke, dessen neues Buch ich heute vorstellen will, ist in „Österreich weltbekannt“*, aber auch viele Literaturinteressierte und Kunstinteressierte aus Deutschland oder der Schweiz, vielleicht aus der ganzen Welt sind seinen Arbeiten oder ihm selbst wohl schon begegnet.

Gerhard Jaschke:
Anfänge Zustände

Ein Lesebuch
Literaturedition
Niederösterreich,
St. Pölten 2007

Gerhard Jaschke: Anfänge Zustände

mit einem Vorwort
von Julian Schutting
224 Seiten, geb. mit Schutz-
umschlag; 15 x 22 cm
ISBN 978-3-901117-90-9;
€22,00
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Gerhard Jaschke hat zahllose Bücher veröffentlicht, dicke und dünne, er hat zahllose Veranstaltungen organisiert, kleine und große, er hat verschiedene Kolleginnen und Kollegen gefördert, unterstützt und verlegt und, ja, er gibt seit über 30 Jahren die Literatur- und Kulturzeitschrift „Freibord“ heraus. Wer „Freibord“ übrigens abonnieren oder eine Probenummer bestellen will, kann dies unter der Emailadresse freibord@gmx.at tun.

Nun ist ein Buch erschienen, das der Vielseitigkeit Jaschkes Rechnung trägt und nicht nur Lyrik und Prosa, sowie ein Stück mit verteilten Rollen, sondern auch Visuelle Poesie und Bildnerische Arbeiten beinhaltet.

Die bildnerischen Arbeiten sowie die visuelle Poesie sind durchwegs farbig abgedruckt und zeigen nebst Stempeltexten („Alles echt! Alles gefälscht“) auch Handzeichnungen und Collagen sowie ein Bild von Österreich als leere weiße Fläche. Österreich ist sofort zu erkennen, allerdings kommt man auf die Idee, seine Form im Sinne des Rorschachtests zu deuten: eine Schlange, die sich aus einem Sack erhebt?

Im Prosatext „Die Reinschrift“, der mich besonders beeindruckt, behandelt Gerhard Jaschke die Aufzeichnungen seines (zumindest teilweise fiktiven) Vaters, stellt diese in Zusammenhang mit dessen Unbehagen in der Welt, das wiederum auch mit seinem, Gerhard Jaschkes Unbehagen in der Welt in Zusammenhang steht, der wiederum zum Unbehagen anderer Zeit- und KunstgenossInnen führt, von einem Unbehagen zum anderen gewissermaßen, bis wir gar nicht mehr wissen, wem nun welches Unbehagen gehört – was aber sein Gutes hat, weil wir uns plötzlich mit unserem Unbehagen in einer Tradition sehen können, einer Tradition des „Anders-denken-wollens“, einer Tradition, die die Augen weit aufmacht und oft auch den Mund, auch wenn, wie Beckett fragt, „All gimmicks gone“, alle Schnörksel, Kunstgriffe und Tricks verschwunden sein könnten.

Das Buch sei herzlich empfohlen erstens jenen, die Gerhard Jaschke schon kennen und bisher unbekannte Seiten an ihm kennenlernen wollen, zweitens aber jenen, die Gerhard Jaschke (noch) nicht kennen und ihn kennenlernen wollen.



* „In Österreich weltbekannt“ ist der Titel einer Publikation von Stephan Eibel, die auch insofern in Bezug zu Gerhard Jschke steht, als sie in dessen Freibord Sonderreihe als Buch im Jahr 1992 erschienen ist.