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November 2007 | Frank Milautzcki für satt.org |
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![]() | … um sich zu betrinken am Himmel der stillen TageNeue Gedichte von Myriam Keil
Immer wieder ist es der Atem. Es beruhigt, dass er sie begleitet in so viele Texte hinein. Etwas Essentielles ist anwesend, unverbraucht. Es ist die Rede vom Licht, das man atmet an einem Januartag. Ein stiller und wesentlicher Dialog - im Atem erwachsen wir und takten unsere Zeit - Myriam Keil bewegt sich mit großer Zärtlichkeit durch Anschein, Geschehen und Wirkung. Zwischen dem Versuchen der Liebe und Ichfindung im städtischen Raum, über den Mittwochsmarkt hinweg und entlang von Reklamewänden, bei Busfahrten im Regen, in Kinosälen zu zweit, in U-Bahn und Fahrstuhl - immer irgendwie „ein platz am fenster“, so der Titel des gerade erschienenen Gedichtbandes, der, ich nehm’s vorweg, zu einem der freundlichsten Besucher der letzten Monate auf meinem Schreibtisch gehört. Ihre Aufmerksamkeit ist unaufgeregt und verzettelt sich nicht, sie ist da, einfach da, auf eine wundervolle Weise vorhanden ohne das große Gepäck. „wenn ich hier bin / zwischen zwei augenblicken / ist es auch die welt.“ Und sie ist herrlich pointiert: „und eine frau trägt wieder hüte“, nicht man, die Frau trägt ihren Hut so, wie man wieder Hüte trägt, weil man wieder Hüte trägt. Details, die sieht, wer das Leben sieht. Dort gibt es „fensterschwere straßen“, „geübte worte“, „augenschnüre“ --- also: knappe, stille und genaue Bilder, nichts künstlich herbeibemüht, sondern eben auf den Punkt beobachtet. Sie nimmt sich Zeit für ihre Bilder, es gibt nur wenige davon. Das entspannt. Da geht man gerne mit, lässt sich in die Texte ziehen, genießt die kurzen Erzählungen, die diese Gedichte sind. Das ist echt und authentisch. Es gibt auch ein Du. Auch Körper, Haut, genaues Dasein, das hinüberfließt in die zerbrechliche Gegend der Liebe. Myriam Keil gewann mit ihren Gedichten 2006 einen von zwei Preisen, welche die Salzburger Literaturzeitschrift erostepost ausgelobt hatte. Das damalige Jurymitglied Fritz Huber hat dem vorliegenden Band ein übrigens sehr poetisches Vorwort mitgegeben: Myriam Keil sammelt aus dem Alltag, was an Lebendigkeit korrespondiert, „schickt dann alles durch ein Brennglas, zirkelt dort ab, wo die Unschärfe beginnt: eine Geometrie auf Gefühlsebene. Dadurch klettern ihre Gedichte ins Allgemein-Gültige, ohne zu verallgemeinern.“ Geht auch nicht - wer große Flächen der Welt wie Myriam Keil mit Sanftmut und Zärtlichkeit anschaut, kann das Leben nicht entwerten mit Stempeln und Etiketten - Klarheit und Liebe haben ja denselben Blick.
In Myriam Keils sehr modernen Gedichten findet man oft Verblichenes, heute manchmal von allzu lauter Originalität Verdrängtes, aufgefrischt: den Hinweis, dass die Poesie noch immer genau dort zu entdecken ist, wo wir alle am lebendigsten sind, in den Welten des Augenblicks. Das macht ihr Buch für mich besonders und ich betrachte es so, wie sie selber das Leben betrachtet: zärtlich. Und wünsche mir richtig verstanden zu werden: Zärtlichkeit hat nichts zu tun mit Weichei-Romantik, mit Naivität, mit fehlendem Wirklichkeitssinn und anderem Kokolores, und ist schon gar nicht unzeitgemäß. Das ist eine Sprache, die offen ist und sorgsam anfaßt, aber genau so zum Punkt kommt. Ihre Berührung ist vollständig und trotzdem fragend und kennt keine Angst. Das ist Poesie. Sie kann da sein in einem leeren Glas, einem Atemzug oder einem Platz am Fenster: relikte Myriam Keil: ein platz am fenster |
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