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1. August 2008
Marjaleena Lembcke, Heike Ellermann: Der Peter Kurzeck: Ein Sommer, der bleibt

Peter Kurzeck:
Ein Sommer, der bleibt

Schon seit Ende des letzten Jahres ist diese CD-Box im Handel erhältlich, und doch kann man nicht oft genug darauf hinweisen, welcher Schatz einem hier geboten wird. In dem Hörbuch „Ein Sommer, der bleibt“ erzählt Peter Kurzeck von seiner Kindheit auf dem Dorf – oder besser, wie es der Untertitel ganz richtig suggeriert: er „erzählt das Dorf“, denn mit seinen Worten entsteht das Dorf Staufenberg bei Gießen vor dem Auge des Hörers.

Kurzecks Vortrag ist dabei ganz und gar improvisiert. Noch nicht einmal ein Manuskript gab es vor der Aufzeichnung – der Text entsteht während des Erzählens. Es hätte sich dafür keine besserer Erzähler finden können als Peter Kurzeck, der ohne Unterlass und mit niemals nachlassender Begeisterung von seiner Kindheit berichtet, in ausladender Form, ausschweifend zuweilen, aber niemals schwadronierend, immer den roten Faden in der Hand haltend, mit der Lust an Geschichten, die das Leben schreibt. Erinnerungsarbeit ist das Thema vieler seiner Bücher, hier hat er dafür die passende Erzählform gefunden. Die sorgfältige Produktion macht es möglich, dass man sich ganz nah am Geschehen fühlt, jedes Luftholen Kurzecks ist deutlich zu hören – ein Gefühl, als ob man mit ihm zusammen im Wohnzimmer sitzt.

Geboren in Tachau in Böhmen wurden er und seine Familie 1946 aus der Tschechoslowakei vertrieben – sie siedelten in Staufenberg. Hier verlebt Kurzeck seine Kindheit, von der er in diesem Hörbuch rührend und unsentimental erzählt. Kurzeck geht es nicht um Linearität, viel eher kreisen seine Erzählungen um Konstanten wie etwa den Zug aus Hamburg, vom dem sich der kleine Peter immer vorstellt, er fahre ans oder komme vom Meer, oder den Basaltfelsen, auf dem die Burg Staufenberg gebaut ist. Und so funktioniert ja auch Erinnerung: In Schüben, in Spiralen.

Dabei gelingen Kurzeck immer wieder wunderschöne Allegorien. In einer der schönsten Episoden erzählt er von seinem Taschenmesser mit Perlmuttgriff, das ihm seine Schwester einmal aus einem Urlaub an der Nordsee nach Hause brachte und das er eines Tages im hohen Gras einer Wiese verlor, und das auch bei intensivster Suche nicht wieder auffindbar war. Kurzeck, unfähig das Messer einfach so verloren zu geben, findet heraus, wem die Wiese gehört, geht zu dem betreffenden Bauern und bittet diesen darum, beim nächsten Mähen nach dem Messer Ausschau zu halten. Und siehe da: Einige Tage später kommt der Bauer mit dem wiedergefundenen Messer zu ihm. Was Kurzeck zu der Einsicht bringt, dass man die wirklich wichtigen Dinge niemals verlieren kann - „die werden einem gebracht sogar“.



Ein Sommer, der bleibt:
Peter Kurzeck erzählt
das Dorf seiner Kindheit.

supposé, Berlin 2007
Konzeption, Regie und
Produktion: Klaus Sander
Erzähler: Peter Kurzeck
Box mit 4 Audio-CDs,
290 Minuten
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