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20. November 2008 | Felix Giesa für satt.org |
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Pop-up-Bilderbücher!Pop-up-Bilderbücher, früher nannte man sie einmal Aufstellbilderbücher oder auch Panoramabilderbücher, sind seit einiger das ganz große Ding auf dem Bilderbuchmarkt. Das dürfte zum einen daran liegen, dass die Papierverarbeitungsprozesse immer kreativere Figuren ermöglichen, und zum anderen, dass das spielerische Moment der Pop-up-Bücher dem größten Buchkonkurrenten etwas entgegen setzten sollen: nämlich der Spieleindustrie. Aber wie soll im Wust der zigsten Auflage einer Aufklappburg oder eines Pop-up-Piratenschiffes noch den Überblick waren? Hier ein paar wirklich außergewöhnlich Titel zum ,Aufstellen’ ...
ABC 3 D Auf den basalsten aller Texte hat sich Marion Bataille in ihrem neuen Bilderbuch konzentriert: das Alphabet. Und für dessen Präsentation benötigt sie noch nicht einmal 26 Seiten. Ihre Pappgebilde feiern die Kombinationsmöglichkeit der Buchstaben mit den Mitteln des Graphikdesigns, die denen der Lyrik in nichts nachstehen. So schlägt man die Seite mit dem E auf, doch erblickt dieses nur für einen kurzen Moment, weil ein geschickter Mechanismus diesem sofort den Boden unter den Füßen entzieht, und es so zum F werden lässt. Zauberhaft auch die Seite mit O und P: die Buchtüftlerin macht hier deutlich, was uns allen in der Zeit des Schriftspracherwerbs einmal klar war. Das Q ist nur ein O mit einem Komma unten rechts und das R ist ein um ein solches Komma ergänztes P. Ganz einfach legt sich hier dann auch eine Seite durchsichtiges Papier mit zwei solchen Kommas über O und P und bestätigt uns, was wir damals so schlau durchschaut hatten. Aber es finden sich natürlich auch Seiten mit einzelnen Buchstaben, bei denen es scheint, als würde die Illustratorin versuchen, die Seele des jeweiligen Buchstabens freizulegen. Ganz eindrucksvoll etwa das K. Wie bei einer Schere senken sich die beiden Schenkel herab und schneiden wie der Plosivlaut alles andere ab. „ABC 3 D“ ist ein multifunktionales Buch. Es zeigt, wozu die papierverarbeitende Industrie heute fähig ist, es ist eine mehr als anschauliche Einführung in die Sprache und es schafft das, was Bücher über alles Maß hinweg auszeichnet: es unterhält und fesselt und will immer wieder in die Hand genommen werden. ◊ ◊ ◊
600 schwarze Punkte David A. Carter dürfte nicht ganz unschuldig sein, am akuten Boom der Pop-up-Bilderbücher. Immerhin wurde sein erstes „Punkte“-Buch, „1 roter Punkt“ in diesem Frühjahr für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Sachbuch nominiert. Dort musste es sich zwar der Gewaltstudie „Der Kick“ geschlagen geben, aber das nun erschienene, dritte „Punkte“-Buch gibt den Verlegern des Kölner Boje Verlags Recht: Carters Buchkunstwerke sind populär. Musste man in den ersten beiden Büchern jeweils einen roten Punkt respektive zwei blaue Punkte in den Papiergebilden suchen, so gilt es im aktuellen Buch ganze 600 schwarze Punkte in einer Vielzahl abstrakter Konstrukte zu finden. In kräftigem Blau, Gelb, Rot und Weiß sind die unterschiedlichen Figuren gehalten. So setzten sich die dunklen Farbtupfer ab, und das ist auch gut, da einige Gebilde schon ein genaues Hinschauen verlangen. Nicht das „Mondrian-Gerüst“, dieses besteht aus Balken und Streben in allen Ebenen, auf denen die Punkte liegen. Muss man dort nur abzählen, so findet sich etwas weiter hinten ein Wesen, „bunt und wild“, das sehr stark einem mythischen Krakenungeheuer ähnelt. Hinterhältig wie dieser Schrecken der nautischen Pioniere mischt sich hier zum Beispiel auch ein blauer Punkt ins Bild und will verwirren. Aber es stellen sich nicht nur Figuren auf, sondern es muss auch Hand angelegt werden, um alle Punkte zu entdecken. Hinter Klappen und geheimen Türen warten weitere Punkte entdeckt zu werden. Und auf welche schwarzen Punkte will der kleine Spiegel wohl verweisen? Wie auch schon seine Vorgänger ist „600 schwarze Punkte“ ein tolles Designprodukt, eine Hommage, und somit auch Hinführung, an die klassische Moderne, mit ihren konstruktivistischen Bildmotiven und darüber hinaus eine dreidimensionale Schnitzeljagd im Buchformat. Bunte Scherenschnittfiguren wälzen sich organischwie Tentakel aus den Buchseiten. Dazwischen die schwarzen Punkte zu suchen ist ein detektivischer Spaß. ◊ ◊ ◊
Haie und andere Meeresräuber Die beiden Papierkünstler Robert Sabuda und Matthew Reinhart setzen mit „Haie und andere Meeresräuber“ ihre Encylopaedia Praehistorica fort, die sie im vergangenen Jahr mit einem Band über Dinosaurier begonnen haben. Somit sind ihre Bücher auch keine reinen Bilderbücher, die erschaut und erlesen werden wollen, sondern es sind Sachbücher, die Wissen vermitteln, darüber hinaus unterhalten, klar, aber eben auch besonders anschaulich sind. Das sie dabei einen seit „Jurassic Park“ aus Kinder- und vor allem Jungenköpfen nicht mehr wegzudenkenden Gegenstand vermitteln, ist dabei nebensächlich. So ist man ein weiteres Mal ob des unglaublichen Einfallsreichtums der beiden Amerikaner angetan, wenn man den Band erst einmal genüsslich durchblättert. Hier ein Monsterskorpion (Pterygotus), dort ein Killerkrokodil (Sarcosuchus) und auch ein biblisch anmutender Leviathan (Elasmosaurus) springen einem von den Seiten regelrecht entgegen. Wie in einem interaktiven Lernprogramm sind auf den Seiten darüber hinaus zusätzlich kleine Kärtchen, die man ebenfalls aufklappen kann und hinter denen sich noch weitere Pop-ups und Informationen finden. So gelingt es, den Begriff Pop-up-Bilderbuch auf die Spitze zu treiben und den geringen Platz auf den zwölf Seiten bestens auszunutzen. Sachbücher für Kinder sehen sich immer einem grundlegenden Problem gegenüber: sie sollen Kindern in einer für sie verständlichen Sprache neues Wissen vermitteln und unterhalten, aber natürlich auch den wissenschaftlichen Anspruch eines Sachbuchs wahren. Und auch Sabuda und Reinhart sind Produktdesigner und keine Paläontolgen, doch es gelingt ihnen in den knappen Texten eine gefällige Einführung in die Welt der frühzeitlichen Meereswelt zu geben. 1975 erschien mit „Der weiße Hai“ ein Vorreiter des modernen Horrorfilms. Seither ist ein weitaufgerissener Haimkiefer („Jaws“) der Inbegriff für Gefahr aus der Tiefe. Für seine Artgenossen war der Megalodon schon zu früheren Zeiten kein angenehmer Zeitgenosse. |
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