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15. August 2009 | Christopher Pramstaller für satt.org |
Lisa Röper: PolarreiseIch packe meinen Koffer, und lege hinein ... ... eine CD mit 13 Songs norwegischer Bands und ein Buch mit 13 doppelseitigen Illustrationen von Lisa Röper. Denn es soll auf Reisen gehen an einen weit entfernten Ort – an den kalten, verschneiten Polarkreis. Im Sommer vielleicht nicht unbedingt das Ziel der Träume, wenn keine Sonnenstrahlen durch das Fenster fallen, sondern Regentropfen im Ostinato dagegen prasseln. Doch es soll schließlich keine wirkliche Reise sein, sondern lediglich ein 45-minütiger imaginärer Ausflug an den Nordpol, auf den uns Lisa Röper in ihrem Buch „Polarreise“ mitnimmt. „Polarreise“ erzählt die Geschichte eines bärtigen Mannes, der in der Weite der menschenleeren Schneelandschaft wohnt, der mal fischt und mal Gitarre spielt und sehr viel Zeit zum nachdenken hat. Eines Nachts träumt der Mann von einem Raumschiff und einem alten Freund, einem Astronauten. So macht er sich auf den Weg, um das Raumschiff zu suchen und ein großes Abenteuer zu erleben. Viel erfahren wir nicht über ihn. Ob er sich einsam fühlt oder glücklich ist, ob er mit sich zufrieden ist oder lieber an einem anderen Ort leben würde. Es ist dem Leser selbst überlassen, Antworten auf diese Fragen zu finden und die Geschichte mit Inhalt zu füllen. Die 13 Songs, unter anderem von „The White Birch“ oder „Bigbang“ bilden den Soundtrack der Geschichte, liefern Text und Atmosphäre, wenn der Leser die Play-Taste des CD-Spielers drückt, es sich auf dem Sofa bequem macht und für eine dreiviertel Stunde im Takt der Songs Doppelseite für Doppelseite betrachtet und gen Norden entschwindet. Wie die Geschichte ihren Spannungsbogen entfalten, verändert sich auch die Musik. Nicht nur der atmosphärische Island-Sound, der kühl und gleichzeitig ebenso emotional ist, bildet die musikalische Seite der Polarreise. Es rockt an einigen Stellen auch schon mal ziemlich los, wenn die Geschichte an Dramatik zunimmt. 13 doppelseitige Illustrationen und ebensoviele Songs hat Lisa Röper für ihre Polarreise zusammengestellt. Die großformatigen Illustrationen sind ebenso unaufgeregt und zurückhaltend, wie es die Geschichte selbst ist. Fast durchgängig sind die Seiten in gedeckten Blau- und Grautönen gehalten und strahlen durch die großen Farbflächen und ihre Offenheit Ruhe aus. In diese Bilder gilt es nun einzutauchen und sie mit der eigenen Fantasie zu füllen. Denn Lisa Röper hat keine Geschichte gemalt, die bis ins letzte Detail aufzeigt, was ganz genau vor sich geht. So metaphorisch, wie die Texte der Songs, die nicht nur eine Lesart zulassen, sondern vielmehr zur eigenen Interpretation einladen, lassen auch die Bilder viel Raum für eigene Gedanken und ein ganz persönliches Abenteuer des Lesers mit dem bärtigen Mann vom Polarkreis. Jedes Bild allein ist eine kleine Geschichte, die für die Dauer des dazugehörigen Songs zum Leben erweckt wird. Mit dem Ansatz, nicht nur Bilder zu malen, sondern gleichzeitig auch noch den passenden Soundtrack dazu zu liefern, bedient sich Lisa Röper eines äußerst spannenden Konzepts. Der Leser wird in ihrem Medienhybrid an die Hand genommen. Ihm wird der Rhythmus der Seiten vorgegeben, in die er fast schon meditiativ eintauchen kann, und die Songs schaffen eine Grundatmosphäre, aus der es kaum ein Ausbrechen gibt. In diesen Schranken bieten Songs und Illustrationen jedoch so viel Freiraum, dass der Leser tief in die von Lisa Röper gemalte Welt eintauchen kann und ein ganz eigenes, neues Lesegefühl entsteht.
Lisa Röper: Polarreise |
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