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5. September 2010 | Sarah Strebelow für satt.org |
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Krankheit als Krankheit
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Sarah Manguso (Foto © Andy Ryan) |
Der Roman setzt sich aus eigenständigen kurzen Kapiteln zusammen, die einzelne Etappen, Ereignisse, Gedanken oder Behandlungen thematisieren, ausnahmslos erzählt von der Ich-Erzählerin selbst, mit welcher und über welche hinweg die Dinge geschehen. Es treten Symptome auf, entwickeln, verändern sich und vergehen wieder. Viel zu viele Katheter werden gelegt, Unmengen von Blut gepumpt, Medikamentendosen ausprobiert und eingestellt ... Die Erzählerin macht sich Gedanken zu Funktion und Dysfunktion ihres Körpers, zur Bedeutung und Relativität von Wahrnehmung und immer wieder zu Zeit und Raumzeit, in der sie sich jetzt in ihrem Zustand des Ausgeliefertseins verortet: Alles was je war und sein wird existiert gleichzeitig und nebeneinander.
Die große und verstörende Leichtigkeit, die es unmöglich macht, den Roman als Krankengeschichte oder Bericht von Erkrankung und Genesung zu lesen, entsteht durch das unbedingte Verharren der Protagonistin in dieser absoluten Gegenwart. Es weist kaum ein Gedanke in die gesunde Vergangenheit, kaum einer führt in die ungewisse Zukunft. Es gibt keine Fragen, keine Betroffenheit, kein Hadern mit dem Schicksal. Die Krankheit ist und sie ist, was sie ist. Mal so stark, dass neben ihr nicht viel bleibt, dann wieder gibt sie Raum für Gedanken, die von ihr weg führen. Sie steht für nichts, verweist auf nichts, konnotiert nichts und es ist weder klar, woher sie kommt, noch wie lange sie andauern wird. Und genau in diesem Zustand entdeckt die Erzählerin das Sein, das Selbst, die Gegenwart.
Es gibt viele Fragen, die man stellen könnte: die nach Autorschaft und Literarizität, nach der Auseinandersetzung mit, bzw. Thematisierung von Krankheit in modernen Gesellschaften, oder die Frage, ob die einzelnen Romankapitel nicht auch jeweils als eigenständige Lyrik gelesen werden können. Man kann aber auch einfach diese frische und unkonventionelle Stimme genießen, die völlig unprätentiös eingetretene Pfade verlässt.
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