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1. Mai 2011 | stefan heuer für satt.org |
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Inseln der Ruhe, und immer ein Du und ein wirAndreas Noga findet Lücken im LärmEine große Anzahl unangeforderter Lyrikbände findet seinen Weg in meinen Briefkasten, und ich muss es sagen, wie es ist: Die Gedichte werden dadurch nicht besser, dass man sie mir schickt – wenn dies so wäre, würde ich mir das patentieren lassen! Die in diesem Zusammenhang bislang allerschönste Mail, gerade eine gute Woche alt: »Herr Heuer, wie mir zu Ohren gekommen ist, haben Sie einige Dichter sogar bereits mehrfach besprochen, meinen Debütband jedoch nicht. Das kann doch wohl nicht sein!« Doch, lieber Mensch, dessen Namen ich an dieser Stelle nicht nennen möchte und werde: Das kann sein! Und zwar deshalb, weil mir viel zu viele wirklich gute Lyrikbände in die Hände kommen, zu denen ich viel lieber was schreibe als über ein Buch, das mich in keiner Weise interessieren konnte. Weiteres Salz in die Wunde des Ungenannten und seiner Artgenossen: In der Lyrikreihe der Silver Horse Edition ist 2010 mit »Lücken im Lärm« ein neuer Gedichtband von Andreas Noga erschienen. Richtig, gut beobachtet, auch von Noga habe ich bereits mehrere Lyrikbände vorgestellt, namentlich »Nacht Schicht« (Edition YE, 2004), »Bernsteinäugiges Fellchen« (Rhein-Mosel-Verlag, 2007) und »Orakelraum« (Silver Horse Edition, 2008). »Lücken im Lärm« vereint alle Stärken und jenen Charme, der mir die Gedichte des geborenen Koblenzers so angenehm durch den Kopf gleiten lässt. Noga verzichtet auf die künstliche Distanz, sehr persönlich sind diese Gedichte, in denen das »wir« vorherrscht; der familiäre Alltag, die mit Frau und Söhnen gemeinsam verbrachte Freizeit, das alles ist präsent und wird derart unprätentiös beschrieben, dass man am liebsten mit einem Bier in der Hand daneben sitzen würde. Klar verständlich, ohne zur Verwirrung gestreuten Pomp, finden hier die Wintertage statt, die gemeinsamen Angelausflüge, die einer abrupt schließenden Zugtür geschuldete Unterbrechung bei der Verabschiedung von der Liebsten. Die Gedichte finden eine angenehme Mitte, sind unangestrengt, ohne dabei lasch oder belanglos zu sein. Vieles fügt sich natürlich, was Überraschungsmomente nicht ausschließt. Mit ebenso simplen wie wirkungsvollen Mitteln hält Noga seine Gedichte spannend, hier ein kleines Wortspiel, da ein geschickter Umbruch: ... keine schwalbe dein kuss / machte den sommer // ... Und immer wieder die anderen, nie nur er selbst. Noga ist ein Dichter des Dialogs, Intertextualität mit fremden Texten ist immer präsent und beabsichtigt, der Blick über den eigenen Tellerrand / die eigene Tastatur ist für ihn ebenso selbstverständlich wie Mittel zum Zweck – es könnte schließlich sein, dass die fremden mit den eigenen Gedanken vermischt noch besser schmecken als das Köcheln im eigenen Sud. Mit Vorliebe also werden Gedichte gewidmet oder Nachdichtungen verfasst. Immer wieder rückt Andreas Noga das Gedicht selbst in den eigenen Mittelpunkt, macht es zum Gegenstand seiner Dichtung – Bezüge zu Gedichten von Axel Kutsch oder Ernst Jandl sind dabei unverkennbar und runden das Bild von einem Dichter ab, der sich auch für den klassischen Reim nicht zu schade ist. Lücken im Lärm, Inseln der Ruhe; bei Noga, der sich hier wieder einmal als guter Beobachter und Gefühlsmensch erweist, gibt es sie – nicht nur am Angelteich, auch im dichtesten Feierabendverkehr.
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