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September 2001
Thomas Vorwerk
für satt.org


R.E.M.:
Reveal

Warner, 2001

R.E.M.: Reveal

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R.E.M.
Reveal



Da ich nicht recht weiß, was ich zum neuen Album der Athener sagen soll, mal wieder ein Schnelldurchlauf, währenddessen ich niederschreibe, was mir so zu den einzelnen Songs einfällt.

Der Anfang von „The Lifting“ ist vielversprechend wirr. In etwa so muß es sich anhören, wenn Glastiere durch den Fleischwolf gedreht werden. Oder wie Michael Stipe es formuliert: „You‘ve said the air was singing“, immer wieder im Hintergrund mahlende Geräusche, doch eigentlich ein zuckersüßer Popsong. Oder Rocksong für Freunde von Haarspaltereien.

Auch bei „I‘ve been high“ sind es für mich die Hintergrundgeräusche, die den eigentlich unspektakulären Song ausmachen. Ist es eine Nähmaschine, ein Telegraph oder ein durchbrennender Sicherungskasten? Und was ist das für ein glockenähnliches Geräusch, das aus einer Elektro-Orgel zu stammen scheint?

Die zweite Single „All the way to Reno“ wird inzwischen fast jeder kennen, für meine Fälle eine Spur zu melodisch. Aber auch hier wieder ein Geräusch: ein gurgelnder elektronischer Kuckuck?

„She just wants to be“ startet ein wenig orientalisch, mit einem Saitenzupfinstrument (bilde ich mir jedenfalls ein), doch danach folgt der vielleicht typischste R.E.M.-Song der Platte, gegen Ende ein wenig zerfranst, aber nicht wirklich innovativ. Aber trotzdem schön.

„Disappear“ beginnt endlich mal etwas melancholischer, doch die Stimmung hält sich nicht. Man driftet ein wenig ins Sphärische und schon ist man wieder mitten im melodischen Bereich. Doch auch hier einige Ausflüge ins Experimentelle, bevor man zu populistisch wird.

„Saturn Return“ hingegen ist dann wirklich eine etwas traurige Ballade, und auch auch „Beat a Drum“ ist nicht so, wie sich der Titel anhört, denn „beat a drum for me, like a butterfly wing“. Dies ist nicht die einzige Textzeile, die mich glauben macht, es handele sich um ein Liebeslied eines Verlassenen. Überhaupt ist es interessant, daß die Band seit „Up“ jetzt die Lyrics abdruckt, man aber nicht unbedingt mehr versteht als vorher, selbst, wenn ganze Lieder nur ein langer Refrain zu sein scheinen (was natürlich nicht stimmt).

Es folgt wieder eine Single, „Imitation of Life“, deren Textpassage „you want the greatest thing / the greatest thing since bread came sliced“ eigentlich alles sagt, was man über dieses Album sagen muß, denn R.E.M. ist mitunter wirklich das Beste, was mir seit der Erfindung des geschnittenen Brotes untergekommen ist. Doch wer nicht auf Brot steht, dem kann ich auch nicht helfen. In „Imitation of Life“ gibt es auch wieder so ein seltsames Geräusche, ähnlich wie der Anfang von „Summer turns to High“. Und auch, wenn die erste Textzeile nicht „Mercury is rising still“ wäre, würde mich dieser Song (und die ganze Platte) an „Deserter‘s Songs“ von Mercury Rev erinnern. Nein, mehr noch an die letzte Platte der Flaming Lips, die ich jetzt gerne detailliert damit vergleichen würde, doch ich habe sie nicht zur Hand. Genauso zähfließend wie Honig, genauso zuckersüß, aber doch eine Spur von Zyankali darunter versteckt. Tja, und nachdem ich auf diesen Vergleich gekommen bin, schaffe ich es nicht, mich in den nächsten zwei Song von den Ähnlichkeiten dieser zwei großartigen Platten loszureißen. Beinahe wäre es mir bei „Beachball“ gelungen, doch dann kam eine Streicherpassage, die meines erachtens fast genauso auf „The Soft Bulletin“ zu finden war.

Nicht, daß ich R.E.M. jetzt ein Plagiat unterschieben will, ganz im Gegenteil, ich bin aufrichtig gerührt, daß man sich hat inspirieren lassen, ich kann jetzt nichts mehr zu dieser Scheibe schreiben, ich will die Flaming Lips hören.