Am 26.01. stellte Manfred Maurenbrecher seine Solo-CD mit dem Titel Gegengift Im Club Voltaire, Berlin vor.
Andreas Geil nutzte die Gelegenheit zu einem Gespräch …
Manfred Maurenbrecher: Gegengift
LAMU Records 2002
Manfred Maurenbrecher, Richard Wester: Hey Du - Nö.
Contraer Musik 2001
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Manfred Maurenbrecher im Interview.
Auf Ihrer Internetseite befindet sich ein Zitat
von Manfred Maurenbrecher: "Es gibt immer wieder Leute, die mir raten, doch einmal eine Platte nur am Klavier zu machen: Aber ich bin kein Purist, mich locken Experimente -, nur brauche ich manchmal Jahre, um einem Lied seinen optimalen Ausdruck zu geben. Stücke, die weiser sind als der Kerl, der sie singt, an die muss man sich ranleben, es geht nicht anders". Wie kommt es also nun zu dieser Solo-CD?
Weil immer mehr Leute gesagt haben, ich soll mal eine machen. Es war die Begegnung
mit einem Flügel, der in einer kleinen Wohnung im Prenzlauer Berg stand.
Nämlich der ziemlich ausgebleichte und ausgekerbte Flügel der einmal
Ernst Busch gehört hat. Der stand in einer kleinen Wohnung eines Toningenieurs. Der hat sich diesen Flügel aus der Akademie in der Umbruchszeit gekrallt. Als ich das gesehen habe, während einer Aufnahme für ein Platte mit Liebesgedichten, welche die PDS als Weihnachtsgeschenk für Journalisten produzierte, dachte ich, wenn ich mal eine Soloaufnahme mache, dann hier.
Wie lange hat die Aufnahme gedauert?
Drei Tage. Wir haben dann noch später in der Uckermarck, wo ich ein kleines
Haus habe, noch zwei Stücke aufgenommen. Denn ein wenig Abwechselung ist
wichtig. Ein paar Stücke haben wir dann noch overdubt. Da spielt mal eine
Geige mit. Ich habe dann noch Mundharmonika und Orgel gespielt.
Sind auf der CD nur neue Lieder?
Nur neue, alle unveröffentlicht, bis auf eines. Zwei sind uralt von 1981.
Der Rest ist in den letzten zwei Jahren entstanden.
Hat Manfred Maurenbrecher ein Lieblingsstück von Manfred Maurenbrecher?
Das wechselt. Zur Zeit ist eins, was ich nie live gespielt habe. Das Stück
heißt "Egal was kommt", die letzte Nummer von der "Weißen Glut". Die Nummer habe ich noch nie live gespielt und immer missachtet, denn das Stück
habe ich so schnell geschrieben und auch nur operativ. Weil ich wollte das "Weiße
Glut" mit einem Sololied aufhört. Weil ich damals schon vor hatte, dass die
nächste Platte eine Soloaufnahme wird. Dieses Stück sollte eine Klammer
bilden. Dann habe ich das Stück nie geprobt, nie gespielt und bis vor zwei Wochen
nie gehört. Im Moment gefällt mir das Stück richtig gut.
Die
Jahre, die Sie brauchen, um den Liedern einen optimalen Ausdruck zu geben, sind
auf der im November erschienen CD "Hey, Du - Nö" zu bewundern.
Diese gemeinsam mit Richard Wester eingespielte CD versammelt die schönsten
Stücke - Was auffällt, ist die ausgereifte Gesangstechnik. Das Weitersingen der eigenen
Songs, wie z.b. bei "Viel zu schön" …
Ich glaube, dass ich anders singe macht einfach die Bühnenerfahrung, das
ich routinierter bin als früher, mit meiner Stimme mehr umgehen kann, das
ist nicht mehr so naturwüchsig wie das früher war. Obwohl ich ja nie
so was wie Gesangsunterricht mitgemacht habe. Aber das ist nicht mehr so dem Zufall
oder der eigenen Stimmung überlassen, ich kann das mehr einsetzen. Das lange
Ende von "Viel zu schön" gibt es schon lange, das habe ich auch schon 1984/1985
gespielt. Aber das war eine völlig andere Version als jetzt, so ein ganz
trauriger Abschied - So ein „geh noch nicht, na gut, ich kann dich
nicht halten". Das geht um einen ganz anderen Menschen, der sich in diesem
Lied ausgetobt hat.
Dieses weitersingen kenne ich so in der Form von Van Morrison in seinen Konzerten. Wozu er sagt: Die Leute dürfen uns bei der Arbeit zuschauen, wenn
wir auftreten. Wie erleben Sie das?
Das finde ich einen koketten Spruch. Ich habe das immer bewundert, dass Morrison
das so sieht, aber das ist nicht ganz zu glauben. Die Gegenposition dazu ist von Horst Evers, der gerne sagt: "Das Publikum hat
immer recht". Genau dazwischen ist die Wahrheit, glaube ich. Also, man ist nicht
auf der Bühne, um seine Arbeit zu machen, wie ein Hufschmied oder ein Klempner. Weil diese Leute haben jedes recht zu sagen, gehen sie mal bitte aus dem Zimmer,
es wird gleich Wasser spritzen. Wenn man sich auf eine Bühne stellt, will
man ja das einem zugeschaut wird, dann ist es albern zu sagen, wir machen hier
nur unsere Arbeit. Die Arbeit ist, dass die Zuschauer das, was auf der Bühne
passiert, interessant finden, sonst gäbe es die Band nicht. Aber ein Rohrbruch
ist ein Rohrbuch, und da kann Van Morrison noch so herumschimpfen. Er macht es
für die Leute, auch wenn er die nicht mag.
Pee
Wee Ellis hat mal über Morrison gesagt: "Der packt uns an den Eiern". Also,
er kommt auf die Bühne, beobachtet seine Musiker sehr kritisch, schimpft
auch mal herum, dann irgendwann wird das Konzert immer dynamischer. Bei guten
Konzerten hat man in solchen Situationen das Gefühl man wandelt auf Sternen.
Ist Van Morrison nicht ein ganz schüchterner Typ?
Sicher, wenn das für ihn so eine Methode ist, dann ist sie toll. Ich habe
das bei einem Dylan-Konzert in Hamburg auch mal so erlebt. Wo Bob Dylan so ganz
grimmig angefangen hat und man dankbar war, dass man ihm durch Enthusiasmus dazu
gebracht hat, am Ende doch mal zu lächeln und ein paar Tanzbewegungen zu
machen. Das ist ja auch eine Art von Show, aber es geht nicht ohne das Publikum. Das ist vielleicht der Schutz denn so einer braucht, um das machen zu können.
Aber das ist dann Psychologie, und das interessiert mich immer weniger, alles
Psychologische.
Es
gibt und gab im wieder diese Songs, die sich wie Kindergeschichten lesen und hören.
So z.B. Lieder wie "Komm Spiel mit mir", "Die kleine Schwester fliegt zum Mond"
oder "Kleine Forscher" - Können Sie uns etwas über diese Art von
Liedern erzählen?
Das sind die Stücke, die am Ungeplantesten entstehen, da bin ich immer sehr
dankbar, wenn mir so was einfällt. Alle drei Stücke sind eigentlich
unter sehr großem Druck entstanden. Bei "Kleine Forscher" war das Thema
des Mittwochsfazits "Die Rolle der Wissenschaft". Da hatte ich vor, so ein Stück
zu schreiben, was ein kleines Genie schildert. Einer, der schon mit fünf
Jahren komplizierte Formeln entwickelt. Das ist mir völlig entglitten, und
dann ist diese Geschichte herausgekommen. In der letzten Minute, in der Nacht
vor dem Auftritt. Ohne diesen Zeitdruck hätte ich das Thema völlig liegen
lassen.
Sie haben einmal über Rio Reiser geschrieben: " Keiner von denen, die hierzulande das Singen mit der Seele verbinden - etwas so Altmodisches, Zeitloses tun -, fehlt mir wie er!" Wie gut kannten Sie ihn?
Eine Weile sehr gut, das war so Mitte der Achtziger, da haben
wir uns oft getroffen und haben uns ziemlich viel gegenseitig erzählt.
Ich war nie einer von denen die sich großartig in sein Privatleben reingehängt haben. Aber wir haben uns auf vielen Feten getroffen und hatten uns immer viel zu sagen. Das ist dann abgerissen, in der Zeit, als er so eine ganze Rotte von Bewunderern
um sich herum hatte, was dann ziemlich nervig war. Das ging mir auf den Geist.
Würde
Manfred Maurenbrecher auch mit Ben Becker beim Rio Reiser-Gedächtnisfestival
auftreten?
Nein - Ben Becker finde ich so was von ekelhaft. Zu dieser Sorte von Menschen,
da gibt es bei Fontane in einem Roman eine Figur, die immer alles überschätzt.
Für diese Becker-Geschwister hätte das Wort überschätzt erfunden
werden müssen.
In den letzten Jahren konnten die Zuschauer, Leser und Zuhörer sechs
verschiedene Maurenbrecher erleben. Was fällt Ihnen in einem Satz zu
diesen Figuren ein?
a) Maurenbrecher mit Puls?
Das erste mal, dass ich in der Rolle des Sängers einer Band mir selber passabel
vorkomme und nicht wie ein Abziehbild.
b) Gemeinsam mit Richard Wester?
Das ist nach der langen Pause was sehr Inniges und so was wie ein schönes
zweites Standbein.
Mache ich am liebsten und kann mich am meisten aus dem Fenster hängen.
Mittwochsfazit ist manchmal toll und manchmal eine ganz elendige Routine.
e) Autor der "Ballade vom kleinen Doppelleben?"
Ein Buch, was da ist, aber aus Rundfunktexten besteht.
f) Maurenbrecher als Moderator im Radio?
Das ist eine Tätigkeit, die ich liebe, wenn ich meine eigenen Texte vorlese.
In
Ihrem neuen Buch " Ballade vom kleinen Doppelleben" gibt es eine Liebesgeschichte
mit dem Titel: "Gute Regie - ein Märchen." Es geht um Treue und Untreue,
und diese Geschichte kommt etwas listig daher. Wie denkt der Autor über Treue
und Untreue?
Wenn man so vernünftig wäre wie der Autor dieser Geschichte, dann könnte
das alles sehr gut gehen. So denke ich darüber, meistens stehen einen dann
doch die eigenen Impulse entgehen, wie Besitzdenken oder die Angst, verlassen
zu werden. Hätte man diese Gefühle viel weniger, dann könnte man
viel freier leben, das wäre doch sehr klug.
Aber
die Geschichte ist doch ganz anders aufgebaut als die Bilder in Ihren Liedern?
Die Geschichte schildert ja ein ganzes Leben. Die Lieder sind immer kurze Grabungen
in einem Moment. Das ist eine interessante Sache. Ein Lied und das Gefühl,
was da war, als es geschrieben worden ist, in dem Moment wieder lebendig zu machen,
in dem man es darstellt. Es gibt natürlich den Weg, es immer so darzustellen,
wie man sich jetzt gerade fühlt. Aber ich bin nicht der Typ, der das kann.
Bob Dylan kann das glaube ich sehr gut. Das ist so ein Mensch, der sehr sprunghaft
lebt, und der sich dem auch gegen seinen Willen aussetzen muss. Wenn der zunimmt,
dann nimmt der eben zu; wenn der säuft, dann säuft er, kann aber auch
nicht mäßig sein. Dann muss er wieder eine Entziehungskur machen, dann
muss er sich von dieser Frau wieder radikal trennen. So ist der eben, aber ich
glaube gar nicht so gerne …
Ja, der ist Zwilling. Ich bin ganz anders, ich bin Stier, ein Zeichen davor. Ich
bin sehr beharrlich und ich muss mich nicht immer gleich trennen, und ich kann
auch monatelang ein Glas Rotwein trinken. Dann mal wieder mich Volllaufen lassen,
das ist nicht so ein Ding für mich. Das heißt aber gleichzeitig, ich
kann nicht auf einmal so ein Lied wie "Die Liebe kommt", was mir sehr viel bedeutet,
dieses Stück, dann ganz anders spielen. Das gelingt mir gar nicht, und wenn
dann kommt es mir so vor, als wenn das jetzt so ein Willensakt wäre, um zu
zeigen, dass ich jetzt auch mal mit meinem Zeug experimentiere. Ich muss das so
geschehen lassen und immer wieder versuchen, den Moment zu finden, wie das war,
als ich das geschrieben habe. Dann ändert sich das ganz allmählich,
so kann ich selber darüber lernen, wie ich mich ändere, wenn ich mir
das anhöre. Aber ich kann das nicht vom einem auf den anderen Tag wie ein Boogie Woogie spielen.
Darüber denke ich viel nach, weil manchmal kommt dann so was wie ein falsches
Gefühl raus. Was das Publikum gar nicht unbedingt merkt. Ich versuche das so zu singen, wie es mal empfunden worden ist, und merke, das
stimmt so nicht, dann lege ich diese Lieder für eine Weile auf die Seite
und streich sie aus dem Programm.
Sie
haben einmal, bezogen auf die achtziger Jahre, also auf die Zeit mit Herwig Mitteregger,
Jim Rakete und Ulla Meinecke, geschrieben: Es ist interessant, wie eine erste
Garde von Journalisten und Organisatoren an einen ranrückt, sobald sie glaubt,
einen Trend erspürt zu haben, und wie sie dann lautlos abrauscht, wenn's
keiner wurde. Manche Leute haben nur solche Bekanntschaften. Wie sehen Sie das
im Jahre 2002?
Der Bruch war 1988, als die CBS den Vertrag nicht verlängerte. Das war das
selbe Jahr, wo ich dann geheiratet habe, wo dann so eine Art richtiges erwachsenes
Leben anfing. Mit 39 wurde es dann ja auch mal Zeit. Das ist mal mehr oder weniger gut gelaufen, aber es ist ein Alptraum, wenn man
von Leuten umgeben ist, die denken, da, wo der ist, da ist der Trend. Das ist
ja auch grauenhaft, solche Leute bei Laune zu halten. Wenn man die, wie in dem
Zitat angedeutet, wirklich braucht, weil man meint, das wären Freunde, die
man bei Laune halten muss. Ich möchte, dass es richtig langweilig ist, ich
möchte mit Leuten zusammen sein, die nichts von mir erwarten.
Mit
den deutschen Versionen von "Standing in the doorway" und "Desolation row" haben
Sie zwei sehr schöne Bob Dylan-Songs auf Ihren letzten beiden CDs eingespielt.
Wie stehen Sie zu Bob Dylan?
Vielen Dank. Leute, die Dylan nicht so schätzen, und mich aber gut kennen,
sagen, dass ich da eine ziemliche Macke habe. Weil mich Dylan immer interessiert.
Seitdem ich weiß, wie man mit dem Internet umgeht, schau ich beinahe jeden
zweiten Tag die Seite "Expecting Rain". Ich finde, er ist einer der wenigen Künstler,
die ich wirklich bewundere. Das Wort Vorbild wäre aber falsch. Dylan ist
so anders, das ich ihn wirklich wie ein sehr fremdes Wesen wahrnehme. Ich glaube
auch, dass ist die einzige Chance, meine Lieder ganz unbekümmert davon zu
machen, sonst wäre das eher erdrückend. Ich würde mich nie mit
Dylan vergleichen, der schreibt auf eine andere Art. Wie Dylan das, was er macht,
lebt, finde ich wirklich bedeutend im ganz großen Sinn. Das nicht nur künstlerisch,
sondern als Lebensmodell. Ich finde das toll, wie der sich so durchbringt ….
"Standing
in the doorway" ist doch mehr oder weniger Wort für Wort übersetzt,
wo hingegen "Desolation Row" mehr eine Interpretation ist?
Ja, eher mehr. Desolation Row ist entstanden für ein Stück, was Richard
Wester und ich mal gemacht haben. Ein Rundfunkstück, eine Phantasie über
öffentliche Spiele, die anstelle von Politik in der nahen Zukunft stattfinden.
Dort werden Verbrechen nicht mehr bestraft, sondern Leute müssen an lebensgefährlichen
Wettkämpfen teilnehmen. Da habe ich das an einer Stelle übersetzt, an
einer Stelle, wo über die, die durchs Raster gefallen sind, geredet wird.
Weil sie bei den Spielen versagt haben, leben sie in den Invalidentanks. Dann
müsste es aber auch so sein, dass deutsche Autoren darin vorkommen, also
etwa Ernst Jünger und nicht Ezra Pound, den hier kaum einer kennt.
In vielen
Ihrer Lieder und Geschichten findet sich ein sehr fein aufgezogener Bilderreigen.
Beobachtungsmomente, in denen es sehr realistisch, sehr menschlich, aber auch
sehr kritisch zugeht. Sieht Manfred Maurenbrecher den modernen Menschen so wie
in seinen Liedern?
Ja, ich glaube schon, na klar, sonst würde ich ja andere Lieder schreiben.
Ich habe noch nie Wunschvorstellungen aufgeschrieben. Es gibt immer so einen Punkt
in Gesprächen, gerade mit Leuten, die eher desillusioniert oder so kritische
Geister sind, wo ich den Satz sage: In den Menschen steckt mehr als ihr alle denkt.
Ich sehe da schon einen ziemlichen Reichtum. Auch in unserer Zeit, und ich glaube
auch nicht, dass unsere Zeit schrecklicher ist als die Zeiten davor.
Sieht sich Manfred Maurenbrecher, wie in "Reisende" beschrieben, immer noch als ein Reisender, mit dem Ticket für ein
leichteres Leben?
Ja, klar. Das nächste dann.
Nee, das nächste Leben, weil das noch viel leichter wird.
Also, das Alter spielt keine Rolle?
Bis jetzt nicht, komischer Weise. Ich habe bisher überhaupt noch nicht so
ein Gefühl, wie ich werde alt. Aber ich wollte jetzt auch noch mal sagen,
zu dem Punkt, wo es um die Frage nach dem Abrücken der Leute geht. Es war
ja umgekehrt so gewesen, dass ich nach 1989 relativ isoliert war. Ich bin ja durch
ein paar sehr schöne Zufälle 1996/1997 in diese Szene reingeraten, aus
der dann das Mittwochsfazit entstanden ist, und vieles von dem, was ich jetzt
mache. Diese Leute sind ja alle zwanzig Jahre jünger. Bei denen ist dann
schon zu beobachten, dass sie auf der einen Seite damals so ganz sorglos waren.
Was ich wirklich irre fand, wie unglaublich viele verschiedene Veranstaltungen
für ganz wenig Geld diese Leute gemacht haben. Als ich die alle kennen gelernt
habe und die mir signalisiert haben, dass die mehr mit mir machen wollen; für
die war ich ja jemand, der bekannt ist, und ich war in der Situation, wo ich in
Berlin überhaupt kein Publikum mehr hatte. Ich bin zu meiner Frau Christiane
nach Hause gekommen und habe gesagt: Ich habe hier junge Leute kennengelernt,
und ich bekomme eine Menge zu tun. Aber ich werde nichts dabei verdienen, es geht
um 50 DM oder 100 DM pro Abend. Du musst dir jetzt einen Job suchen. Das hat sich
dann geändert, weil diese Sachen sehr viel erfolgreicher geworden sind. Bei
denen, habe ich dann auf deren Weg beobachtet, so zwischen 25 und 35 Jahren, was
berühmt werden, oder mit Journalisten reden, und das dann auch glauben, was
die einen für eine Scheiße erzählen, bedeutet; da komme ich mir
dann auch alt vor. Damit bin ich aber ganz zufrieden, das ich auf solche Geschichten
nicht mehr reinfalle. Gerade so Leute wie z. B. Ahne, den ich seit sechs Jahren kenne. Das ist ein Typ,
der hat immer von der Hand in den Mund gelebt. Irgendwann hat Henryk M. Broder
über ihn im "Spiegel" geschrieben: "Ahne ist der Mittelpunkt der Berliner
Literaturszene". Da hat er sofort einen Buchvertrag bei Kiepenheuer über
eine dicke Summe bekommen. Er fand dann auf einmal Henryk M. Broder einen tollen
Typen, dieses Arschloch, dieser Kriegstreiber, vom einem Tag auf den anderen.
Da bin froh, dass ich auf solche Leute nicht mehr reinfallen werde.
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