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Januar 2002
Axel Klingenberg
für satt.org


The World/Inferno Friendship Society:
International Smashism!

12"
The company with the golden arm 2001


www.worldinferno.com


Hell on earth


Es hat schon einen gewissen konspirativen Touch. Mitte der 90er Jahre war der klassische Punkrock immer noch ritualisiert und die "Erneuerungsbewegung" Hardcore schon in den Charts verebbt und damit gescheitert. In New York fanden sich einige versierte Musiker zusammen, die bereit waren, dem Punk ein neues Gewand zu geben. Noch heute sieht man auf ihren Konzerte verwirrte Besucher, die mit dem, was ihnen hier geboten wird, so rein gar nichts anzufangen wissen. Eine Reaktion, die den Mitgliedern der World/Inferno Friendship Society eine diebische Freude bereiten dürfte.

W/IFS bezeichnen ihre Musik selbst als Punk, was nicht wirklich falsch ist, lediglich irreführend, denn mit dem einszweidreivieruftauftaGetöne mittelmäßiger Musikinstrumentehalter haben sie nichts am Hut. Das folgende kurze Zitat aus dem amerikanischen Rolling Stone dürfte dies verdeutlichen: "Combine equal parts Kurt Weill, Bertolt Brecht and rock & roll bombast, add a dash of vaudeville, play at top speed and you've got Brooklyn's World/Inferno Friendship Society". Die Texte sind recht kryptisch gehalten, so dass ihr politischer Gehalt nicht sofort zu erkennen ist. Sie selbst verstehen ihre Tun jedoch als Anschlag auf den "Unterhaltungsindustriellen Komplex, freilich ohne auf "Entertainment" im besten Sinne zu verzichten - ein Dilemma, dass für alle Musiker mit einem subversiven Anspruch gilt. Bei der W/IFS handelt es sich weniger um eine Band, sondern mehr um ein Projekt mit neun festen Mitgliedern, die bei ihren jeweiligen Veröffentlichungen von einer Reihe Gastmusikern unterstützt werden. Neben dem üblichen Gesang, Bass, Gitarre, Schlagzeug kommen als In strumente noch Percussion, Keyboards und drei Saxofone hinzu, sowie bei Bedarf auch Tuba, Banjo oder Klarinette. Aus der jüngeren Musikgeschichte klauen sie bedenkenlos und bedienen sich dabei beim Dixieland, Ragtime, Cabaret, ja auf ihrer jüngsten Veröffentlichung schreckten sie auch vor dem Allerschlimmsten nicht zurück und verwursten bayerische Volksmusik. Dabei reihen sie diese Stile nicht wirr aneinander an, sondern spielen sie auf ihre ganz eigene, ironische Art und Weise, so dass es eine wirkliche Einheit ergibt. Selbst dann, wenn sie langsamere Parts in ihre Songs einfügen, hat das mehr Wucht als irgendeine überproduzierte Crossoverband auf einer ganzen CD zu verbreiten in der Lage ist. Ach, der Superlative sind nicht genug, um diese Band zu beschreiben. Und ich sprach bisher nur von ihren Tonträgern, als Live-Band sind sie noch viel besser, selbst im drögen Braunschweig konnten sie das Publikum bei ihren Auftritten begeistern und auf den Tischen tanzen lassen.

Bisher brachte die W/IFS eine LP heraus (eine Art "Musical") sowie einen Haufen Singles, die auch noch mal als Compilation veröffentlicht worden sind. Ihre jüngst veröffentllichte Platte trägt den wundervollen Titel "International Smashism!" und ist genauso zu empfehlen wie all ihre anderen Veröffentlichungen auch. Sie ist übrigens nur als 12"-Vinyl und europaexklusiv erschienen. Und nach etwas über 15 Minuten ist sie vorbei, denn es ist alles gesagt worden, was gesagt werden musste.