The Invisible Band
Es hat ziemlich genau ein halbes Jahr gedauert, bis der geizige Musikrezensent durch des Schicksals Fügungen in den Besitz der neuen Travis-CD kam. Dies ist relativ schnell. Bei “The Man who warte ich immer noch auf eine günstige Gelegenheit, habe mir aber immerhin bei meinem letzten Londonaufenthalt die Maxi-CD “Why does it always rain on me? gekauft. Und beim Erstling “Good Feeling habe ich auch erst vor zwei Monaten Glück gehabt, als man mal nicht 30, nicht 20, sondern nur etwa 12 DM für die Scheibe haben wollte. Somit kann ich also nicht behaupten, ein intimer Kenner der Band zu sein, ein Fan der ersten Stunde.
Derlei war ich bei der Band Oasis. Keine ihrer späteren Veröffentlichungen konnte das Hochgefühl toppen (oder auch nur wiederherstellen), das die ersten zwei Maxi-CDs mir verschafften. Inzwischen finde ich Oasis immer langweiliger, weil sie, was die musikalische Weiterentwicklung angeht, zu den Schnabeltieren gehören. Evolutionäre Sackgasse.
Doch zurück zu Travis. Die zwölf Songs auf “The Invisible Band sind allesamt nichts weltbewegendes, aber wirklich nett anzuhören. Offenbar genügt es den Jungs, perfekt produzierten Brit-Pop mit zumeist leisen Gitarren herzustellen, der sich durchaus auch mit den besseren Zeiten von Oasis messen kann. Was man vermißt, sind die Überraschungen. Gleich beim Opener “Sing(-le!) erklingt ein Banjo, bei “Dear Diary wird es für meine Verhältnisse etwas zu ruhig, und der Refrain “The grass is always greener on the other side bei “Side kommt mir so vor, als hätte ich diesen Spruch schon tausendmal gehört.
Diese Ohrwurm-Qualitäten will ich bestimmt nicht nur negativ bewerten, und mitunter sind die Reminiszenzen an Sternstunden der britischen Musikgeschichte durchaus etwas breiter gefächert (“Pipe Dreams erinnert an die unterschätzten Talk Talk, “Flowers in the Window scheint nicht nur vom Titel her von Paul McCartney inspiriert zu sein). Das Geraune auf “The Cage zeugt durchaus von Mut, das Intro von “Follow the Light erscheint zumindest mir ironisch, doch auch diese Aspekte werden allenfalls angedeutet, nicht ausformuliert, was schade ist.
Die Platte ist viel zu nett, um zu behaupten, der akustische Eindruck entspreche dem Titel der Scheibe, und zumindest mein Vater behauptet, man bekäme von dieser Musik “Zahnschmerzen, was ich zwar nicht nachvollziehen kann, was aber zumindest dafür spricht, daß Travis vielleicht nur für mich eine Spur zu nett sind.