LOVE AND THEFT

Sicher hat es auch eine gewisse Aussagekraft, daß es ca. ein halbes Jahr gedauert hat, bis ich endlich die Rezension zu dieser Scheibe geschrieben habe. Sicher zeugt es nicht davon, daß ich zuviel Zeit habe. Ich weiß nur nicht, was das über die Platte aussagt …

Bob Dylan gehört zu den Rockgrößen, die ich auch mal live erleben durfte, damals in Roskilde. Doch abgesehen davon, daß er die Vorlage zu einem der besten PJ Harvey-Cover schrieb und für eines der wirklich klassischen Musikvideos verantwortlich zeichnete, war Dylan für mich nie so bedeutend wie etwa Neil Young, von dem ich etwa fünfmal so viele CDs habe, während es bei Dylan nur »Highway 66 revisted« und eben diese inzwischen auch nicht mehr brandneue Scheibe sind.

Bei einer genauen Bestandsaufnahme des Albums fiel mir zweierlei auf: kaum einer der Songs deutet daraufhin, aus dem 21. Jahrhundert zu stammen. »Honest with Me« könnte man immerhin fürs Ende der 80er Jahre positionieren, »Tweedle Dum & Tweedle Dee« ist auch etwas poppiger, irgendwie an Tom Waits oder Bruce Springsteen erinnernd, aber beispielsweise »Summer Days« könnte auch in den 50ern dazu beigetragen haben, einen Rock’n’Roll-Tanzboden zu füllen, und »Bye and Bye« erinnert gar an Roy Orbison und Nina Simone, und dazu gibt es dann noch Blues und Country-Stücke, allesamt nichts, was Worte wie »Innovation« in die Rezension drängen.

Und auch meine zweite Entdeckung, das das Album ziemlich durchgängig immer schnellere und langsamere Stücke alternieren läßt, könnte man als »einfallslos« und »altbacken« deuten, doch natürlich outet sich der Kritiker, der solche Worte benutzt, als jemand, der den Reiz vergangener (musikalischer) Zeiten nicht zu schätzen weiß. Und zu Leuten, die nur Techno, Trip-Hop, Brit-Pop und Hip-Hop mögen, aber längst die Wurzeln der modernen Musik vergessen haben, gehöre ich nicht. Und Bob Dylan, der manchmal auch etwas spannender ist, auch nicht. Und so weiß man halt zu schätzen, wenn der alte Mann des Rock die teilweise noch älteren Zeiten wieder beschwört. »The seasons they are turning / and my sad heart is yearning / to hear again the song …«