Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




April 2002
Jochen Müter
für satt.org


Jan Plewka:
Zu Hause, da war ich schon …
Eastwest Records 2002

Jan Plewka: Zu Hause, da war ich schon …

www.jan-plewka.de


Der
satt.org-Partner:
www.jump-cut.de
Magazin für Film und Kritik, Rezensionen und Empfehlungen.

Besinnung auf das Wesentliche

Jan Plewkas Album
»Zu Hause, da war ich schon …«
ist bei satt.org angekommen


"Selig" war eine wichtige Band, weil sie quasi als eines der wenigen Hoffnungslichter Mitte der 90er Jahre aus dem Tekkno-Ramsch der Musiksender herausleuchteten und mit einer guten Mischung aus Rock und intellektuellem Anspruch den Weg für deutschsprachige Produktionen a la Setlur, Echt und Naidoo freimachten. Ehrlich gesagt: ich fand "Selig" immer etwas anstrengend und gezwungen, aber doch reizvoll. Mit dem Sterben der Band übernahmen übergangslos andere deutschsprachige Produktionen die Marschrichtung und ließen "Selig" schnell in Vergessenheit geraten.

Jan Plewka, Sänger der einstigen Franz-Plasa-Boygroup, meldet sich nun zurück mit einem Album, das zurecht Anspruch auf Gehörtwerden anmeldet. "Zu Hause, da war ich schon …" heißt das Album; und dieser Titel steht symbolisch für den Neuanfang, den Plewka zusammen mit seinem eingängigen Gesangsorgan wagt.

Im Gegensatz zu "Selig" ist sein Album entspannt und locker geworden, allerdings ohne belanglos zu sein. Plewka geht den Weg, den so einige Sänger vor ihm schon gegangen sind, nachdem sie sich von ihrer "Hauptband" gelöst hatten; zu nennen sind hier sicherlich Rio Reiser (Ton Steine Scherben) und Herwig Miteregger (Spliff). Es ist der Weg einer Selbstfindung, ohne den Druck nach kommerziellem Erfolg auf den Inhalt eines Albums zu übertragen. Und so stöbert der Herr Plewka in allen Ecken des Songwritings, scheut sich nicht vor den gefürchteten Bläsersätzen, läßt Country-Slide-Gitarren auf Rockriffs treffen und zeigt keine Angst vor den stillen Augenblicken der Musik. Lyrisch lustwandelt er zwischen intimen Momentaufnahmen und großen Aussagen hin und her und überspringt durchaus eine hohe Qualitätsmeßlatte; besonders erwähnenswert sind hier "Das schönste Mädchen Europas" und "In Nächten wie diesen" - letzteres erreicht fast die Intensität des Stücks "Komm schlaf bei mir" der verschiedenen Ton Steine Scherben. Einziges Manko auf diesem Album ist mal wieder eine Coverversion; wieso "Déjà Vu" von Mitteregger geklont werden mußte, bleibt mir ein Rätsel. Nichts gegen den Hinweis auf die Anlehnung, aber dies ist eher ein Wink mit dem Zaunfall, der auch musikalisch nicht besonders gelungen ist. Alles in allem eine gelungene Platte und ein Zeichen dafür, daß deutschsprachige Produktionen wichtige Momente in der verlotternden Musiklandschaft darstellen können.