Besinnung auf das Wesentliche
Jan Plewkas Album
»Zu Hause, da war ich schon …«
ist bei satt.org angekommen
"Selig" war eine wichtige Band, weil sie quasi als eines der wenigen
Hoffnungslichter Mitte der 90er Jahre aus dem Tekkno-Ramsch der Musiksender
herausleuchteten und mit einer guten Mischung aus Rock und intellektuellem
Anspruch den Weg für deutschsprachige Produktionen a la Setlur, Echt und
Naidoo freimachten. Ehrlich gesagt: ich fand "Selig" immer etwas anstrengend
und gezwungen, aber doch reizvoll. Mit dem Sterben der Band übernahmen
übergangslos andere deutschsprachige Produktionen die Marschrichtung und
ließen "Selig" schnell in Vergessenheit geraten.
Jan Plewka, Sänger der
einstigen Franz-Plasa-Boygroup, meldet sich nun zurück mit einem Album, das
zurecht Anspruch auf Gehörtwerden anmeldet. "Zu Hause, da war ich schon …"
heißt das Album; und dieser Titel steht symbolisch für den Neuanfang, den
Plewka zusammen mit seinem eingängigen Gesangsorgan wagt.
Im Gegensatz zu
"Selig" ist sein Album entspannt und locker geworden, allerdings ohne
belanglos zu sein. Plewka geht den Weg, den so einige Sänger vor ihm schon
gegangen sind, nachdem sie sich von ihrer "Hauptband" gelöst hatten; zu
nennen sind hier sicherlich Rio Reiser (Ton Steine Scherben) und Herwig
Miteregger (Spliff). Es ist der Weg einer Selbstfindung, ohne den Druck nach
kommerziellem Erfolg auf den Inhalt eines Albums zu übertragen. Und so
stöbert der Herr Plewka in allen Ecken des Songwritings, scheut sich nicht
vor den gefürchteten Bläsersätzen, läßt Country-Slide-Gitarren auf Rockriffs
treffen und zeigt keine Angst vor den stillen Augenblicken der Musik. Lyrisch
lustwandelt er zwischen intimen Momentaufnahmen und großen Aussagen hin und
her und überspringt durchaus eine hohe Qualitätsmeßlatte; besonders
erwähnenswert sind hier "Das schönste Mädchen Europas" und "In Nächten wie
diesen" - letzteres erreicht fast die Intensität des Stücks "Komm schlaf bei
mir" der verschiedenen Ton Steine Scherben. Einziges Manko auf diesem Album
ist mal wieder eine Coverversion; wieso "Déjà Vu" von Mitteregger geklont
werden mußte, bleibt mir ein Rätsel. Nichts gegen den Hinweis auf die
Anlehnung, aber dies ist eher ein Wink mit dem Zaunfall, der auch musikalisch
nicht besonders gelungen ist. Alles in allem eine gelungene Platte und ein
Zeichen dafür, daß deutschsprachige Produktionen wichtige Momente in der
verlotternden Musiklandschaft darstellen können.