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Mai 2002
Miss Rose
für satt.org


Cobra Killer
in Taka-Tuka Land

Live Review from the Pirate Club
13.02.2002

english version

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von dorfdisco.de
Dorfdisco-Logo


Mehr zu Cobra Killer:
-Oliver Shunt: The Revenge Of The Space Dolls
-Gaby Bila-Gunther: Girls on Rock - Cobra Killer, Mignon and Peaches in Melbourne
Cobra Killer Live
Cobra Killer at Pirate Club, 13/2/2002
Fotos © Dorfdisco 2002

Cobra Killer
in Taka-Tuka Land
Live Review from the Pirate Club
by Miss Rose
(Übersetzung: Oliver Shunt)


Irgendwo in Friedrichshain, in einem Hinter-Hinterhaus, durch einen dunkeln Durchgang zwischen einer Kebapbude und einem Privat Club, versteckt zwischen Gerümpel und hinab eine alte, steinige Treppe - dort liegt Taka-Tuka Land. Dorthin wagte ich mich, eines dunklen Abends. Der Anlass für dies Abenteuer? Eine Geburtstagsparty für Piraten König Holger, die mit jenen tödlichen Kätzchen Cobra Killer insgeheim gefeiert wurde.

Also, durch zwei schwere Lagen schwarze Vorhänge hindurch, wo die Piratenköniginnen in einer sandigen Ecke zurückgezogen in Strandliegen lagen, gekleidet in ihren beiden braunen Leder Detektivmäntel, um schwätzerisch und träge die vor-der-Show Weinflaschen zu leeren.

Sie sonnen sich in der Aufmerksamkeit ihrer Verehrer und Spielzeugen, und ich will diesen Spaß bestimmt nicht unterbrechen, also gehe ich zur Bar für einen Cocktail im Besetzerversion's Plastikbecher - Piraten-Stil. Dann winde ich mich durch den Keller, um mich mit dem Land bekannt zu machen. Da gibt es drei ausgedehnte Räume mit tiefen Decken und bröckelndem Gestein. Ein paar kaputte Sitzgelegenheiten, noch eine Bar und, versteckt in einer Ecke, ein großes Loch. Ich sehe Stiefel und höre Gelächter, also schaue ich mal rein. Mit meinem Kopf voran, bekomme ich ihn beinahe abgetrennt durch den Flug eines Messers. Ahoi Freunde! - Messerwerfen! Die Lokalmatadoren laden mich höflich ein die Styroform Puppe mit zu dezimieren, und so verbringe ich die Zeit bis Cobra Killer anfangen.

Der Aufritt beginnt wirklich mit einer erhebenden Fanfare von "Seeräuberhauptmann Fabian!", dem Lied aus "Pippi Langstrumpf in Taka-Tuka Land" (und vielleicht die Inspiration für diesen Club?), vorgetragen vom Geburtstagskind in voller Jolly Roger Amtstracht.

Dann erobern die Mädchen die Bühne in ihrer üblichen bös-siegreichen Art. Zu einem jubelnden Applaus Sample werden die Latex Handschuhe übergestreift, die Ledermäntel abgelegt und die Gewinnerpose in Eric Stanton Stilettos eingenommen. Sie steigen ein in ihren aktuellen Opener: "My own Sudden Wad" (Mein eigenes, plötzliches Bündel). Im Gleichschritt marschieren sie und singen wie clevere, spöttelnde Schulmädchen: "Winter, Summer, Spring, I don't want no King". Es dauert nicht mal lange bis Annika, höflich bekannt als "die mit den Titten" sich zwischen die Leute schmeißt, mit all der Lust und Preisgabe eines David Johannson. In Ohmacht fallend und zusammenbrechend ist es ein schockierendes Vergnügen zuzuschauen. Doch nicht minder als an diesem Abend zuzuhören, wo der Sound, gemastert von einem jungem Valentino, mit voller Lautstärke, wie Kanonenkugeln, in dein Ohr platzt …

Cobra Killer Live
Cobra Killer at Pirate Club, 13/2/2002
Fotos © Dorfdisco 2002

Gina, der andere Killer, trägt ihr altes Eislaufkostüm. Ihr Markenzeichen, das hellblaue 'Party-Girl' Strasskleid wurde bei den vielen schweißtreibenden Possen im australischen Sommer zerstört. Ich schätze ihr Eiskunstlauf Höhepunkt muss im Alter von etwa zwölf gewesen sein, zumindest ist das Kleid sehr eng. Sie zeigt eine Menge Haut - kein schlechter Effekt. Das Kleid trägt dem Killer Image der Mädchen, die noch nicht erwachsen sind, oder die nicht erwachsen werden wollen, Rechnung, die Spass haben, dich necken, dir gefallen und dich erschrecken wollen - und auch ein bischen lieben.

Verschiedene Stücke folgen - die ganze Zeit fließt der Wein darüber und hinein. Perfekt getimter Gesang und Gesten, die manchmal den Effekt einer Mädchen bieten sich in einer Schulvarieté Show an besitzen. Die Songtexte scheinen von 50ger Mod, Girlgroups und persönlichen Erfahrungen geprägt zu sein: "Hey Stoker, c'mon stoke" (He Heizer, heiz mal ein), "Much, much better", Psycho Cat - "Don't leave me alone 'cause I will mess up your flat, I'll like to piss on your records and puke underneath your bed - Are we bad? Are we bad? Are we bad? Are we bad? Are we bad?" Na klar.

Etwas Windstille tritt ein, als Valentino die hustende Anlage zu kontrollieren versucht. Die Mädchen entscheiden sich ein neues Lied das sie während ihrer Australientour gelernt haben anzustimmen: der Kookaburra Song. Vielleicht kennt ihr's ja - es geht so:

Kookaburra sits in the old gum tree,
Merry, merry king of the bushes, he
Laugh, Kookaburra! Laugh, Kookaburra!
Gay your life must be -
Hahaha!
Sie singen es wieder und wieder, bis zum wahnsinnig werden.

Annika und Gina kennen sich und spielen in Bands seit ihrer Jugend. So ist es nicht schwer sich vorzustellen wie sie auf der Rückbank ihres elterlichen Autos sitzen und faxen machen. Die Killer's drängen das Publikum mitzumachen, sie schmeicheln ihnen.

Wenn sich alle von diesem Zeitvertreib langweilen, holt Annika ihre Hoola-Hoop Reifen heraus und nuschelt was ins Mikrophon: "Ich bin sehr gut darin." Und bei Gott, das ist sie! Welch anderes Talent wurde ihr verliehen? Zwei Hoola-Hoops auf einmal …

Zum Schluss fordern sie mehr Wein, oder Sekt, und setzen ihre Show fort. Ihre Stücke sind alle selbstgeschrieben und produziert, und wurden einmal von dem manischen, control-chaos-noiser Alexander Hacke gemischt. Doch immer sind es dreckige, genüssliche Sounds.

Ach weh, die Meute war heute Abend nicht so gut drauf als wie sonst. Genauer waren die Downbeat verkrusteten Leute eher abgetan von der Show, und die noch immer rohe Energie holte sie nicht raus. Es ist hart als Chick Cobra Killer zu sehen. Es ist nicht wie Madonna, wo das sexuelle Element gar nicht da ist, sondern verpackt und 'sicher'. Die Killers sind direkt in dein Gesicht, machen genau das, was du machen willst. Auch die Jungs kamen nicht so leicht raus. Gefangen in Annika's Würgegriff auf dem Boden herumwälzen oder, wie ein Zuschauer es nach ihrem letzten Gig im Bastard beschrieb, "von ihren Titten gebuckelt zu werden". Ja, ja, das hört sich vielleicht gut an, aber stell dir mal 200 Leute vor, die sich deine Reaktion dazu anschauen. Es ist eine Therapie - shocked Therapie.

Dennoch, musikalisch und charismatisch befinden sich Cobra Killer stets obenauf. Sie übernehmen jede Gelegenheit. Im Taka-Tuka Land ging mir ständig der Titel eines Kathy Acker Buches durch den Kopf: "Pussy, the Pirate King". Die Geschichte handelt von "einer Gruppe verdorbener Piratinnen, die die Handlung um die Schatzinsel entführen und damit abhauen, auf der Suche nach einer Testosteron freien Utopie". Und die Staubjacke trompetet: "Diese Grrrl Piraten Geschichte" ist die "literarische Analogie der wilden Girl Energie, die die Rock'n Roll Kultur in den 90gern bestimmte". Übernimm das ins Jahr 2002, und du hast C.K. Vielleicht wirst du ihr nächster, blinder Passagier …