Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Mai 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org


Marianne Faithful:
Kissin Time
3 Virgin U 2002

Marianne Faithful: Kissin Time
» bestellen

Marianne Faithful
Kissin Time


Marianne Faithful gehört zu den Sängerinnen, die mal in meiner Jugend berühmt waren. Mit Alben wie "Broken English" sorgte sie damals für Furore, in letzter Zeit sind selbst Dusty Springfield und Aretha Franklin eher im Rampenlicht anzutreffen gewesen.

Ob sich das mit diesem Album auf Dauer ändern wird, ist fraglich, aber verdient hätte sie es schon.

Zunächst mal ist das Album oberflächlich betrachtet ein Meisterstück dafür, in der heutigen Zeit aufzufallen. Das Cover Art Design ist offensichtlich von selben Künstler gestaltet, der auch für "Head Music" von Suede verantwortlich zeichnete (streng genommen sind es zwei Kerle namens Howard Wakefield und Paul Hetherington). Doch noch auffälliger und atemberaubender ist die Riege der Gastmusiker auf diesem Album. Je drei Songs wurden gemeinsam mit Beck bzw. Billy Corgan eingespielt, jeweils einmal vertreten sind Dave Stewart, Jarvis Cocker und Blur. Wer jetzt aber mutmaßt, es handele sich nur um eine durch Duett-Partner aufgewertete Narziß-Nummer, wird überrascht werden, denn es handelt sich hierbei vor allem um Mit-Komponisten, die allenfalls mal ein wenig Gitarre, Keyboard o. ä. spielen oder (im Falle Blur) im Hintergrund zu vernehmen sind.

Und auch, wenn beispielsweise der Beitrag von David Stewart, "Song for Nico", schon rein textlich etwas herausfällt (es ist ja nicht so, als wolle man die älteren Hörer vor den Kopf stoßen), fällt das Album vor allem durch seine Homogenität auf. Selbst Cover-Versionen wie "Something Good" oder Becks "Nobody's Fault" ordnen sich unter, und das Gesamtkunstwerk kann sich durchaus mit Perlen des "Sophisticated Pop" wie das bereits erwähnte Suede-Album oder neuere Arbeiten von Madonna oder Kylie Minogue messen (nur um jetzt mal nicht zu männlich zu werden).

Zwar will ich nicht leugnen, daß sich Frau Faithful schon etwas betagter anhört als die Spice Girls, aber mit ihrer rauchigen Stimme und dem vollen Timbre macht sie das allemal wieder wett. Und die Texte haben auch eine durchaus als jugendlich zu bezeichnende Frische gepaart mit der Weisheit des Alters (nicht, daß ich so ein Stadium schon erreicht hätte, aber ich bilde mir ein, es erkennen zu können).

Anspieltips gibt es von mir keine, weil alle Songs bemerkenswert sind.