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Mai 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org


The Notwist:
Neon Golden
City Slang 2002

The Notwist: Neon Golden
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The Notwist
Neon Golden


Da ist es wieder, mein großes Problem. Wie soll man eine Platten-Rezension schreiben, wenn man nur mit Mühe eine Triangel von einer Oboe unterscheiden kann?

Und wenn einem dann noch die Zeit fehlt, vernünftig zu recherchieren, muß man sich halt an die Informationen des Booklets halten. Zuletzt trug das zur Belustigung meiner Leser bei, als ich anhand der Copyright-Infos messerscharf schloß, daß die "Gorillaz" offenbar mehr von Damon Albarn zehren als dies auf den ersten Blick klar wird. Da aber der Rest der Welt MTV hat und öfter mal Radio hört, wurde mir nur Häme zuteil, unabhängig davon, daß ich einer der wenigen Leute bin, die Jamie Hewlett schon Jahre kennen …

But I digress. Bei "The Notwist" handelt es sich um eine deutsche Formation, bestehend aus vier Herren, deren Vornamen allesamt mit "M" beginnen. Wer jetzt der Sänger ist oder wer welches Instrument spielt, wurde mir aber nicht klar. Auch wenn diverse Gäste mit typisch "klassischen" Instrumenten (Cello, Klarinette, Saxophon) zu den Songs beitragen, scheinen mir doch die in der heutigen Zeit "typischen" Instrumente wie Drums, Gitarre und irgendwelche elektronischen Klanggeräte bei der der Erstellung dieser Platte eine mindestens ebenso große Rolle gespielt zu haben.

Ohne mich groß aus dem Fenster lehnen zu müssen, kann ich sagen, daß dieses Album sehr eigentümliche Klänge verbreitet. Auch wenn alles sehr auf Melodien aufgebaut ist und durchaus auch rhythmusorientierte Stücke auftauchen, ist alles irgendwie minimalistisch instrumentiert, die manchmal etwas monotone Stimme des Sängers hat kein Problem, sich in den Vordergrund zu stellen. Hinter ihm perlen und brutzeln die Computer, streiten sich leise Harfen und Streicher, und irgendwie gelingt es der Band, die (wie schon angedeutet) nicht eben übermäßig aufregende (aber doch irgendwie spannende) Stimme des Sängers klnglich zu untermauern.

Wenn man Vergleichsbands sucht, wie es ja in kaum einer Rezension an ihnen fehlt, kommt man hier ein wenig in Bedrängnis. Das minimalistische Element ist auch bei Kraftwerk sehr betont, doch zu viele der Songs haben einfach wenig mit dem verschärften Elektronik-Ambiente der Düsseldorfer zu tun. Die ausgefeilten Arrangements erinnern ein wenig an XTC, doch das Prinzip "weniger ist mehr" wird hier trotz aller Klangkakophonien immer als erstes beachtet. Irgendwie passt das ganze auch ein bißchen in die Trip-Hop-Ecke á la "Portishead" und kommt mitunter soundtrackmäßig daher, ähnlich wie "Air", "Tindersticks" oder gar "Barry Adamson", aber in diesem Fall zeigt sich die Qualität der Band einfach dadurch, daß ich mich außerstande sehe, ihre Klänge überzeugend mit Worten zu beschreiben. Einfach mal reinhören …