Northern Light
Leider, leider, habe ich es mal wieder verpasst, eine Rezension pünktlich
abzugeben; dieses Album liegt nun schon eine ganze Weile in meinem Körbchen
und macht mir ein schlechtes Gewissen, weil es noch nicht besprochen wurde.
Dabei ist es dringend nötig, denn die schwedische Band Covenant macht
spannende, sehr eigenständige und inzwischen sogar äußerst erfolgreiche
Musik.
So führten sie mit "Northern Light" mit Abstand die Jahresauswertung der
Deutschen Alternative Charts (DAC) im Jahre 2002 an und können auf eine (für
ihr Genre) respektable Media-Control-Charts-Platzierung zurückblicken. Was
aber macht nun das Album so gut und wichtig?
Vorreiter der Techno-Musik, also dem, was alljährlich auf der Berliner
Love-Parade gespielt wird, ist die Electronic Body Music, kurz: der EBM.
Harte Beats und die Reduktion auf geradlinig rhythmische Elemente stellten
eine Art Revolution in den Clubs dar und formten eine Gegenbewegung zu
groove-orientierter Tanzmusik. Führende Bands dieser Zeit waren Front 242,
Frontline Assembly oder Clock DVA. In den unterschiedlichsten Trends setzte
sich dieser Ansatz fort: größtenteils ging er in den Mainstream, hinterlässt
jedoch in den Alternative-Clubs und der Wave-Szene heute noch viel
deutlichere Spuren. Von der ganz harten Schiene (Bumm-Tss-Bumm-Tss-Bumm-Tss)
grenzte sich mit der Gründung von Bands wie VNV Nation oder eben Covenant
der sogenannte Futurepop ab. Dabei sollte diese Titulierung eigentlich nur
verdeutlichen: die elektronische Musik ist eingängig, aber trotzdem fähig,
zukünftig eine interessante Entwicklung zu machen – sie soll nicht bei der
reinen Tanzbarkeit stehenbleiben.
Covenant sind seit einigen Jahren sowas wie die Speerspitze des Futurepop.
Kennzeichnend sind trancige Flächen, knochentrockene Bassdrums, vertrackte
Rhythmik und Texte, die sich mit der technologisierten Gesellschaft
auseinandersetzen. Und immer mit im Spiel: sanfte, melancholische Stimmen
und euphorische Stimmungen. Dabei schlägt die Musik eine Brücke zwischen
allen, die sich für Depeche Mode begeistern können, und denen, die gerne
Tricky, Björk oder Portishead hören.
"Northern Light" darf man mit Fug und Recht als ein Referenzalbum für dieses
Genre bezeichnen, weil es sich vom Tanzfaktor weit entfernt. Zwar bieten
Covenant mit den beiden Titeln "Call the ships to port" und "We stand alone"
zwei Club-Klassiker, die niemanden still stehen lassen, liefern jedoch mit
Songs wie "Invisible & Silent" oder "Winter comes" gleichzeitig die
konsequente Weiterentwicklung ihrer Musikrichtung.
Frostig, manchmal unterkühlt, aber doch tiefgehend, selten harsch, aber
immer etwas depressiv. Und was auch wichtig ist: erstklassig produziert und
vom Sound her kaum zu schlagen. Covenant finden die Sounds, die sich ein
Jahr später im Musikfernsehen oder den Dance-Charts wiederfinden.
Eskil Simonsson ist Chef und Vordenker seiner Band, lebt in Berlin und kommt
in Schlips und Kragen auf die Bühne, um den manchmal tausend Zuschauern eine
technoide Party der besonderen Art zu zelebrieren. Letztes Jahr spielte die
Band vor ausverkauften Clubs in ganz Europa. Damit soll gesagt sein: wer
sich für Futurepop interessiert, der kommt an zwei Dingen nicht vorbei - dem
Album "Northern Light" und einem Konzert von Covenant.