"Ich würde niemals im Leben so etwas Ordinäres tun wie Spaß haben"
Morrissey
The Smiths beeinflussten zwischen 1983 und 1987 die britische Musikszene wie keine andere Band. Ihr Wirken ist bis heute spürbar: ohne die Smiths kein Britpop, keine Bands wie Coldplay oder Radiohead. Ihre Musik verband fein gesponnene Melodien mit rauem Rock, gepflegte Tristesse mit unwiderstehlichen Refrains. Johnny Marr sorgte für den unverwechselbaren Gitarrensound und Steven Patrick Morrissey, der divenhafte Dandy, warf weiße Lilien ins Publikum und verkündete, mit 28 immer noch Jungfrau zu sein und ohnehin kein Interesse an Sex zu haben. Sie wußten um das Gewicht der Worte, spielten mit Slogans und Parolen; die Wahl des Allerweltsnamens "Smith" zum Bandnamen zeugt von britischem Understatement mit Augenzwinkern. Viele ihrer Song- und Plattentitel sind zu geflügelten Worten geworden: "Bigmouth Strikes Again", "Hang the DJ" oder "Meat is Murder" sind in das ständige Popvokabular übergangen wie Zitate aus Goethes Faust ins Feuilleton. Songs wie "Panic" oder "There Is A Light That Never Goes Out" sind bis heute sichere Hits auf jeder Independent-Party. The Smiths verkörperten die "anderen" Achtziger, jenseits von Dauerwelle und Neonfarben und ließen – trotz aller Depressivität - auf eine bessere Welt hoffen.
In das Gesamtkonzept des Phänomens The Smiths muß neben Musik und Textinhalten ebenbürtig die Visualisierung ihres Stils einbezogen werden. Ihre Plattencover sind kunstvoll und einzigartig: oft zeigen sie Schwarzweißaufnahmen von Stars aus den Sechziger Jahren wie Elvis und Joe D’Alessandro oder exzentrische Schriftsteller wie Oscar Wilde. Die Auswahl ihrer Referenzkünstler illustriert den Anspruch, den sie an sich selbst hatten – welcher Popstar ausser Morrissey trug T-Shirts mit dem Konterfei von Edith Sitwell? Auch die eigenen Bandfotos sind durchkomponiert mit Liebe zum Detail, niemals belanglose Schnappschüsse. Kevin Cummins, ehemaliger NME-Mitarbeiter aus Manchester, begann in den späten siebziger Jahren, Bands wie Joy Division und später New Order zu fotografieren. Der Höhepunkt seines Schaffens begann aber erst in der Zusammenarbeit mit den Smiths ab 1983. Er prägte das optische Image der Smiths wie sonst nur Anton Corbijn das von Depeche Mode. Die schönsten und typischsten von Cummins’ Fotos sind nun in dem bei Soundtrack (ein Imprint von Schwarzkopf & Schwarzkopf) erschienenen Buch abgedruckt. In der ersten Hälfte des Bandes sind Fotos aus der Frühzeit der Band, Konzert- und Publikumsaufnahmen, Weggefährten wie Bernard Sumner und die Pet Shop Boys versammelt, der Rest ist Morrisseys Solokarriere gewidmet. Abgerundet wird der Band durch eine kleine Einführung von Christian Graf, in die der Text von "Sumisu" von Farin Urlaub integriert ist. "Sumisu" bringt in wenigen Worten die Bedeutung der Smiths für deprimierte Teenager in den Achtzigern auf den Punkt: " … und immer, wenn wir traurig waren (und traurig waren wir ziemlich oft) nahm ich dich in meine Arme und dann hörten wir die Smiths …"
Es wurde Zeit, dass neben den vielen bereits erschienen Bandbiografien nun auch ein Buch den visuellen Zauber der Smiths würdigt. Bitte kaufen.