Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen


 

April 2003
Jochen Müter
für satt.org


Gothminister:
Gothic Electronic Anthems

Tatra (Sony) 2003

Gothminister: Gothic Electronic Anthems

Erscheinungsdatum:
14.04.2003
   » amazon

   » gothminister.com


Gothminister:
Gothic Electronic Anthems



Zunächst einmal, liebe satt.org-Welt, bitte ich um Verzeihung, dass ich Euch mit einer Band namens "Gothminister" belästige! Ich weiss, dass die Zeit, in der wir uns in schwarzen Kutten und mit umgedrehten Kreuzen behängt in die Düster-Disco begeben haben, vorbei ist. Doch bitte ich dennoch um Aufmerksamkeit, denn hier liegt der Fall etwas anders. Zwar habe ich keine Ahnung, welcher besonders originelle Produktmanager sich diesen Bandnamen ausgedacht hat, jedoch hat er mit der produzierten Musik nur im Ansatz und nur stellenweise zu tun. Gothminister

Der Begriff "Gothic" steht musikalisch meistens für den immer ähnlich klingenden Versuch, Weltschmerz und Traurigkeit mit flangenden Gitarren und düsteren Stimmen auf eine CD zu brennen. Häufig nennen sich auch die Bands Gothic-Band, deren Sänger eben nur krächzen kann – es bleibt als Etikett nicht anderes übrig. Und aufgrund der Tatsache, dass die uns bekannte Gruftie-Szene diese Musik adaptiert hat, führt sie ein Randgruppendasein.

Das hätten "Gothminister" keinesfalls verdient, denn musikalisch hat die Band durchaus Chancen, sich in das Fahrwasser von Bands wie Nine Inch Nails oder Marilyn Manson einzureihen – beides Bands, die das Szene-Klischee durch hohe musikalische Qualität überwinden konnten und anhaltenden Erfolg haben.

Anders also, als der Bandname vermuten lässt, wird der Hörer nicht mit billigen Düster-Rock-Stücken abgeseift, sondern mit einem ordentlichen Facettenreichtum an elektronischer, gitarrenorientierter und ziemlich harter Musik konfrontiert. Die Norweger sparen auf ihrem Debut-Album nicht mit guten Ideen. Fast jeder Song bietet ein besonderes Element, einen besonders guten Groove, einen hübschen Melodie-Bogen und durchweg die Möglichkeit, das heimische Schlafzimmer zum Headbanger-Salon zu machen. Freunde harter Gitarrenriffs und zügiger Schlagzeug-Architektur werden an diesem Album ihre helle Freude haben. Besonders erwähnenswert sind die beiden Nummern "The holy one" und "Wish", die an Druck und hymnischer Kraft nicht leicht zu toppen sind. Der einzige Ausrutscher ist "March of the dero", weil die plötzlich auftauchende Frauenstimme die aufgekommene Partylaune jäh unterbricht. Wer also mal wieder seine Nachbarn mittels aufgedrehter Musik zur Weissglut treiben will, der sollte dieses Album benutzen. Eine echte Überraschung.