Laibach: WAT
Wenn am 8. September das neue Laibach-Album erscheint, dann wird endlich eine Frage beantwortet sein, die vielen Kritikern unter den Nägeln brennt: Sind Laibach im Jahre 2003 nur noch reines Pop-Phänomen um der eigenen Existenz Willen oder doch eine politische, zeitkritische Kraft geblieben? Die Single „Tanz mit Laibach“ machte wenig Mut – letztendlich ein irgendwie unangenehmer Abklatsch des DAF-Hits „Der Mussolini". Und auch, wenn DAF gerade wieder aufgestanden sind und das Thema aktuell erscheint: hier hätte das Publikum mehr Originalität erwarten dürfen. Lediglich das geniale Video, das übrigens auf dem Album enthalten ist, trägt Zündstoff in sich. Wunderbar bittere Laibach-Ästhetik, martialisches Getrümmer und gnadenlose Plakation lassen die Band hier sehr frisch erscheinen.
Das Album „WAT“ selbst schließt dann da an, wo das wunderbare Album „Nato“ aufgehört hat: im knüppelharten Elektro. Der gelungene Seitensprung in die Gitarrenmusik, den Laibach mit „Jesus Christ Superstar“ gewagt hatten, findet ein jähes Ende. Lediglich im Hintergrund und sehr selten tauchen echte Instrumente auf – was sehr schade ist. Mit dieser Negation ist auch die Frage nach Dynamik beantwortet: sie ist nicht existent. Zwar ist die reine Produktion, der Klang, der Sound brutal und knochentrocken, die Bassdrums hauen einem die Vase von der Fensterbank und jeder Atmer ist bestens platziert – aber das entschädigt nicht für den nach dem dritten oder vierten Song einsetzenden Gleichklang. Zusätzlich haben Laibach darauf verzichtet, das durchaus musikalische Mittel der Übertreibung einzusetzen. Endlose Chöre, knallende Voodoo-Drums und pathetische Melodien lassen sich diesmal nicht finden. So bleibt minimaler und etwas eintöniger, wenn auch bestens hergestellter EBM übrig.
Textlich wird es mal wieder schwierig. Wer jemals Laibach wirklich verstanden hat, der werfe den ersten Stein! Endzeit, Krieg, Militarismus, Ausbruch aus der Lethargie und die zweifelhaften Errungenschaften amerikanisierter Gesellschaften stehen im Vordergrund, dargebracht in brüchigen Fetzen, jedenfalls selten im ganzen Satz. Klar aber ist: die jungen, mit Schlips, Kragen und Hitlerbärtchen ausgerüsteten Menschen, die sich bei Laibach-Konzerten entweder in den ersten Reihen oder aber nahe am Ausgang positionieren, haben da irgendetwas falsch verstanden. Laibach sind so faschistisch wie sie es immer waren – gar nicht!
Wem das sprachliche Rudiment ausreicht, und wem Plakation Glück bringt, der wird mit der textlichen Arbeit von Laibach zufrieden sein – sicherlich legt es auch niemand darauf an, jedes Wort entschlüsselungsfähig zu machen. Mit Stilblüten allerdings oder passenden und originellen Bildern und Metaphern haben Laibach über die Maße gespart. „Leicht politisiertes Pop-Phänomen“ wäre also meine Antwort auf die Eingangsfrage; und dann noch: „Leider, leider!", denn wir könnten was anderes gebrauchen.