Versprochen: Ich werde in diesem Text das Wort "Pulp" nicht verwenden (bis auf dieses eine mal), denn mittlerweile wissen ja wohl alle, wer sich hinter dem Pseudonym Darren Spooner verbirgt. Darren Spooner ist die Stimme des britischen Duos Relaxed Muscle, für die Musik zeichnet Jason Buckle verantwortlich. Große Presseresonanz ging der Platte voraus, die wenigen Konzerte (auch eines in Berlin) waren in nullkommanix ausverkauft und sicherlich Erlebnisse der besonderen Art. Grünlich und düster starren zwei ausgemergelte Gestalten vom Cover der Platte, und schon die ersten Töne von "A Heavy Nite with …" machen klar, worum es hier geht: Drogen, Sex und Ausschweifungen aller Art – join in!
Das erste Stück, "The Heavy" zeigt die Richtung an, die dieses Geisterschiff nehmen wird: stampfender Elektrobeat, verzerrte Stimme, blubbernde Effekte – kein post-wave-Achtziger-Soundaccessoire wird ausgespart. Darren Spooner gibt den wilden Mann: "My name is Billy Jack, get back or I will attack", seine ganze Welt ist "Sexualized" und gänzlich enthemmt verkündet er: "I rule my woman with a rod of iron". Relaxed Muscle spielen mit allem, was der Klangbaukasten hergibt: auf wenige Töne reduzierte Westernthemen, klingelnde Telefone und miauende Miezekatzen; es fiept, brummt, hallt und pfeift, dass es eine reine Freude ist.
Die Maskerade - Skelettkostüm und Gruselmakeup - in der Darren Spooner aufzutreten pflegt, entfesseln offensichtlich lange unter Verschluss gehaltene Dämonen. Die Hauptakteure der Relaxed Muscle-Gothic-Geisterbahn sind die Untoten von Alien Sex Fiend und Suicide; Darren Spooner selbst tritt auf als der Bastard von Gary Glitter und Lux Interior, die sich von Nick Fiend aus ihren vermoderten und verderbten Zellen den rechtmässigen Erben züchten liessen. Aber auch Adam Ant durfte mal kurz die Psychiatrie verlassen, um Relaxed Muscle bei dem Track "Muscle Music" beratend zur Seite zu stehen: "unbedingt am Anfang diese Stammesritual-Trommeln einspielen" wird er gesagt haben und die beiden Eleven befolgten seinen Rat. Es berührt eigenartig, irgendwie ein bisschen peinlich, den dürren Darren vom "Muscle Hustle" singen zu hören und doch kann man sich seinem kaputten Charme nicht entziehen – zöge er einen hinter die Bühne, man käme willenlos mit. Bei dem ausgelassenen "Tuff it out" tanzen alle Zombies wieder, da rasseln die Knochen, mit einer Erasure-artigen Orgel klingt das Stück aus, atemlos dreht man die Platte um – keine Schonung, Dark-Wave-Disco ist angesagt, krachende Drums und orgiastisches Stöhnen lassen kein Auge trocken und keine Tanzfläche leer. Mit "Previous" und "Battered" klingt die Platte beinah besinnlich aus, aber nach einer solchen Heavy Night muss auch der hartgesottenste Glam-Zombie mal verschnaufen.
Oh nein, ein reines Spaßprojekt, wie Relaxed Muscle beständig versichern, ist diese Platte gewiß nicht: "I'm for Real" singt Darren Spooner auf der B-Seite und daran wird niemand zweifeln – solange seine Schminke noch nicht verwischt ist. Das letzte Stück, "Mary" fällt ein wenig aus dem eh schon schiefen Rahmen: ein beklemmendes Szenario wird hier ausgebreitet, "I just called to tell you that both our children are on Drugs …", zwei Leute stehen vor den Scherben ihrer wie auch immer gearteten Beziehung, aufkehren können diese beiden jedenfalls nichts mehr. Diesen Song kann man sich auch gut auf einer Platte von dieser einen Band aus England vorstellen, wie heissen die doch gleich, irgendwas mit P …