Mediengruppe Telekommander:
Die ganze Kraft einer Kultur
Das müssen Sie haben! An der Mediengruppe Telekommander kommt in diesem Sommer keiner vorbei – also Megafone raus und mitgebrüllt!
"Vorsicht – ein Trend geht um" heißt es zu Beginn des Albums "Die ganze Kraft einer Kultur", und damit hat das Problem, mit dem wir es hier zu tun haben, auch schon einen Namen: Konsumkritik, massenkompatibel. Denn die Mediengruppe Telekommander ist, soviel vorherzusagen fällt nicht schwer, der heiße Scheiß dieses Sommers, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollen dürfen können, diese Revolution, die sich zu guter letzt immer wieder selbst zum Komsumprodukt machen lässt.
Mediengruppe Telekommander, das sind Florian Zwietnig und Gerald Mendl, eine deutsch-österreichische Freundschaft, die nun schon seit sechs Jahren hält. Die beiden lieben laut Platteninfo Indierock, deutschen HipHop und Electronica. Genau diese Ingredienzen sind es, die "Die ganze Kraft einer Kultur" bestimmen – Gitarren, Samplings und gebrüllte Vocals, immer hart an der Grenze zum ohrenbetäubenden Lärm: Das Megafon als Markenzeichen. Dazu kommen plakativ-eindeutige, globalisierungskritische Texte in Attac-Manier. Das Ganze ist intelligent, sehr gut gemacht und tanzbar ohne Ende. Das heißt: Man kann ihm nicht entkommen, diesem Trend. Und die Band wird garantiert auch von den falschen Leuten Applaus bekommen, von denen, die nicht merken, dass sie Texte mitschreien, die genau von ihnen selbst handeln – von denen, die Andreas Baader nur noch als Popstar auf dem T-Shirt kennen oder "im Pace-Outfit auch mal pro Amerika" sind. Dass die neoliberale Jungschar auf "Kommanda" abgeht, mag man sich nicht, kann man sich aber bildlich vorstellen.
Es ist ja nicht so, dass die Mediengruppe Telekommander (fade Abkürzungen werden hier nicht geduldet – soviel Zeit muss sein!) nicht wüssten, dass sie auf einem dünnen Seil tanzen: "Was ist die Frage, die man sich stellt, wenn man dem Untergrund so gut gefällt. Das ist die Frage, die sich nicht stellt, weil man dem Management so gut gefällt" heißt es in "Was Sie schon immer über die Mediengruppe wissen wollten". Und dass sie die Wahrheit nicht für sich gepachtet haben, ist ihnen auch klar, denn sie sind auch nichts weiter als "zwei kommandierte Penner". Dialektik lässt sich nicht ausknipsen wie das Licht nach der Focus-Lektüre im Eigentums-Loft. Aber was hat man schon für eine Wahl, wenn man eine Meinung hat und die auch noch in perfekte Beats umzusetzen in der Lage ist. Wie bei "Für schwer erziehbare Konsumentinnen", wo das Geschrei manisch-geniale Formen annimmt, die an Klaus Kinski denken lassen.
Auf dem Cover brennt eine Fernbedienung – das erinnert an die ebenfalls gerade aktuellen Bierbeben, die fordern unseren Fernseher kaputtzumachen. Mediengruppe Telekommander werden aber, soviel sei hier prophezeit, länger überleben als einen Sommer. Weil sie sehr intelligent vorgehen in dem, was sie tun – so ist denn auch der letzte Titel "Was ganz Feines" eine klare Ansage an den weichgekochten deutschen HipHop, der sich nur noch um die richtigen Klamotten schert und sich die Kreditkarte durch die Arschritze zieht (welch herrliche Metapher, siehe Albumcover). "Vorsicht, ein Trend geht um!", und auch du wirst sein Opfer sein. Telekommandiert.