The Beta Band:
Heroes to Zeros
Schon das Video zur Single "Assessment" ist seltsam. Ein Staffellauf am Strand, der Staffelstab stellt dabei so etwas wie den heiligen Gral dar, der durch die Zeiten und Figuren gereicht wird, von Männerhand zu Männerhand, von den Neandertalern bis zur römischen Kohorte, von den Römern zu den Rittern und am Schluss zu den GIs. Diese überreichen den Gral irgendwelchen Herrschaften an Schreibtischen. Schließlich gibt es eine Explosion, die alle zum Verschwinden bringt. Nur der Gral, eine Art Leuchtstab, steckt noch im Sand, genau wie damals der Kopf der Liberty Statue im "Planet der Affen".
"Heroes To Zeroes" heißt dann auch die neue Platte der Beta Band, die offiziell dritte der hochbegabten und stets verschrobenen Popband aus Edinburgh. Mit "Assessment" eröffnet sie, und das Verregnete dieses überraschend düsteren Popsongs, eine steil hervorstechende Bassgitarre, ein paar urwaldige Trommelsounds, zieht sich wie ein Faden durch die gesamte Platte, und das Großartige daran ist, dass keine Einöde, keine Voraussehbarkeit aufkommt. Zu dicht und gleichsam zu offen sind die Songs auf "Heroes to Zeroes", und die Stilmittel mit einer Sachlichkeit und Unaufdringlichkeit gewählt und eingesetzt, dass auch niemand von Vergänglichkeit und Trend reden kann. Was der Platte natürlich auch zum Nachteil gereicht – an Sachen wie New Rock oder New Glam ist "Heroes to Zeroes" nicht anschließbar. Auch eine heile Belle-&-Sebastian-Welt ist das nicht. Was aber dann?
Bekannt wurde die Beta Band mit einem rumpeligen Stück Musik, das einen Einsatz im Film "High Fidelity" hatte. John Cusack spielte ihre EP als Inhaber eines Plattenladens ab und verkaufte sie innerhalb von 10 Minuten fünf Mal. Die Beta Band als Liebling der Fachsimpel, der Plattenladenfetischisten. Und dabei selbst für das Cover von Spex noch zu verschroben, zu verspielt und eigen. Man stelle sich auf einem Trip hängen gebliebene Beatles vor, die mit Brian Wilson einen Gespensterfilm vertonen wollen. So etwa wie Harrisons "It's All Too Much" auf der Yellow Submarine, nur eben eine Spur moderner und geiler.
Nach ihren drei EPs brachten die vier Schotten ihr gleichnamiges Debüt heraus, um auf dem Zweitling "Hot Shots II" die Justierung von Sampletechnik und Psychedelia weiter zu verfeinern. Das Experiment bekam Struktur. Auf dem Cover von "Heroes.." nun schlagen sich drei Superhelden zusammen mit einem Insektoiden durch eine Armee von Robotern – der Humor ist geblieben, die Musik aber ist noch einmal um einiges erhabener, ernster geworden. So gibt es zwar in "Out-Side" noch Hundebellen als Drumsample, ein wenig Stevie-Wonder-Funk in "Easy" und durchgedrehte Kick Drums in "Liquid Bird", sonst aber klingt das Werk edel und ausgereift.
Schuld daran ist die Produktion – die hat die Beta Band nämlich selbst besorgt. Nur Radiohead-Mischer Nigel Godrich durfte für den Feinschliff ran. Mit dem Pathos der Kunstrocker aus England haben die Herren Mason, Mcleand, Greentree und Jones aber zum Glück nicht viel zu tun. Es geht um Pop, nicht um Theater.
Und dermaßen düster mit Blick auf die Weltpolitik wie in "Assessment" (was übersetzt ungefähr "Steuerschätzung" heißt) geht es nicht durchgehend zu – dafür sorgt schon die Geigentapete in "Wonderful" und das dringend die zweite Single werden müssende "Pure For". Ein Rumms mit der Bass Drum und ein swingender Jungle-Beat, zu dem "I'm so glad you found me" chorgesungen wird (dass der Refrain an die lang vergessene Disconummer "Dancing in the City" von Marshall/Hains erinnert, könnte sogar Absicht sein). Zwei Liebeslieder, getragen, tief und gänzlich kitschfrei. Wie auch "Simple", das so traurig ist wie ein Dienstag im September: "I tried to do my own thing, but the trouble with your own thing is that you end up on your own." Eine sehr einfache Wahrheit. Aber eben eine Wahrheit.