Pascal Schäfer: Dawn
Mit seinem ersten Album zerreißt Pascal Schäfer den Vorhang, hinter dem schon Charly Parker lauert. Ein Thriller für nach dem Aufstehen.
Die Szene: Zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, sitzen am Starnberger See auf einem Steg, der ins Wasser führt, und beobachten den Sonnenaufgang. Er hat seinen rechten Arm um ihre Schulter gelegt. Lange bleiben sie still und blicken verklärt auf den Horizont.
Er: Woran denkst du?
Sie (seufzt): An Pascal Schäfer.
Er: Wie bitte? Was’n das für’n Typ?
Sie: Musiker. Kommt aus Köln, der deutschen Elektronik-Hauptstadt.
Er: So? Und woher kennste den?
Sie: Ich kenn ihn ja gar nicht. Musste nur grade an ihn denken. Er hat ein schönes Album gemacht, es heißt Dawn“, passt doch.
Er (abfällig): Pfff, was für’n wahnsinnig einfallsreicher Titel. (Pause.) Was’n das so für Musik?
Sie: Instrumentaljazz, Elektronika-Orchester, Pianothriller, so Sachen. Schön, sehr schön. Sowas wie DJ Shadow für ganz früh morgens.
Er: Hmmm.
Sie: Stell dir vor, du guckst einen Hitchcock-Film, und es ist DER Moment, und das Liebespärchen knutscht hingebungsvoll auf dem Sofa, und nur der Zuschauer weiß, dass sich hinter dem Vorhang der Mörder verbirgt, der die beiden töten will.
Er (besserwisserisch): Suspense meinste.
Sie: Genau. Die Musik von Pascal Schäfer, das ist Musik für diese Augenblicke. Bodenlos. Die Musik weiß mehr als du und es liegt nur in ihrem Ermessen, ob sie dich zerschmettert oder verschont. Als ob Charly Parker hinter dem Vorhang steht und jeden Moment rausspringt und dir mit einem tödlichen Solo den Hintern versohlt.
Er: Wie, Charly Parker ist der Mörder?
Sie: Ist doch bloß so ein Beispiel.
Er. Hmmm. Klingt anstrengend.
Sie: Ist es überhaupt nicht, das ist ja das Faszinierende. Jazzanleihen, Minimaleinsprengsel, Beobachtungspatchwork, Soundflächen, mit denen du den Kölner Dom tapezieren könntest, alles was du willst, aber anstrengend ist es nicht. (Lange Pause.)
Er: Wie macht er das bloß immer wieder?
Sie (nachdenklich): Hab ich mich auch schon gefragt. Der Typ hat einfach ein Händchen dafür, wie man aus Gefühlen Sounds macht, und -
Er: Ach vergiss doch mal diesen DJ, ich mein (bildet mit seinem linken Arm einen weiten Kreis) das hier alles. Diese Farben und diese Stimmung.
Sie: Ach so, du meinst Gott. Aber, wenn du schon fragst: dem gehen eben die Ideen auch nicht aus.