Poto & Cabengo
Willkommen in Marlboro-Country.
Watch this horse go wild.
"Poto & Cabengo" ist ein Dokumentarfilm aus den 70ern, in dem sich Zwillingsschwestern in eine Phantasiesprache flüchten. Die Band, die sich bei der Namensgebung von diesem Film hat inspirieren lassen, besteht aus den Kölnern Jens Massel (Kandis) und Michael Cramm, und auch ihre Sprache ist nicht auf Anhieb zu verstehen. Man fragt sich erstmal: Was sind das denn für welche? Nach dem Opener "Dylan Dog" hat man sie bereits in eine Schublade gesteckt, auf der in großen Buchstaben "Country/Folk" draufsteht. Und das auf Karaoke Kalk? Das kann doch nicht DER Jens Massel sein?
Antwort: doch, wohl. Das merkt man auch sofort beim Weiterhören. Denn bereits "Fifty k's" ist ein verspulter Computertrack mit Sprechgesang à la Micha Acher drüber, und auch "United Artists" schlägt in dieselbe Kerbe. Ab "Delta Farn" weiß man dann endgültig, dass die es ernst meinen mit dem Herumexperimentieren. Das klingt wie die Musik zu einem extrem langsamen Film noir. Erst "Life In San Diego" wird zum ersten Mal sowas wie ein aus Plastik geformter Floorfiller. Den Basslauf hat man diffus im Hinterkopf schon einmal gehört - nur wo? Aah, bei Leftfield natürlich! Aber Leftfield als Referenz, das würde jetzt auch wieder in die falsche Richtung weisen. Dafür sind Poto & Cabengo nicht diszipliniert genug - im positiven Sinne versteht sich. Titel wie "Suevian Rhapsody" sind dafür ein weiterer Beleg. Folk, Country, Western, Eklektik, Knistern, Gitarren, Banjos, Gefrickel: alles geht hier durcheinander.
Aber irgendwie liegt darin auch die Crux: Insgesamt ist diese Platte zwar herrlich verspielt, aber auch nicht fesselnd genug. Man ertappt sich immer wieder dabei, an Sachen wie die nächste Steuererklärung oder die gestrige Krawatte des Chefs zu denken, was bei Popmusik eigentlich nicht passieren sollte. Da haben sie vielleicht ein bisschen zu viel rausholen wollen. Wer immer noch einen Haken schlagen und sich nicht festnageln lassen will, der kann sich auch verlaufen. Und auch einem Plastikcowboy kann das Pferd durchgehen.