Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen


 

September 2004
Christina Mohr
für satt.org


September Collective:
September Collective

Geographic Records/Rough Trade 2004

September Collective: September Collective
   » amazon

September Collective


Jetzt kommen sie, die Platten für den Herbst, und diese hier ist definitiv eine von den sehr sehr schönen. Barbara Morgenstern, Stephan Schneider (Ex-Kreidler, To Rococo Rot, Mapstation) und der polnische Laptopkünstler Paul Wirkus haben sich zusammengefunden, um zehn improvisierte Stücke, die während einer gemeinsamen Polen-Tournee entstanden sind, auf einem Album zu vereinen. Dabei betonen die Musiker, dass ihre Zusammenarbeit keinesfalls nur als Side-Projekt zu verstehen ist. Bereits jetzt steht fest, dass die drei unter dem Namen September Collective weitere Veröffentlichtungen planen.

Die zehn Tracks wirken nicht wie Improvisationen, die wie im Jazz die Aufgabe haben, ein Instrument oder einen Künstler exponiert in den Vordergrund zu stellen. Es ist nicht auszumachen, wer auf welchem Track welches Instrument spielt; weder Barbara Morgenstern noch Stephan Schneider präsentieren sich als Elektronik-Stars – die sie ja sind: Barbara Morgensterns Welttournee fürs Goethe-Institut ist noch gar nicht lange her.

Die September Collective-Stücke sind homogen und detailverliebt aufgebaut, schwerelose, vorsichtig pulsierende Loops entwickeln harmonische Melodiebögen. Der neunte Track, Am Viadukt, entwickelt gar unerwartete Dramatik.

Das Ergebnis ist eine homogene Minimal-Platte, mit überraschenden Clicks und Scratches an jeder Ecke. Melancholisch, aber nicht traurig, lebendig und liebevoll, aber nicht schwülstig, spannungsvoll, aber nicht hektisch. Man kommt nicht umhin, sich beim Hören Landschaften, Reisen und ja, viel Natur vorzustellen. Am besten hört man die Musik sowieso draussen, auf einer Parkbank sitzend, herabfallende Blätter beobachtend, Enten fütternd … kleine Soundtracks für den beginnenden Herbst. Erstaunlich, welch organische Lebendigkeit hier den Maschinen entlockt wird.

Der Pressetext zu September Collective liefert den Hinweis, dass das Album in Polen aufgenommen wurde und sich deswegen auch "polnisch" anhören würde. Das gibt unnötige Rätsel auf, finde ich – das Schöne an dieser Musik ist, dass sie von allen Kategorisierungen losgelöst wirkt. Aber wenn das typisch polnisch ist, gefällt mir das sehr gut.