Dizzee Rascal: Showtime
Dylan Mills bildet zusammen mit Mike Skinner die Speerspitze der innovativen Rap-HipHop-Garage-2Step-Pop-Szene. Und das völlig zurecht. Mit "Showtime" ist Dizzee Rascal erneut ein großartiges Album geglückt
Der Junge kommt aus der Ecke raus, in der er schon lange nicht mehr saß, und ins helle Rampenlicht, in dem er schon lange steht: es ist "Showtime" für Dizzee Rascal, und für die Hörer auch. Nachdem der noch nicht mal Zwanzigjährige in seiner Heimat England den Mercury Price für sein Debüt-Album "Boy In Da Corner" bekommen hat, musste er die schwere Bürde auf sich nehmen, beim Zweitling eine Menge hoher Erwartungen vorgehalten zu bekommen. Schließlich bildet Dylan Mills zusammen Mike Skinner die Speerspitze der innovativen Rap-HipHop-Garage-2Step-Pop-Szene. Und das völlig zurecht. Beide haben in diesem Jahr ihr zweites Album draußen, und in beiden Fällen bietet es großartige Musik.
Ging es beim "Boy In Da Corner" in atemberaubenden Tempo um One-Night-Stands, ungewollte Schwangerschaften, Armut und das trostlose Aufwachsen in einer gesichtslosen Vorstadt, so nimmt sich Mills - neben den Oden an das East End von London - nun das Recht raus, auch über seinen Erfolg zu rappen. Aber es klingt fast demütig – ein den meisten männlichen HipHoppern gänzlich unbekanntes Wort -, wenn er in "Dream" sagt: "Over 100.000 people bought it – thank you!" Da verzeiht man ihm diesen cheesigsten Songs des Albums gleich mit, denn: "If you don’t have a dream/ how you gonna make a dream come true?" In einem Interview hat Mills behauptet, die Teenies von heute würde ganz andere Frequenzen hören als die Alten. Das mag tatsächlich mehr sein als die typische Überheblichkeit der Jugend, denn wer "Showtime" einer genaueren Prüfung unterzieht wird merken, dass da mit Hörgewohnheiten gebrochen wird: höher, schneller, weiter. Tempi werden entweder hochgepitcht oder plötzlich extrem verlangsamt, als bestimmende Sounds der Gegenwart erkennt man sehr schnell die PlayStation ("Stand Up Tall") oder Handy-Melodien. Aber wer in Zukunft mitspielen will, muss nicht nur die Ohren neu trainieren, sondern auch die Augen, denn wer das Tempo anzieht, der wird fast unsichtbar: "I’m here, there, I’m everywhere I can’t be seen / I’m all over, I mean I’m here!" ("Everywhere") – der Igel der Gebrüder Grimm ist ein Amateur dagegen. Andererseits muss auch Mills natürlich darauf bestehen, dass ihm der nötige Respekt entgegengebracht wird, allerdings ohne das übliche Bashing, sondern mit der gebotenen Portion Arroganz: "You people are gonna respect me/ if it kills you!" ("Respect"). Davon abgesehen: welchen grandiosen Beat doch dieses Cockney hat! Auch wenn man möglicherweise kein Wort versteht, kann man doch den Flow genießen: raw! raw! raw!