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Oktober 2004


Interpol:
Antics

Labels 2004

Interpol: Antics
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Interpol: Antics

Ein Album über die Gefühle, die man traditionell mit der Großstadt verbindet – mit dem nächtlichen Wandern durch die Straßen, in denen das Licht niemals ausgeht, das auch in den dunkelsten Momenten noch Trost schenkt.


Bandfoto

Paul Banks stelle ich mir immer als frühergrauten Mittdreißiger vor, im eleganten Anzug, einem traurigen Blick um die Augen und den ersten markanten Falten, die aus seinem Leben erzählen. Seine Stimme transportiert das irgendwie, dieser melancholische Bass mittendrin. Insofern beginnt "Antics" genau richtig, nämlich mit dem gebotenen Pathos des Orgelintros. Acht Takte lang, dann setzt Banks Stimme ein. Und nicht länger als genau diese Zeitspanne braucht es, um in die Umlaufbahn geschleudert zu werden, die den Planeten Interpol umkreist. Bereits 2002 haben die New Yorker die Musikwelt in helle Aufregung versetzt, als sie mit ihrem Album "Turn On The Bright Lights" alle in Verzückung schickten. Seitdem sind sie Stars, die bei Letterman auftreten und in "kultigen" Fernsehserien zu hören sind. Aber es sollte mal wieder erwähnt werden, dass sich hinter diesen Stars große Musiker verbergen.

"We ain‘t going to the town, we‘re going to the city", die Worte, mit denen "Next Exit" beginnt, könnte als Überschrift über "Antics" stehen. Denn das ist ein Album über die Gefühle, die man traditionell mit der Großstadt verbindet – mit dem nächtlichen Wandern durch die Straßen, in denen das Licht niemals ausgeht, das auch in den dunkelsten Momenten noch Trost schenkt. Natürlich ist auch das neue Album der New Yorker wieder melancholisch, aber kraftvoll, traurig, aber hoffnungsschwanger, düster, aber nicht ohne den Schimmer des Tunnelendes, der spätestens mit dem Refrain durchbricht. Mindestens jeder zweite Song auf "Antics" hat diesen wunderbaren Refrain ("Evil", "Take You On A Cruise", "Not Even Jail"). "Evil" ist zweifelsohne der Hit des Albums, mit Sam Fogarinos exzellenten Drums und dem treibenden Bass. Und habe ich überhaupt schon erwähnt, dass Paul Banks eine wahnsinnige Stimme hat? Der elegante Anzug ist natürlich weniger meine Phantasie als blanke Realität – wir sind schließlich New Wave! -, und das mit den grauen Haaren und den Falten kommt bestimmt auch noch. Hoffentlich machen Interpol dann immer noch so bewegende Musik.