Der Hype um Adam Green - seine neue Platte „Gemstones“ ist Platz eins!! in den deutschen Verkaufscharts und bei Amazon ist das erstaunlichste Popphänomen des noch jungen Jahres 05. Vor allem, wenn man bedenkt, daß Adam noch bis vor kurzem mit Kimya Dawson das Low-Fi-Antifolk-Duo Moldy Peaches bildete, das in Hasenkostümen auftrat und alles andere als Mainstream-kompatiblen Pop machte. Greens Soloplatte „Friends of Mine“ von 2003 (mit dem Hit über Jessica Simpson) war ja schon bei Hinz und Kunz schwer beliebt und vielleicht ist es doch nicht so verwunderlich, daß Adam Green jetzt im deutschen Fernsehen von Sarah Kuttner bis Harald Schmidt durchgereicht wird, bis auch die unbedarfteste Mutti fragt, wer das denn sei, der Sohn von Bob Dylan? Ist wahrscheinlich doch alles von geschickten Marketingstrategen von langer Hand geplant und wir ahnten es alle: Adam Green mimt den unbedarften schüchternen Slacker nur und zählt backstage feixend die fette Gage.
Wie dem auch sei: Die Legende sagt, dass während Adam Greens letzter Deutschlandtournee ein Suhrkamplektor eines von Greens selbstgemachten „Magazines“ erstand und daraufhin den jungen Künstler sofort beim ehrwürdigen Frankfurter Verlag unterbringen wollte. Die Kollegen waren wohl angetan und man hatte sicher noch im Gedächtnis, wie gut der Überraschungserfolg von Jürgen Teipel, Verschwende Deine Jugend, dem Image des als Siebzigerjahre-Soziologieverlag verunglimpften House of Unseld, äh, Suhrkamp getan hatte und warum sollte man sich nicht ein wenig in der Popkulturecke tummeln? Man konnte den hauseigenen Popliteraten Thomas Meinecke als Übersetzer gewinnen, der altersmäßig zwar nicht mehr als Nachwuchsautor durchgeht, aber den Greenschen Sprachkosmos adäquat ins Deutsche transferieren konnte.
Spricht man über Greens Texte, werden häufig gewichtige Namen ins Feld geführt, Allen Ginsberg oder Bob Dylan, auch Jack Kerouac; ausserdem ist Felice Bauer, Franz Kafkas Ex-Geliebte seine Uromi. Auf dem Buchcover steht ein Zitat: „Ich werde das Unterwegs für meine Generation schreiben. Es wird Bleib zu Hause heißen“ der 23-jährige Youngster soll also auf jeden Fall in Richtung Literat gebürstet werden. Da sich der Suhrkamp Verlag dankenswerterweise für eine zweisprachige Ausgabe entschieden hat, kann man die Greenschen Verse im Original und in der Übersetzung gleichzeitig lesen. Und es wird klar, dass „Magazine“ kein als solcher konzipierter Gedichtband ist: außer dem langen Gedicht „The Flowers of Capitalism“ sind die übrigen Texte eher zufällig notierte Gedanken, hingetupfte Einfälle, die der Einfachheit halber durchnummeriert werden; vieles liest sich wie ein Entwurf für einen Songtext, der noch reifen muß. Green probiert Wörter aus, setzt Ausdrücke nebeneinander, um ihren Klang zu erforschen. Manche Textstellen weisen schon im Rohstadium zitatfähige Bonmotqualitäten auf:
I´m not going to have a midlife crisis (because I had a midchildhood crisis)
Andere sind eher Klang- als Sinncollagen:
The jet fuel singes our bullfrog tongues
As bitter as crystal meth without the soul searching.
Green notiert Eindrücke vom 11. September, als er fürchtete, die Welt ginge unter. Aber auch viele sexgeladene Stellen finden sich, insgesamt liest sich „Magazine“ wie ein langer Rap, teilweise unzusammenhängend, aber wiederkehrende Motive bilden den inneren Zusammenhang. Adam Green sagt, er würde mit diesen Texten nie auf Lesereise gehen, die Stimmen im Kopf sollen die Texte vortragen. Ein Plädoyer gegen Lesungen überhaupt? Wäre durchaus überlegenswert …