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Mai 2005
Christina Mohr
für satt.org


Lawrence:
The Night Will Last Forever

Dial / Ladomat 2000 / Novamute 2005

Lawrence: The Night Will Last Forever
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Lawrence:
The Night Will Last Forever

Mehr Hören als Denken

Eine der Schwierigkeiten beim Rezensieren textfreier Elektronikplatten ist es, Bilder und Vergleiche zu finden, die noch halbwegs unverbraucht sind. Der Allegorienvorrat ist allerdings begrenzt und umso erfreulicher ist es, dass Lawrence alias Peter Kersten ein 1a-Bild selber liefert: er fährt nämlich oft und gerne Zug und denkt sich während seiner Zugfahrten skurrile und verwunschene Orte aus, die er irgendwann einmal aufsuchen will. Die Situation der Zugreise paßt hervorragend zu den Tracks auf The Night Will Last Forever, dem dritten Album Kerstens unter seinem Pseudonym Lawrence (er veröffentlicht auch Platten unter dem Namen Sten, nur zur Info, falls sich jemand für das gesamte Oevre des Herrn Kersten interessiert). Der Eindruck des Unterwegsseins zwischen Orten und Stilen stellt sich schon beim ersten Stück Lost Images ein: mehr wie eine klassische Klaviersonate als nach einem Electrotrack klingt es hier und verträumte Pianoeinsprengsel dieser Art folgen noch häufig. Aber bald geht es housiger zu, der Titeltrack vereint scheinbar dissonante Details zu einem harmonischen Ganzen, federnd, aber nicht übermütig. Die Basismelodie von The Night Will Last Forever verhallt leise am Ende des Bahnsteigs, bleibt Ahnung und wird zum Abfahrtsignal für den nächsten Song, Swap, der flockig klickend in Richtung Unendlichkeit groovt – so lange dauert's dann aber doch nicht, aber immerhin sechseinhalb Minuten. Mein Lieblingsstück (Track Nummer 8), Attracted by Fire ist deep, dark und dynamisch mit einem ungeheuer elastischen Beat – mit zurückgenommenem Tempo, aber ungeheuer zwingend und treibend. Stücke wie dieses zeigen Lawrences Liebe zum Detroit-Techno in seiner softeren Ausprägung. Dunkler House vermischt sich mit Acid, Samples und Beats unterschiedlichster Provenienz schließen nichts aus, Grenzen verwischen und vermischen sich. Ganz so wie eine Landschaft, die man aus einem fahrenden Zug heraus betrachtet. Aber es soll hier nicht beim Reisen und Zuschauen bleiben, irgendwann kommt man auch irgendwo an, wo getanzt wird. Man kann sich aber jederzeit wieder zurückziehen (zum klassischen Piano zum Beispiel, siehe oben).

Lawrence liebt Musik, bei der "mehr gehört als gedacht wird", aber wenn Denken auch das Assoziieren von Bildern, Situationen, Gefühlen beinhaltet, wird man es bei dieser Platte nicht ganz ausschalten können.