Rock’n’Roll will Never Dead*
Der Rockfan an sich gilt ja gemeinhin als nicht besonders experimentierfreudig. Und so dürfen die Gorillaz oder die White Stripes, deren kürzlich neu erschienene Platten nicht unbedingt nahtlos an die jeweiligen Vorgängeralben anknüpfen, auf verständnisvollere Unterstützung hoffen, als Bands, die üblicherweise eine härtere Gangart einlegen. Nun haben die schwedischen Hellacopters mit Rock’n’Roll is Dead keine Free Jazz-Platte gemacht, auch werden keine Marimbas (wie bei den White Stripes) eingesetzt, und doch ist auf dieser Platte einiges anders. Galten die Mannen (huuu, endlich kann ich dieses Wort mal verwenden!) um Nicke Andersson bisher als Recycler klassisch schwerrockenden Materials wie AC/DC, Motörhead und Slayer, behutsam abgeschmeckt mit einem Tröpfchen Ramones oder Iggy & the Stooges. Ihr Debut Supershitty to the Max genießt Kultstatus wie höchstens noch die Ergüsse der Mannen um (I Love it!) Hank Van Helvete, genannt Turbonegro, die zwar keine Schweden, sondern Norweger sind, aber das spielt keine Rolle. Seit gut zehn Jahren rocken die Hellacopters mit skandinavischer Energie und Unbekümmertheit die Welt, hauen live gehörig auf die Kacke und bereiten ihren getreuen Fans verläßlich eine gute Zeit. Retro ist im Hellacopters-Universum kein abwertender Begriff, sondern adelndes Attribut. Als Meisterwerk gilt der Gemeinde High Visibility, womit die Band ein eindeutiges Bekenntnis zum Hardrock der Young’schen Schule ablieferte. Das Verarbeiten hauptsächlich in den Siebziger Jahren entstandenen Rocks hat den Copters aber jetzt offenbar nicht mehr genügt. Sie gehen noch ein paar Schritte zurück und landen beim bluesigen Highschoolrock Chuck Berrys. Der Opener Before the Fall hört sich an, als hätten sich Status Quo, die Stones und eben Chuck Berry zufällig in der Turnhalle getroffen und die günstige Gelegenheit genutzt, einen boogie- und bluesrockigen Song einzuspielen. Everything's on TV beginnt ein wenig ruhiger, zieht aber umgehend das Tempo an, das dritte Stück, Monkeyboy holt gleich eine ganze Armada verblichener Heroen hervor: Free, Thin Lizzy oder auch die frühen Kiss; die Gitarren jaulen, dass es eine langhaarige Freude ist. No Angel to Lay me Away verhandelt Glaubensfragen, eindrucksvoll untermalt von souligen Backgroundsängerinnen. Bring it on Home verrät die alte Liebe zum Punkrock, hier wird's nochmal schneller und heftiger, auf eine einzige Pianotaste wird derart eingehämmert, dass man davon ausgehen kann, dass das Instrument die Aufnahmen nicht überlebt hat. I Might Come See You Tonight honkytonkt gewaltig und I’m in the Band erzählt von der Ignoranz des Business, wie es ist, wenn zwar die eigenen Songs im Radio gespielt werden, der Roadie dich aber trotzdem nicht erkennt und nicht auf die Bühne lassen will – neues Jackett hin oder her.
Insgesamt haben sich die Hellacopters von der ganz harten Härte verabschiedet, wechseln konsequent getragenere mit heftigen Stücken ab. Sie lassen nach wie vor viel Raum für kreischende, jaulende Gitarrensoli und feiern und lobpreisen den Rock’n’Roll der Urväter. Zahm sind sie nicht geworden, keine Angst, headbangen geht immer noch. Ach ja, Howlin‘ Pelle Almqvist (Hives) wird als Gaststar aufgeführt, aber ich habe keine Ahnung, bei welchem Stück man ihn wohl hören kann.
* Songtitel von Superpunk