Mark Owen war der kleine Süße bei Take That, der Zarte, das Herbstkätzchen inmitten vor juveniler Männlichkeit und Baustellenerotik strotzender Straßenkater. Jason Orange, Gary Barlow und Howard Donald trotzen mehr oder weniger erfolglos dem Vergessen, Mr Robert Williams ist zur Zeit verstummt, die Bahn könnte also frei sein für Mark Owen, über den die Spex schreibt "The much better one". Doch Owen ist eher der Mann für leise Töne, drängt sich nicht in den Vordergrund, das wäre nicht sein Stil. Nach dem Split von Take That hat Owen relativ zügig 1997 die LP Green Man mit den Hits Child und Clementine herausgebracht, die auch Take That-Stücke hätten sein können. Dann kam lange Zeit nix, vor anderthalb Jahren das Album In Your Own Time. Danach wollte er ganz aufhören mit der Musik, weil sich seine Plattenfirma mehr Erfolg von einem Ex-Take-That-Mitglied erhofft hatte. Aber die Musik ließ ihn nicht los, ganz sachte und vorsichtig wagte er sich an neue Kompositionen, die erste, They Do ist auch das erste Stück auf How the Mighty Fall geworden und drückt diesen Neuanfang unprätentiös, aber eindringlich aus:
Love yourself if you want / Cry a bit, laugh a lot / Throw a stone, take a plane / start again / Give yourself a chance not a nosebleed / have a cause / Meet your friends / Visit space / Say hello to someone / For the road you need one / Choose a song / So that your heart can sing
Die Singleauskopplung Believe in the Boogie läuft mittlerweile in jeder Karstadt-Klamottenabteilung, erreicht also jede Menge HörerInnen, dies aber zu Recht. Believe in the Boogie thematisiert ohne Scham, Schmerz und Scheu den Tabubereich "vergangener Ruhm":
There's a friend of mine / Who's wasting all his money / Think he's had his time / Think he's lost his mind / Still a friend of mine / Could have had it all / From the Albert Hall to the Uni Ball / How the mighty fall
Doch Owen klingt nicht bitter. Wie es sich anfühlt, ein großer Star zu sein, weiß er, war er schon, vielen Dank. Er verfolgt seine Idee von Pop – er liebt Radiohead und Paul Weller – und schreibt wunderschöne Songs. Balladen wie Sorry Lately oder Hail Mary zielen zwar auf den heftigen Einsatz von Feuerzeugen bei Konzerten ab, sind aber ohne andere Leute um einen rum vielleicht noch viel schöner. Bei Waiting for the Girl wird honkytonkmäßig auf dem Klavier die Sau bzw. die Katze rausgelassen (Mark Owen singt gern über Katzen), 3:15 ist ein boygroupgeschulter Discohit und Come on zieht zum Schluß noch mal kräftig das Energielevel an. Als Dreingabe gibt es noch Akustikversionen von Makin‘ Out, Believe in the Boogie, Hail Mary und Wasting Away, die beweisen, dass Mark Owens Kompositionen kein pompöses Arrangement brauchen oder durch geschicktes Produzieren aufgepeppt werden müssen.
Eine Rampensau wie Robbie wird Mark Owen nie werden, aber er steht nicht grämlich in irgendeines Topstars Schatten, Robbie und er sind Freunde, und beide sollten froh darüber sein, den anderen zu haben. Und falls How the Mighty Fall kein Riesenerfolg wird, wäre mir das auch recht: dann kommt Owen nämlich in kleine Clubs, wo man ihn ganz nah erleben kann und nicht auf irgendwelche gigantischen Freiluftbühnen, wo man eh nur auf Großleinwände starrt und nicht sicher sein kann, ob da nicht nur einfach ein Video abgespult wird.