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Juli 2005
Christina Mohr
für satt.org


Röyksopp:
The Understanding

Wall of Sound/ Labels 2005

Röyksopp: The Understanding
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Röyksopp Live:
Sonne, Mond und Sterne-Festival in Saalburg, 12.8.05
   » royksopp.de

Röyksopp:
The Understanding

Norwegian Hair

Torbjorn Brundtland und Svein Berge a.k.a. Röyksopp kommen aus Tromsö, Norwegen, der nördlichsten Stadt der Welt. Die Polnähe und damit einhergehende Abgeschiedenheit, Dunkelheit und Kälte mag die beiden zu dem Entschluß gebracht haben, Musik zu machen, die in aller Welt gehört wird, damit man selbst mal rauskommt. Schon mit ihrem ersten Album Melody A.M. haben Röyksopp vor knapp vier Jahren stattliche Erfolge verbuchen können: 1.000.000 verkaufte Exemplare weltweit! Wow, für Newcomer wirklich erstaunlich, und das alles ohne großes Brimborium. Sie waren Mobys Vorgruppe und gefielen mir damals viel besser als der Hauptact – leichte, verspielte Schwärmereien in Elektro, unaufgeregt, sympathisch, ein großes Vergnügen. Poor Leno (dazu gab's ein anrührendes Video mit einem einsamen Wesen aus dem Eis, das in den Zoo verfrachtet wird, schluchz) und Eple waren die Hits des Duos; Eple wird mittlerweile gar als Werbemelodie verwendet.

Röyksopp

Jetzt haben Röyksopp mit The Understanding sowas wie ihre Reifeprüfung abgelegt. Klang Melody A.M. teilweise sehr charmant, aber noch etwas unentschieden, ist The Understanding hauptsächlich charmant geraten. Die beiden Musiker erklären ihren Reifungsprozeß so: "Wir brauchten eine neue Frisur, mehr Haar. Je länger Haare und Bart, desto mehr Beaujolais verträgt man. Das ist Stufe drei der sieben Songwriter-Stufen." Ok, die Songs hören sich nicht wirklich nach Langhaarigen-Mucke an; nach dem elegischen Opener Triumphant entspinnt sich ein locker-leichter Mix, dessen Spuren zuweilen geradewegs zu den Pet Shop Boys führen (besonders deutlich bei Follow My Ruin), und wer Air und Phoenix mag, wird sich mit den Röyksopps sehr wohl fühlen. Only This Moment ist quirliger 80er-Jahre-Synthiepop, hier singen Torbjorn und Svein selbst; What Else is There featured die tolle Gastsängerin Karin Dreijer, hauptberuflich bei The Knife. Die Vocals von 49 Percent erinnern an Prince, und Sombre Detune ist dunkler, satter Club-House-Sound mit pingpongenden Effekten, die per Kopfhörer besonders eindrucksvoll klingen. Someone Like Me trabt locker-lässig los und gehört zu den Höhepunkten der Platte, entwickelt geradezu einen hypnotischen Sog. Röyksopp experimentieren mit straighter Tanzmusik (Circuit Breaker), aber auch mit esoterisch anmutenden Meditationsklängen (Alpha Male), schöpfen den ganzen Pool elektronischer Zutaten aus, ohne in selbstverliebte Frickeleien zu verfallen.

Mit Dead to the World und Tristesse Globale klingt die Platte aus, wie sie beginnt: Ruhig, beinahe klassisch anmutend, die Band kehrt von der Welttournee zurück zum Pol. Aber als Vorgruppe für Moby oder sonst irgendwen wird man Röyksopp bestimmt nicht mehr sehen: die Hallen füllen sie jetzt ganz allein.