Keren Ann (Fotos: Petra Zimlich) |
Ein schöner Tag in Frankfurt. Der Herbst hatte sich zu wahren Höhen eines goldenen Oktobers aufgeschwungen, die Temperaturen ließen den kommenden Frühling herbeiahnen und dann war da noch Keren Ann zu Gast im Mousonturm. Das versprach Besonderes. Denn Keren Ann sind zwei: Da ist einmal die junge Sängerin aus Frankreich, die sich vor allem im Nouvelle Chanson einen Namen gemacht hat. Ihre ersten beiden Alben, konzipiert mit Benjamin Biolay, haben in der Musikwelt nicht unwesentlich zur Wiederauferstehung des guten alten Chansons beigetragen. Da ist aber zum anderen auch die Singer-Songwriterin, die wunderbare Folksongs schreibt und ihre beiden letzten Alben in Englisch veröffentlichte. Entsprechend heterogen ist ihr Publikum – auch im Mousonturm. Frankophile Chansonfans tummelten sich neben jungen Lo-Fi-Anhängern, Le-Pop-Begeisterte hatten genauso den Weg in die Frankfurter Waldschmidtstraße gefunden wie alte Bob-Dylan-Veteranen. Die Vielfalt der Musik von Keren Ann lässt sich unzweifelhaft aus ihrer Biographie erklären. Holland, Israel, Frankreich und schließlich New York waren unter anderem Stationen ihres Lebens. Die internationale Fachpresse zieht Vergleiche mit Suzanne Vega, Francoise Hardy, Nico oder auch Isobel Campbell. Man durfte also gespannt sein.
Gleich zu Beginn die erste positive Überraschung: Keren Ann ist nicht so glatt und schön, wie sie uns von den Pressefotos entgegenblickt. Nein, sie hat ein viel markanteres Äußeres, scheint bezaubernd sympathisch, sehr natürlich, herrlich unfranzösisch. Und gleich mit den ersten Songs zog sie die Zuhörer in ihren Bann. Mit ihrer herausragenden Stimme, die sowohl zart als auch rauchig erschien, die in jeder Tonlage überzeugte und eine wirklich außergewöhnlich Strahlkraft besaß. Die Vergleiche mit oben genannten Sängerinnen sind also vollkommen berechtigt, aber die 30-jährige hat noch mehr. Da ist mehr Tiefe, mehr Volumen. Soul und Jazz scheinen keine undenkbaren Alternativen. Die klare und sparsame Instrumentierung setzte die Songs wunderbar in Szene. Französisch reihte sich an Englisch, Chanson an Blues und jazziger Folk glänzte mit Trompete. Zarte Gitarrenklänge endeten bei Bedarf in furiosem Trompetensound. Im Vordergrund stand die Akustikgitarre, die von Schlagzeug, Bass und Trompete fast unmerklich getragen wurde. Von der Bühne strahlten Wehmut und hemmungslose Melancholie genauso aber auch ein hemmungsloser Spaß an der Musik. Verträumte, zerbrechliche Songs wechselten sich ab mit mitreißenden Sounds, die genau so in irgendwelche Nashville-Schuppen gepasst hätten. Die Texte erzählten von den verpassten Gelegenheiten, der Vergänglichkeit des Lebens und der endlosen Sehnsucht. Keren Ann wurde zu Recht euphorisch gefeiert. Fast schon zu lange war der Applaus zwischen den einzelnen Songs und die sympathische Künstlerin sichtlich gerührt. Das Publikum wurde am Ende mit vier herzzerreißenden Zugaben belohnt. Ein wirklich intensives Konzert. Wer das nicht toll fand, dem kann man nicht mehr helfen.