Jim White: Drill A Hole In That Substrate And Tell Me What You See V2/ Rough Trade 2005
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Jim White: Drill A Hole In That Substrate And Tell Me What You See
Will man die Wegstrecke, die der große Jim White von seinem Debüt "Wrong-Eyed Jesus" über "No Such Place" bis zu seiner mittlerweile dritten Platte zurückgelegt hat, kurz und knapp benennen, so böte sich an: von Lucinda Williams zu Aimee Mann, vom nackenlangen Haar mit Cowboyhut zum hutlosen Kurzhaarschnitt, vom bleichgesichtigen Hänfling zum gesundgegebräunten Esprit-Model. Das sind natürlich vor allem äußere Veränderungen, aber auch musikalisch ist nichts mehr so ganz, wie es war. Über Frisuränderungen hat White gleich ein schönes Lied gemacht, "Combing My Hair In A Brand New Style", das man mit seinen Soul-Anleihen auch prima auf ein Beck-Album packen könnte (und das sich auch in "Writing My Songs In A Brand New Style" umbetiteln ließe). Unmittelbar darauf folgt ein Stück wie von Gene Clark geschrieben, dann eines in der Art von "Wrong-Eyed Jesus". Das geht so weiter, aber die Einheit des Albums bleibt, es zerfällt nicht in eine bloße Sammlung verschiedener Musikstile.
Vielleicht liegt das an Kontinuitäten wie Whites Stimme oder dem grundsätzlich entspannten Ton, der die Platte durchzieht, aber nun die Atmosphäre der Merkwürdigkeit, von der die früheren Arbeiten umgeben waren, nicht mehr so dicht erscheinen läßt, doch glücklicherweise immer noch latent vorhanden ist. Auch die Texte sind weiterhin skurril, Covergestaltung und Titel nach wie vor eigenwillig, aber die allzu offensichtliche Verschrobenheit ist stark zurückgenommen. Man kann das ganz schön an Whites Umgang mit Jesus sehen, der immer wieder gerne in seinen Liedern eine Rolle spielt. Jesus tauchte nicht nur im Titel der ersten Platte und der gleichnamigen, im Booklet abgedruckten Kurzerzählung auf, sondern auch im Stück "When Jesus Gets A Brand New Name". Auf "Drill A Hole …" präsentiert White mit "If Jesus Drove A Motor Home" seinen Vorschlag zur globalen Harmonie (wenn wir alle ihm dies gleichtäten). Überlegungen werden angestellt, ob Jesus eher in die Kategorie der Bleifüße oder in die der Sonntagsfahrer gehörte, aber sicher liefe Bob Dylan im Kassettenspieler. Konnte man Jim White früher noch für einen leicht spinnerten, evangelikal angefixten Exzentriker halten, einen harmlosen Wiedergänger von Robert Mitchums Wanderprediger in "Night Of The Hunter", so scheint mir doch gerade dieses Stück am besten zu zeigen, daß Whites Humor mittlerweile recht bunt geworden ist – wie übrigens auch das CD-Booklet. Bei einem solchen Messias denkt man unwillkürlich an den späthippiesken Southpark-Jesus. Und natürlich erinnern Fahrer und Gefährt an Robbie Williams' "Jesus In A Camper Van", in dem festgestellt wird, das auch der Sohn Gottes es manchmal schwer habe.
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