Katharina Franck on Tour 2006 22.03 Potsdam, Waschhaus 23.03 Hannover, Musikzentrum 24.03 Osnabrück, Lagerhalle 25.03 Flensburg, Roxy Music
Hall 26.03 Hamburg, Logo 27.03 Bremen, Schwankhalle 29.03 Magdeburg, Alte Feuerwache 30.03 München, Ampère 31.03 Karlsruhe, Tollhaus 01.04 Marburg, KFZ
02.04 CH-Rubigen, Mühle Hunziken 04.04 Frankfurt, Brotfabrik 05.04 Köln, Gloria
06.04 Jena, Kassablanca 26.04 Berlin, Kleiner Postbahnhof 27.04 Halle, Kulturinsel / Grosser Saal
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Es dauert keine Nanosekunde und man erkennt die Stimme sofort, diese glockenklare Stimme, die vor bald zwei Jahrzehnten „ …sneak around the corner / with a blueprint of my lover“ sang, damals mit den Rainbirds, dieser Band, die für kurze Zeit die Hoffnung nährte, es könne so etwas wie internationale Popmusik aus Deutschland geben. Das zweite Album Call me easy, say I'm strong, love me my way, it ain't wrong war schon eine Spur zu kompliziert für den Mainstreamgeschmack und die Rainbirds wurden bald Geschichte. Die Band trennte sich, aus Bassist Rod Gonzalez wurde sehr viel später ein berühmter Arzt J und Katharina Franck verfolgte gemeinsam mit der Keyboarderin Ulrike Haage neue Projekte, die mit leicht goutierbarer Popmusik nicht mehr viel zu tun hatten. Umso überraschender kam nun die Nachricht, dass Katharina Franck ein neues „poppiges“ Album, nach langer Zeit wieder ganz in englischer Sprache, aufgenommen hat. „This is me“ – klar und unmißverständlich erklingen die ersten Zeilen auf First Take Second Skin, das bezaubernd ist in seiner Unaufdringlichkeit und beeindruckend durch das Selbstbewußtsein der Künstlerin. Die Platte ist insgesamt zurückhaltend instrumentiert, Balladen wie Big Pale Blue Ol‘ Love, Paperchase und Tree. Bird. Sky. Forgiveness werden liebevoll kontrastiert durch lockere Ohrwürmer wie Sort Of, Good Fortune und These Better Days mit diesem perlenden Gitarrenspiel, das so typisch ist für Franck-Musik, und das den Frühling schon mal hereinläßt in diesen noch so grauen Tagen. Im fast sieben Minuten langen Faithful Friend nimmt sich Katharina Franck Zeit für Zeilen wie „I am free / as I can be“, eine Ode an die Freiheit, auch und gerade in Beziehungen. Im Mittelpunkt ihrer Texte steht die Positionierung und Definition des Ich – das, wie sie sagt, auch immer mal ein anderer sein kann. „I want you for my anchor, for my fleeting fluid self“ singt sie in Big Pale …, das Ich braucht auch den anderen, und solche Geschichten von Liebe und vom Unterwegssein durch die Innen- und Außenwelt finden sich auf dem gesamten Album. First Take Second Skin bezeichnet einen der seltenen Momente im Pop: Eine Platte, die sich nicht anbiedert und doch viele Menschen erreicht; Musik, die eingängig und zeitlos klingt und dazu so viele kleine, feine Überraschungen birgt. Hier einige Fragen von satt.org an Katharina Franck:
Liest man die Pressemeldungen und Amazon-Einträge, wird schnell klar: die Leute haben Dich vermißt! Was hat Dich bewogen, nach Deinen verschiedenen Projekten wie Zeitlupenkino (eine Platte mit hauptsächlich gesprochenen deutschen Texten) wieder ein „poppiges“ Album aufzunehmen?
KF: Bin selber hocherfreut und überrascht von dem Ausmaß an Aufmerksamkeit, die mir zuteil wird. Dass eine singende Katharina die Hörer leichter erreicht als eine sprechende, und wenn sie es 100 x auf Deutsch macht, war mir zwar klar. Doch ich werde nicht bewogen irgendetwas zu tun, ich tue einfach was ich kann.
Gewissermaßen musste Zeitlupenkino erst einmal gemacht werden, bevor ich First Take Second Skin angehen konnte.
Wie schwer wiegt das Rainbirds-Erbe? Ist es ok für Dich, für alle Zeiten
mit Blueprint in Verbindung gebracht zu werden oder gab es
Momente, in denen Du Dich gerne von diesem Überhit losgesagt hättest?
KF: Nein, lossagen wollte ich mich nie, und ich freue mich nach wie vor darüber, einen Hit geschrieben zu haben. Ich denke auch, dass mir bestimmt noch mal ein zweiter gelingt. Aber das nach Schema "B" einfach zurechtzurücken, ist meine Sache nicht.
Siehe oben. Ich liebe meine Arbeit sehr. Manches ist spezieller, anderes
zugänglicher.
Hast Du zu den damaligen Rainbirds-Kollegen noch Kontakt? Wäre ein Rainbirds-Revival denkbar?
KF: Ich habe Kontakt zu Ulrike Haage.
Und nein, die Rainbirds werden nicht wieder zusammenkommen.
Deine Platte wird nicht nur eingefleischte Popmusikfans erreichen, sondern auch (ich nenne sie mal so) jede Menge Brigitte-Leserinnen – für welches Publikum schreibst Du Deine Songs? Oder in erster Linie für Dich selbst?
KF: Ich habe ja einige der CDs die es von und mit mir gibt selbst finanziert,
einschließlich Zeitlupenkino und First Take Second Skin. Ich betreibe diesen Aufwand nicht nur für mich. Ich schreibe diese Songs für alle, die sich für derartige Musik interessieren. Was die Themen betrifft, die Beobachtungen oder Gedanken, die ich mir mache, ich halte die nicht für so speziell und individualistisch, dass sie
nicht viele Menschen etwas angehen könnten. Aber ich möchte eine eigene Art finden, davon zu erzählen. Mein Mainstream–Appeal ist mir durchaus bewusst. Ich habe eine unbändige Energie und mit Musik kann ich die bündeln und in Lebensfreude umwandeln. Worte sind dann irgendwann sowieso egal.
Awobopaloobop Alopbamboom!
Wirst Du auch in Zukunft ambitionierte Projekte mit Ulrike Haage weiterverfolgen, die ja mit Popmusik wenig zu tun haben?
KF: Sind das ambitionierte Projekte? Mir sind diese Arbeiten sehr wichtig. Es ist
inspirierend und verhindert, dass man sich festfährt, sich permanent wiederholt. Ich
bewundere auch die Arbeiten anderer Künstler sehr, ganz vorne steht da Hermann
Bohlen.
Welchen Stellenwert nimmt das Musikmachen im „Gesamtpaket“ Deines
künstlerischen Schaffens ein?
KF: 80/20 vielleicht? Keine Ahnung! Ich schreibe ja immer alle Texte, auch wenn die
Musik nicht alleine von mir stammt. Das Songwriting an sich dauert immer länger,
als die Arbeit mit Band, oder eine ganze Produktion. Die jeweilige Sprache hat auch
einen eigenen Rhythmus, eine eigenen Melodik. Und die Arbeit als Sprecherin, die
ich sehr gerne noch ausbauen würde, ist ja auch musikalisch. Es geht dabei immer
um Sprachfluss, Tonfall und Timing. Man hat allerdings auch unfassbar viel
Büroarbeit zu machen, so als freischaffender Künstler.
Deine Texte wirken sehr persönlich – hat das Schreiben für Dich eine therapeutische, kathartische Komponente?
KF: Ich begebe mich auf eine Suche, und wenn ich dann einen Song oder einen Text
vorliegen habe, der Bestand hat, habe ich auch etwas gefunden. Es geht dabei nicht
immer nur um mich, und Ich ist wie immer auch oft ein anderer, aber es gibt
natürlich die persönliche Verknüpfung. Ich vergleiche es mit der Bildhauerei, oder
kann es auch als einen Weg beschreiben, den ich mir mit der Machete durchs
Unterholz schlage. Allerdings ist es wahr, dass mich manches Mal erschüttert, was
ich finde. Und manches Mal freue ich mich nur, oder schmunzele über eine schöne
Verstiegenheit, ein schönes Bild.
Wieso hast Du Dich entschlossen, Manic Depression von Jimi Hendrix und
Good Til Now von Gillian Welch und David Rawlings zu covern?
KF: Manic Depression handelt für mich von der Sehnsucht, immer in Kontakt mit
meinem künstlerischen Selbst zu stehen. Dass ich den Faden nicht verliere. Damit
ich mich selbst nicht verliere. Ich kann das eben nur mit meiner Arbeit so richtig.
Gillian Welch und David Rawlings liebe ich sehr. Ich bin vor zwei Sommern nach
Manchester geflogen, um sie live spielen zu sehen. Sie spielten am 28. Juli, also an
meinem Geburtstag. Zu meiner Überraschung haben sie eine Version von Manic
Depression gespielt, das ich damals schon einmal bearbeitet hatte. Ihre Version ist
natürlich gaaaanz langsam. Wunderbar!
Welche Musik magst Du noch?
KF: Ich mag sehr vieles. Aktuell sind es Cat Power, Fiona Apple, Death Cab For Cutie,
Laura Veirs, Antony and the Johnsons, die mich live wirklich begeistert haben, vor
allem er. Immer aktuell sind eben Gillian Welch, Moondog, Robert Wyatt, Nina
Simone, Jeff Buckley, Broadcast, Elliott Smith, Kate Bush ….
Ich begeistere mich für alten Soul, Motown, Atlantic, Northern Soul, Garage Bands, darin war ich mal ziemlich bewandert. R ' n B aus den 80 Jahren wie Anita Baker, Michael McDonald, usw. Jazz, Ambient, besondere elektronische Musik, zum Beispiel Rechenzentrum. Die Liste kann endlos werden ….
Wie wichtig ist Berlin für Dich als Künstlerin? Es scheint, als sei zur Zeit in keiner anderen Stadt in Deutschland künstlerisch so viel möglich wie in Berlin.
Ich lebe sehr gerne in dieser Stadt. Es hat eine Weile gedauert, aber ich fühle mich hier zu Hause. Es gibt von allem zu viel und von allem zu wenig. Und man kommt von hier aus gut überall hin.