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März 2006


Two Gallants:
What The Toll Tells

Saddle Creek 2006

Cover
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Two Gallants:
What The Toll Tells

Der Veröffentlichungstermin dieser Platte ist zwar schon ein paar Wochen her, doch da sie sicherlich am Ende des Jahres zu den Alben gehören wird, die nicht nur auf diversen Best-Of-Listen auftauchen, sondern über 2006 hinaus bestehen wird, sind uns bereits abgefahrene PR-Züge wie so oft auch dieses Mal herzlich egal – wir winken ihnen fröhlich nach und widmen und ungestört dem Genuss dieser Musik. Denn „What The Toll Tells“ ist eine tolle Mischung aus Country-Rock, Wüsten-Blues und Südstaaten-Walzer. Zwei Stimmen, Gitarre, Schlagzeug und Mundharmonika, das klassische Ensemble: mehr benötigen Two Gallants nicht. Was die beiden Mittzwanziger Adam Stephens und Tyson Vogel zu erzählen haben, füllt leicht ein fettes Booklet; da dauert ein Song wie „Waves Of Grain“ schonmal an die zehn Minuten, um das Epos eines Herzschmerzes bis an den Rand der physischen Erträglichkeit bis in die zerfransten Ecken auszuformulieren.

Illu

Die grandiose Trinker- und Mörderballade „Steady Rollin’“ läuft bei der Rezensentin schon seit Wochen auf Heavy Rotation, ebenso wie das in epischer Breite ausgeführte „Threnody In Minor B“. Da tönt zum Abschluss von „Long Summer Day“ der Gesang von den Baumwollfeldern durch den Wind herüber, um kurz darauf in die von einer sehnsüchtigen Mundharmonika geschwängerte Melodie von „The Prodigal Son“ zu münden, einer Hymne mit der Erkenntnis: „I don’t need nobody, nobody needs me“. Wenn Calexico sich in einem schäbigen Bus Richtung mexikanischer Grenze bewegen, dann kriechen Two Gallants vergleichweise auf ihren blanken Knien nebenher, während sie die aufgewirbelten Sandwolken schlucken, aber ohne den Anschluss zu verlieren.

Was also hat die Turmuhr geschlagen? Wie so viele andere Bands haben Two Gallants ihr hochprozentiges Zeug erstmal im Eigenvertrieb unters Volk gebracht, bis sich Alive Records ihres Debüt-Albums annahmen. 2005 kam dann der Durchbruch, als „The Throes“ besonders in England einschlug wie eine Bombe. Jetzt sind sie also bei Saddle Creek, und es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn sie nicht binnen kurzer Zeit zur erfolgreichsten Band dieses Labels avancieren würden.