Die Schleusen der von Wasser umschlungenen britischen Inseln sind weit geöffnet. Die Gesetze von Ebbe und Flut sind außer Kraft gesetzt. Mit jedem Wellengang werden unzählige neue Bands an Land gespült, die die noch vor einigen Jahren ausgetrockneten Strände des Eilands Indie-Garagen-Rock-Lummerland benetzen. Viel Treibgut ist dabei und manchmal ist Land unter. Nun ein neuer Anlauf: The Revs aus dem irischen Donegal und The Zutons aus Liverpool, England haben im April ihre neuen Alben veröffentlicht. Was kam diesmal über die Straße von Dover zu uns herüber?
Die Revs sind in England und besonders Irland schon eine größere Nummer. Grundsätzlich keine schlechte Referenz möchte man sagen, sind doch die Charts drüben im Allgemeinen von weniger Kroppzeug bevölkert, als dies hierzulande der Fall ist. Das Haldern-Pop-Label präsentiert nun das, in Irland schon im Oktober 2005 erschienene, zweite, selbstbetitelte Album auch bei uns. In mehrerlei Hinsicht setzt sich die Platte jedoch ab vom vorherrschenden ganz neuen Wave- und Garagen-Geschmack. Die Revs, es überrascht trotz allem nicht, rocken. Überlagert wird dies jedoch von der gelegentlich schon klebrigen Süßlichkeit der Arrangements und dem meist zweistimmigen Gesang Rory Gallaghers (Bass) und John McIntyres (Gitarre). Die Assoziationen, die der Name des Gitarristen* weckt sind dabei leicht irreführend. Weder mit der Post-Rock-Legende, dem Tortoise-Drummer John McIntyre, noch dem bekannteren Fernseh-Doc ,Trapper John ,MD’ McIntyre bestehen musikalische Schnittmengen. Lediglich die kleistrige Kitschigkeit des letzteren scheint beizeiten Eingang in die Texte der Revs gefunden zu haben. Wie sonst sind Zeilen wie. „I lose myself every single day/I’m blown away/ tick tock no stop/ over and over again“ zu erklären? Oder „meditate to radiate the beauty of your mind / you’re a star / you know you are“ Da kann nur der Trapper John seine Finger im Spiel gehabt habe. Oder dessen pubertierender Sohn. Wenn man diesen Punkt, ebenso wie das übermäßig zur Schau gestellte Leiden im Gesangs-Vibrato subtrahiert, bleibt trotzdem eine Substanz. Gerade in den Songs, in denen keine ,keanisierte’ Emo-Pop-Attitüde vorherrscht, wie dem vierten Stück Streets. Das Hauptproblem der Revs ist jedoch, dass alles, was sie bieten in anderer, besserer Form schon da war. Die Hymnenhaftigkeit, die Hooks, die Emotionen. Das wirkt dann manchmal wie eine Insel-Version der Killers, mit viel 60er-Harmonien. Und ist, summa summarum, irgendwie gefällig, mehr aber auch nicht. Eine Platte für den Sommer, möchte man da sagen. Und ja, sie haben sich schon die Bühne geteilt mit Bands wie Muse und Nickelback, aber genau da liegt der Hase im Pfeffer, wie schon Schiller wusste.
* Und auch der Revs-Bassist hat nichts mit dem Bluesrockgitarristen gleichen Namens zu tun, der 1995 verstarb. |
Den Bezug auf die 60er Jahre teilen sich die Revs mit den Zutons. Die stammen jedoch direkt aus Liverpool, der Stadt of Merseyside. Und nicht ganz zufällig sind sie, ebenso wie The Coral, auf Deltasonic, einem Liverpooler Label, das inzwischen ganz vom Riesen SonyBMG übernommen wurde. Das Debütalbum der Band Who killed the Zutons?, das nicht nur mit klasse 3-D-Trash-Horror -Cover glänzte, entkräftete dann jedoch die Meinung vom ,schlechten Abklatsch von The Coral’. Natürlich sind die 60er Jahre auch bei den Zutons omnipräsent. Jedoch, ihre Mischung aus verschiedenen Stilen: Pop, Soul, aber gerne auch mal Country oder Psychedelia, ist rund. Nicht unwesentlich liegt dies am Saxophon Abi Hardings, das den Bandsound um eine Facette erweitert und gemeinsam mit der Stimme David McCabes den Wiederkennungseffekt garantiert. So hat es kaum überrascht, dass das Debütalbum bis auf Platz neun der UK-Charts vorstieß.
Mit Tired of Hanging around lieferten sie dieser Tage den Nachfolger ab, eine konsequente Fortsetzung der ersten Platte. Klingt das ganze beim ersten Hören noch etwas blass und blutleer, so grooven gerade Songs wie Valerie oder It’s the little things we do bei häufigerem Hören. Stilistisch hat sich seit Who killed the Zutons? nichts geändert. Pop - ohne Frage. Keinem wird weh getan, die Welt dreht sich weiter. Den Pulitzer-Musikpreis für Originalität wird die Band auch nie gewinnen. Aber wer so stilvoll schlüssige und warme Reminiszenzen an ,bessere’ Tage produziert, den kann man schätzen. Auch eine Sommerplatte – aber eben im guten Sinne.