Interview mit
den Komponisten
Dagmara Jack
und Donnacha Dennehy
„Outsider zu sein ist eine Lebenseinstellung.“
Zeitgenössische Komponisten – Donnacha Dennehy und Dagmara Jack über Musik, Komponieren und Interaktion zwischen Musik und anderen Kunstdisziplinen.

Dagmara Jack, geboren 1984 in Kattowitz (Polen). Ihre Mutter ist Polin, ihr Vater Nigerianer. Mit 13 Jahren bekam sie den ersten Preis im Nationalen Kompositionswettbewerb 'Patri Patriae' für das Werk 'Post Tenebras Lux'. Mit 13 Jahren begann sie Kompositionsunterricht bei Alexander Lason, Professor der Musikhochschule in Kattowitz, zu nehmen. Im Jahre 2000 erwarb sie den Grand Prix im nationalen Kompositionswettbewerb 'Crescendo'. Im Jahre 2001, mit 17 Jahren, bekam sie den ersten Preis sowie den Preis für eine junge Komponistin für das Werk 'Raasz' für Sopran und Tonband im internationalen Kompositionswettbewerb der elektroakustischen Musik 'Musica Nova' in Prag. Im September 2001 wurde ihr Werk 'Luminescence' während des Festspiels Warschauer Herbst uraufgeführt. Somit war Dagmara Jack die jüngste Komponistin, deren Werke in der Geschichte dieser Festspiele aufgeführt wurden. Mit 17 Jahren begann sie ein Studium an der Musik-Akademie der Stadt Basel. Sie nahm Unterricht u. a. bei Jonathan Harvey, Tristan Murail, Stanislaw Moryto, Thomas Kessler und Marek Stachowski. Sie ist Stipendiatin der Stiftung Lyra (Zürich),der Thyll-Dürr Stiftung (Zürich) und der Vera & Oscar Ritter Stiftung (Hamburg). Ihre Werke werden oft während der Festspiele für Neue Musik wie Warschauer Herbst, Forum der Neuen Musik und Schlesische Musiktage aufgeführt sowie auch im Rundfunk gesendet, z. B. in Radio Katowice, im Tschechischen Rundfunk Vltava, in Co-op Radio Vancouver (Kanada) und Radio Deutschland. Sie lebt in Berlin.

Donnacha Dennehy wurde 1970 in Dublin (Irland) geboren.
Er studierte Komposition am Trinity College in Dublin und bei Salvatore Martirano und William Brooks an der Universität Illinois. Er setzte sein Studium in den Haag und in Paris (IRCAM) fort. Nach seiner Rückkehr nach Irland gründete er im 1997 das Crash Ensemble, das sich auf neue Musik spezialisiert. Seine Musik wurde von vielen renommierten Ensembles gespielt, u. a. Bang On A Can, London Sinfonietta, Percussion Group, London Brass, Ensemble Integrales, Shobana Jeyasingh Dance Company, Aurelia Saxophone Quartet Prism und RTÉ National Symphony Orchestra und bei zahlreichen Festspielen für neue Musik aufgeführt, u. a. Bang On A Can in New York, ISCM World Music Days, EXPO 2000, the Gaudeamus Festival, Bath International Music Festival, State of the Nation at the South Bank, London, Concerts ‘M’ Montreal, the Saarbrucken Music Festival und Dance Umbrella. Er arbeitet auch gerne mit Solisten wie Camilla Hoitenga, Jenny Lin, Joanna MacGregor und Choreographen wie Yoshiko Chuma und Shobana Jeyasigh. Im Jahr 2005 wurde er für die Aosdana ausgewählt - einer staatlichen Akademie für Kunst. Donnacha Dennehy unterrichtet Komposition und musikalische Technologie am Trinity College und lebt in Dublin.
Kann man Sie Vollzeit-Komponist nennen?
D. D. Nicht ganz, ich unterrichte am Trinity College in Dublin, außerdem bin ich künstlerischer Leiter des Crash Ensembles. Ich komponiere aber jeden Tag, außer am Dienstag, wenn ich unterrichte.
Komponieren ist für mich wie Abhängigkeit. Ich muss es einfach tun. Ich bin also kein Vollzeit-Komponist, obwohl ich komponiere so oft ich kann.
D. J. Ich studiere noch Komposition an einer Hochschule, so beschäftige ich mich vor allem mit Komposition.
Können Sie die Zeit beschreiben, in der sie aufgewachsen sind? Können Sie Ihre Kindheit beschreiben?
Stammen Sie aus einer Familie mit musikalischen Traditionen?
D. J. Meine Mutter ist Pianistin. Sie hat viel zu Hause geübt. Musik war in meiner Kindheit auch zu Hause ein wichtiges Thema. Eines Tages habe ich auch angefangen Klavier zu spielen. Ich war sehr neugierig wie es ist, die Klänge auf einem Instrument erzeugen zu können.
D. D. Ich bin in einer großen City aufgewachsen. Ich habe zwar an einer Musikhochschule studiert, in meiner Familie gab es aber keine musikalischen Traditionen. Mein Vater war ein Schriftsteller, ich hatte also Vorstellungen von künstlerischer Kreativität.
Im Alter von neun Jahren habe ich mein Interesse an der Musik entdeckt. Wir hatten aber nicht mal ein Klavier oder eine CD-Anlage. Ich habe meinen Vater erst dazu gebracht, es zu kaufen.
Donnacha, nach dem Studium kehrten Sie zurück nach Irland und haben das Crash Ensemble gegründet. Können Sie mehr über dieses Projekt erzählen?
D. D. Nach meinem Rückkehr nach Dublin wollte ich ein Ensemble gründen, das neue Sachen im Bereich der zeitgenössischen Musik macht. Als Schwerpunkt habe ich Musik mit Verwendung von Multimedien gewählt.
Ich hatte sehr viel Glück, weil ich sehr gute Leute getroffen habe, die meine Initiativen teilten. Ich bin mit dem Ensemble sehr zufrieden. Als Komponist es ist fantastisch, die neuen Sachen sofort mit Musikern ausprobieren zu können.
Dagmara, ist Berlin ein guter Ort für neue Musik?
D. J. Auf jeden Fall. Es gibt viele renommierte Interpreten der neuen Musik, die in Berlin ihren Wohnsitz haben. Berlin ist auch eine Kulturmetropole, ein Treffpunkt für Künstler aller Sparten.
Donnacha an Dagmara: Gibt es eine Interaktion zwischen Konzertmusik und so genannter Underground Electronic Music?
D. J. In der Musik ist die Zusammenarbeit zwischen Künstlern besonders sichtbar. Wir inspirieren uns gegenseitig oder organisieren gemeinsam eine Veranstaltung oder ein Konzert und schauen, was dabei herauskommt. Die Künstler in Berlin sind sehr offen für Neuigkeiten und Experimente.
D. D.: Und wie sieht es in Polen aus?
D. J. Im Mai hatte ich ein Konzert in einem Schloss in Polen. Im ersten Teil des Konzertes wurde u. a. mein Stück Raasz für Sopran und Tonband gespielt, im zweiten Teil gab es die neusten Mixe von in Polen bekannten DJs.
Dagmara, Sie haben im Alter von 17 Jahren mit dem Studium begonnen. Wie war das möglich?
D. J. Bei einem Kompositionsseminar in Krakau habe ich Prof. Thomas Kessler, der aus der Schweiz kommt, kennen gelernt. Nachdem er meine Stücke sah, hat er gefragt, wie alt ich wäre.
Damals war ich 16 Jahre alt . Als er das hörte, fing er an zu lachen. Dann hat er mich in die Schweiz eingeladen, um die Hochschule für Musik zu sehen. Er erklärte, ich könnte ohne Abitur mit dem Studium anfangen. Das war für mich eine große Chance, in Polen kann man das Studium ohne Abitur nicht anfangen. So habe ich die Hochschule gesehen, dann die Aufnahmeprüfung bestanden und angefangen zu studieren.
Wie wichtig ist für Sie Inspiration?
D. D. Es wurde festgestellt, dass Kunst zu 95 % aus Arbeit und nur zu 5 % aus Inspiration besteht.
Ich hatte letztens ein sehr interessantes Interview mit John Tavener, einem englischen Komponisten. Er sagte, er hätte es gerne umgekehrt. Mir gefällt die Idee auch. Ich finde es sehr wichtig, spontane Ideen zu haben und nicht nur neue Konzepte auszudenken. Offenheit ist mir in meiner Arbeit sehr wichtig.
D. J. Inspiration ist heutzutage ein sehr altmodisches Wort, manche Künstler schämen sich überhaupt darüber zu sprechen. Für mich persönlich ist Inspiration eine Basis. Ohne Inspiration würde ich wahrscheinlich nicht in der Lage sein zu komponieren.
Ich lasse mich gerne von anderen Künstlern oder Kunstwerken inspirieren. Ich habe zum Beispiel ein Stück zu einem Bild von Salvador Dali komponiert. Im letzen Jahr hatte ich auch einen Auftrag zu einem Drama von Jean Racine - 'Phädra. Für mich ist Literatur auf eine spezielle Weise mit der Musik verbunden.
Von welchem Künstler fühlen Sie sich am meisten beeinflusst?
D. D. Als Kind habe ich mich sehr für Musik von Karlheinz Stockhausen interessiert. Dann habe ich die Musik von Steve Reich entdeckt. La Monte Young, Ligeti und Xenakis gehören auch zu den Komponisten, die mich sehr beeindruckt haben. Das sind meine musikalischen Faszinationen. In der Welt der Literatur bewundere ich vor allem Samuel Beckett.
Den amerikanischen Künstler Richard Serra finde ich auch beeindruckend, er beschäftigt sich mit Skulpturen aus Metall. Die Werke der deutschen Installationskünstlerin Rebecca Horn und des amerikanischen Künstlers Jackson Pollock sind mir auch sehr nah.
D. J. Als Kind habe ich für mich die Musik von Krzysztof Penderecki entdeckt. Die früheren Werke wie z. B. The Dream of Jacob, Anaklasis oder 'De natura Sonoris' waren für mich wie eine neue Welt. Vor allem dramaturgisch finde ich bis heute die Musik von Penderecki genial.
Witold Lutoslawski war mir schon immer das große Vorbild. Auch Malerei hat mich immer schon interessiert. Salvador Dali, Vincent van Gogh sowie Munch gehören zu meinen Lieblingsmalern. Die polnische Künstlerin Katarzyna Kozyra hat mich mit ihren Installationen sehr beeindruckt.
Sie schreiben die Auftragskompositionen für viele Ensembles und Solisten.
Gibt es einen Unterschied zwischen Kompositionen, die Sie als Auftrag schreiben und zwischen solchen, die Sie nicht für eine geplante Uraufführung komponieren?
D. J. Ja, für mich gibt es schon einen Unterschied. Wenn ich ein Auftragswerk schreibe, fokussiere ich mich vor allem auf den Künstler, von dem der Auftrag kommt oder auf das Thema, das mir gegeben wurde. Bei Aufträgen von Musikern ist mir die Persönlichkeit des Aufführenden sehr wichtig. Ich schreibe gerne Widmungen, so muss ich natürlich den Menschen kennen lernen, seine Art spüren und das Stück ihm anpassen, damit er sich bei der Aufführung wohl fühlen kann und ihm das Stück gefällt. Die Persönlichkeit des Künstlers ist mir dabei enorm wichtig. Es gibt auch eine gewisse Erwartungshaltung bei Aufträgen. Ich muss mein Stück genau einpassen zwischen dem, was ich gerne schreiben möchte und dem, was der Auftragsgeber von mir haben möchte.
Ich schreibe aber gerne Auftragskompositionen. Diese Aufregung bei der Arbeit ist für mich sehr inspirierend.
D. D. Ich schreibe sowohl Auftragskompositionen wie Stücke die ich gerade gerne komponieren möchte. Ich erinnere mich an meinen ersten Auftrag. Es war vor allem sehr anstrengend. Bei Aufträgen muss man die Termine anhalten.
Jetzt habe ich aber eine soweit angenehme Situation, dass die Auftragswerke, die ich schreibe, genau die Kompositionen sind, die ich auch ohne Auftrag komponieren würde.
D. J. Das ist doch wunderbar.
D. D. Ja, finde ich auch. Es ist natürlich auch bisschen anders, wenn man ein Stück für ein Ensemble komponiert, das man wirklich bewundert. Es war so bei einem Auftrag für Bang On A Can. Ich wusste, was sie bisher gespielt haben und ich war richtig nervös, ob ich ein Stück komponieren kann, das gut genug ist.
Komponieren Sie gerne für Orchester?
D. J. Orchester sind für mich ein spezielles Instrument. Es fordert einen anderes Denken. Bei so einer Anzahl von Musikern und einem so großen Aufführungsapparat muss man sehr genau wissen, was man will. Es ist eine Sache der Planung, aber auch der Kompositionstechnik. Nicht jede Sache, die auf den ersten Blick gut funktionieren soll, klingt in der Tat gut.
Es ist also eine Erfahrungsfrage.
D. D. Das stimmt. Bei mir sieht es ähnlich aus. Ich versuche bei einem Orchesterstück die Ideen umzusetzen, die bei einer anderen Besetzung nie funktionieren würden. Ich bin immer von der Masse des Klanges begeistert, die das Orchester produzieren kann. Immerhin ist das die größte Besetzung.
Dagmara an Donnacha: Also, wie viele Stücke hast Du für Orchester geschrieben?
D. D. Vier, ohne meinen neusten Auftrag, den ich gerade komponiere.
Dagmara an Donnacha:Hat sich die Art und Weise, wie Du Deine Orchesterstücke komponierst, im Laufe der Zeit geändert?
D. D. Ja, auf jedem Fall. Die Betrachtung der Verdopplung von Instrumenten hat sich bei mir sehr geändert. Zehn Geigen klingen natürlich ganz anders und fordern ein anderes kompositorisches Denken als eine Solovioline.
Donnacha, wie sah die Arbeit zu Ihrem letzten Stück 'Elastic Harmonic' aus?
D. D. 'Elastic Harmonic' war ein Auftrag vom RTE - Fernsehen. Es war für mich ein bisschen merkwürdig, weil das Stück nicht vor einem Publikum uraufgeführt, sondern einfach im Studio aufgenommen wurde.
Dagmara an Donnacha: War es auch ein Orchesterstück?
D. D. Das war für Geige und Orchester. So eine Art von Violinkonzert.
In dem Stück waren mir vor allem die sehr, sehr langsamen Änderungen von harmonischen Strukturen wichtig, davon kommt auch der Titel.
Fühlen Sie sich verantwortlich Ihrem Publikum gegenüber?
D. J. Komponieren war für mich immer eine sehr private Sache. Als ich 14 Jahre alt war, war es für mich schon ein großes Problem, meine Stücke in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Es war so, als würde ich meine geheimen Gedanken veröffentlichen. Der Wettbewerb war natürlich keine Ausnahme. Bei dieser Angelegenheit habe ich mich mit meiner Angst, meine Musik in der Öffentlichkeit zu präsentieren, auseinandergesetzt. Ich respektiere mein Publikum, es ist mir aber nicht sehr wichtig, den Erwartungen und Vorstellungen nachzukommen.
D. D. Ich denke, Du hast Recht. Es wurde gesagt, wenn Du Dich für Dein Publikum verantwortlich fühlst, bist Du als Künstler tot. Ich bin froh wenn ich sehe, dass meine Musik dem Publikum gefällt, aber ich komponiere nicht direkt für bestimmte Leute. Ich versuche den Trends nie zu folgen.
Dagmara, hat der Kompositionswettbewerb 'Patri Patriae' viel in Ihrem Leben verändert?
D. J. Ja, auf jeden Fall. Es war der Anfang meines kompositorischen Werdeganges. Im Alter von 13 Jahren weiß man natürlich selten, was man im Leben machen möchte. Nachdem ich aber den Patri Patriae-Wettbewerb gewonnen habe, war mir klar, dass ich Komponistin werde.
Die Jury, vor allem der Vorsitzende, Wojciech Kilar, der die Musik zu 'Dracula' von Francis Ford Coppola und zu der 'Pianist' von Roman Polanski komponierte, war für mich ein großes Vorbild.
Dagmara, Ihr Vater stammt aus Nigeria, fühlen Sie sich mehr nigerianisch oder polnisch? Hat Ihre Herkunft einen Einfluss auf Ihre Musik?
D. J. Ich bin in Polen geboren und aufgewachsen. Ich bin also Polin. Meine Herkunft hat eigentlich gar keinen Einfluss auf meine Musik.
Können Sie die Stücke nennen, die Sie selber gerne hören?
D. D. Meine beliebteste Komposition ist Sacre du printemps (Das Frühlingsopfer) von Igor Stravinsky. Ich mag auch 'Monument' von Ligeti für zwei Klaviere, 'Dusk' von Robert Ashley und 'Music for 18 musicians ' von Steve Reich. Ich mag auch Musik von Björk.
D. J. Björk mag ich auch sehr. Es gibt verschiedene Stücke, die mir gefallen. Z. B. 'Der Traum von Jakob' von Penderecki oder manche Werke von Steve Reich. Letztens habe ich 'Eight Lines' gehört und bin davon begeistert, vor allem von der rhythmischen und harmonischen Struktur, was bei Reich typisch, aber bei anderen Komponisten nicht zu finden ist.
Können Sie etwas über Ihre zukünftigen Projekte sagen?
D. J. Innerhalb der nächsten drei Monaten muss ich mein Stück 'Raven's eye', ein Auftrag des Berliner Sängers Martin Backhaus, zu Ende bringen. Dann habe ich vor, den zweiten Teil des Stückes 'Fragile' für Klavier und Tonband zu komponieren.
D. D. Ich arbeite gerade an einem Stück für Chor und Orchester, einem Auftrag der BBC. Dann habe ich vor, ein Stück für Klavier und Live-Electronics für Lisa Moore zu komponieren. Als Nächstes auf meinem Plan steht ein Stück, das ich für das Crash Ensemble
schreibe; für traditionellen irischen Gesang, Ensemble und Live-Electronics. Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit meinem Ensemble. Es ist immer sehr spannend, die verschiedenen Variationen eines Stückes ausprobieren zu können, ohne Zeitbegrenzung.
Arbeiten Sie gerne mit anderen Künstlern zusammen?
D. D. Ich schätze die Arbeit mit gutem Choreografen. Ich habe mit einer indischen Choreografin gearbeitet. Sie heißt Shobana Jeyasight und lebt in London.
D. J. Mich inspiriert vor allem Malerei, deswegen arbeite ich gerne mit Malern zusammen. Marcin Stefanski hat für mich drei Bilder gemalt, dazu habe ich die Musik komponiert.
Letztlich hatte ich auch die Möglichkeit, mit einem Librettist, Tomasz Czyz, zu arbeiten. Er hat den Text zu meinem Stück 'L 'ombre, l'image et le silence' verfasst.
Zu diesem Stück habe ich auch mein eigenes Video mit einer Schauspielerin, Hanna Piechocinska, gedreht. Sie ist eine wunderbare Schauspielerin, ich bin begeistert, wie viele Emotionen sie nur mit ihrem Gesicht oder nur mit den Händen ausdrücken kann.
Dagmara an Donnacha: Du hast gesagt, Du fühlst Dich wie ein Outsider. Meintest Du das in Bezug auf Dich selbst oder eher auf Deine Musik?
D. D. Beides, Es ist bei mir eine allgemeine Lebenseinstellung. Ich bin gegen Institutionen, gegen Behörden und gegen dieses strukturelle Denken.
D. J. Du bist aber Hochschullehrer.
D. D. Ja, das war aber Zufall!
D. J. Ach ja. . . ?
D. D. Ich bin aber kein richtiger Lehrer, Oder doch?
D. J. Wir sitzen gerade in Deinem Büro im Trinity College.
D. D. Weil es das einzige Ort ist, wo wir uns in Ruhe unterhalten können.
D. J. Siehst Du hier kein Paradoxon?
D. D. Nicht wirklich. (lacht)
Donnacha, Sie wurden gerade zur 'Aosd ána' (vom Staat gegründeter Akademie für Künstler) gewählt. Von welcher Bedeutung ist das für Sie?
D. D. Ich bin sehr glücklich. Damit kriege ich eine finanzielle Basis für mein kompositorisches Leben.
D. J. Und Du bist Mitglied einer Institution. (lacht)
D. D. Ja, genau. Das macht mir bisschen Sorgen. Aber trotzdem. (lacht)
Dagmara, Sie wurden gerade in den Polnischen Komponistenverband gewählt.
Wie fühlen Sie sich damit?
D. J. Ich bin vor allem sehr dankbar, dass ich in einen Verband gewählt wurde, zu dem renommierten Komponisten wie z. B. Krzysztof Penderecki oder Henryk Gorecki gehören. Es ist mir eine große Ehre, besonders, dass ich damit mit 21 Jahren nicht gerechnet habe.
Außer klassischer Musik hören Sie welche Musik am liebsten?
D. J. Mir gefällt Irische Volksmusik (lacht), außerdem höre ich gerne Björk, Massive Attack, manchmal auch Jazz.
D. D. Hörst Du auch gerne afrikanische Musik?
D. J. Nein, davon habe ich keine Ahnung. Hörst Du es gerne?
D. D. Ja, ich liebe afrikanische Musik. Simha Arom zum Beispiel. Ich mag Björk, Tom Waits und David Bowie.
Dagmara, Sie haben im Alter von 17 Jahren einen ersten Preis und einen Preis für eine junge Komponistin beim 'Musica Nova'-Kompositionswettbewerb in Prag gewonnen. Waren Sie überrascht?
D. J. Ja, auf jedem Fall. Es gab sehr viele Teilnehmer, auch schon renommierte Komponisten. Alle waren älter als ich und ich fühlte mich bei der Preisverleihung schon seltsam. Aber ich empfinde es als eine sehr wichtige Erfahrung.
Dagmara, können Sie etwas über Ihr Stück 'L'ombre, l 'image et le silence' erzählen?
D. J. 'L'ombre, l 'image et le silence' war eine Auftragskomposition für das Lutoslawski Festival in Polen. Ich sollte ein Stück schreiben, das von dem Trauerspiel 'Phädra' von Jean Racine inspiriert ist. Phädra ist die Gemahlin des Königs von Athen, Theseus, die sich in ihrem Stiefsohn unglücklich verliebt.
Ich wollte ein Stück schreiben, wo sich die Geschichte, die der Sprecher erzählt, mit der Musik integriert und auch mit dem Film, auf dem eine Schauspielerin als Phädra zu sehen ist, in Verbindung steht. Es ist mir auch gelungen, wobei die Tatsache, dass man so viele Medien miteinander verkoppeln muss, die Arbeit auf dem Stück nicht leicht macht.
Schlusswort?
D. D. The End.