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September 2006
Christina Mohr
für satt.org


Hushpuppies:
The Trap
Faith Recordings, Rough Trade 2006

Cover
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Hushpuppies

Hushpuppies

Frankreich gilt nicht gerade als Hochburg des Hipster-Rock'n'Rolls. Wer heutzutage von modernem Rock spricht, meint die Arctic Monkeys, die Strokes, Franz Ferdinand, Maximo Park. Meint Amerika, vielleicht noch Schweden wegen Mando Diao, aber vor allem Great Britain. Mit den HushPuppies, fünf schnieken Mod-Boys aus Perpignan könnte sich das ändern. Sie begannen als The Likyds sixtiesbeeinflußten Garagerock zu spielen, nannten sich bald darauf HushPuppies - ohne „The“! - und landeten schließlich auf Benjamin Diamonds Label Diamondtraxx (in Deutschland wird die Platte über Faith Recordings/Rough Trade vertrieben). Ihr Album „The Trap“ besteht zum vorwiegenden Teil aus wilden, knackigen Rocksongs, vor allem der Opener „1975“ und „You're Gonna Say Yeah“ sind mitreißende Kracher, die live für viel Freude sorgen werden. Damit es nicht zu eintönig wird, streuen HushPuppies immer mal wieder romantische, keyboardlastige Sprengsel ein, besonders hübsch klingt das in „Marthelot 'n' Clavencine“ - schließlich sind ja auch immer viele Mädels im Publikum (siehe Interview weiter unten). Auffallendes Merkmal der HushPuppies: sie singen konsequent in Englisch, als hätte es Johnny Hallyday nie gegeben. Warum machen sie keine französischen Lyrics? Geht Rock'n'Roll nur in english? Lest hier, was Olivier Jourdan, Sänger der HushPuppies, auf die satt.org-Fragen antwortet:

Gibt es eine Rockszene in Frankreich? Hier in Deutschland kennt man außer Euch höchstens noch Bikini Machine – welche Bands gibt es außerdem?

Olivier Jourdan: Ja, es gibt eine französische Rockszene, aber die ist nicht sehr populär, weil englisch gesungene Texte bei uns nicht so angesagt sind.
Aber es gibt natürlich einige Bands, die Rock spielen: As Dragon, British Aiwai, Toxic Kiss, The Bellas.

Ihr singt ausschließlich englische Texte – glaubt Ihr, daß Englisch die universale Sprache von Pop und Rock'n'Roll ist?

OJ: Unbedingt! Englisch ist die Sprache des Rock'n'Roll! Hier in Frankreich singen viele Bands französisch, aber das klingt kein bißchen nach Rock! Dieser Stil nennt sich „Rock Francais“ (bekannteste Band des Genres: Noir Désir). Wir machen das nicht, wir sind ambitionierter und wollen einfach Rock spielen!


Hushpuppies auf Tour:
22.09 Hamburg / Molotow
23.09 Berlin / Knaack
24.09 Bielefeld / Forum
25.09 Köln / Gebäude 9
26.09 Dresden / Star Club
27.09 München / Atomic Cafe

Würdet Ihr Euch selbst als Mod-Band bezeichnen, oder sind solche Klassifizierungen unwichtig für Euch?

OJ: Klassifizierungen interessieren uns nicht. Wir stammen aus der Modszene Perpignans, aber die haben wir inzwischen hinter uns gelassen. Wir lassen uns von verschiedenen Einflüssen leiten. Das sind nicht unbedingt berühmte Bands, einfach aufregende Acts, die wir als Kids live in Perpignan erlebt haben. Bands wie The Feedbacks und die Beach Bitches. Perpignan-Garage-Sound.

Wie wichtig ist Euch Mode?

OJ: Schon recht wichtig, schätze ich, obwohl wir nicht „hottest fashion“ sind. Wir mögen es einfach, auf der Bühne gut angezogen zu sein.

Besteht Euer Publikum mehr aus Jungs oder mehr aus Mädchen?

OJ: Ich weiß nicht genau … aber ich glaube, mehr aus Mädchen. Jedenfalls hören wir die Mädchen deutlicher als die Jungs!

Im ersten Song auf „The Trap“ singst du „I was born in the seventies – 1975“. Was bedeutet Euch die Musik der Sechziger? Und die der Achtziger?

OJ: Aus den Sixties kommen unsere ersten Einflüsse, weil wir uns eben in der Modszene bewegt haben. Wir haben damals die Peebles-Compilations gecovert …. mit Songs wie „Action Women“ von den Electras oder „Girl“ von ? and the Mysterians. Die Achtziger repräsentieren alles, was wir vermeiden wollen! Alles war so abstoßend damals! Abgesehen von einigen Ausnahmen wie Factory Records kam nichts gutes aus diesem Jahrzehnt!

Einer Eurer Songs heißt „Bassautobahn“ - eine Anspielung auf Kraftwerk?

OJ: Klar! Einige Stücke auf unserem Album basieren auf Wiederholungen. Wir lieben Kraftwerk und Krautrock im Allgemeinen (Can, Electrelane). Als wir „Bassautobahn“ aufnahmen, habe ich aus Spaß die Lyrics von „Radioactivity“ gesungen, also wollten wir auch im Titel auf Kraftwerk hinweisen.

Was kommt zuerst, wenn Ihr neue Stücke aufnehmt? Text oder Melodie?

OJ: Die Melodie. Meistens machen wir Jam Sessions, und wenn ich eine Melodie gefunden habe und der eigentliche Song fast fertig ist, schreiben wir die Lyrics dazu.

Haben Franz Ferdinand als eine Art Türöffner für Euch funktioniert? Oder sind Bands wie sie in erster Linie Konkurrenten für Euch?

OJ: Ich denke, daß große Bands wie Franz Ferdinand schon sehr hilfreich für uns sind, weil sie Rockmusik wieder schick gemacht haben. Aber eigentlich hat es mit „Is This It“ von den Strokes angefangen: durch diese Platte sind auch Leute auf unsere Musik gestoßen, die vorher gar nichts mit „richtigem“ Rock anfangen konnten.

Euer Album ist zuerst auf Benjamin Diamonds Label Diamondtraxx erschienen – wie lange kennt Ihr Euch schon?

OJ: Inzwischen etwas länger als ein Jahr. Wir haben ihn getroffen, weil er eine Band für eine Compilation suchte. Wir gaben ihm unser Demo und er mochte einen Song daraus. Aber nachdem er uns live gesehen hatte, entschloß er sich, uns für unsere erste EP zu signen und danach für unser Album!

Hattet Ihr bisher markenrechtliche Probleme mit dem Schuhhersteller „Hush Puppies“?

OJ: Überhaupt nicht! Ich habe gehört, daß Hush Puppies Frankreich versucht hat, unseren Manager zu erreichen, weil sie uns unterstützen wollen! Aber darüber weiß ich noch nichts genaues.

Ihr habt kürzlich auf dem Melt!-Festival in Gräfenhainichen gespielt – wie hat es Euch dort gefallen?

OJ: Das war großartig! Wir haben auf einer kleinen Bühne gespielt, aber es waren jede Menge Leute da, die richtig abgegangen sind. Ich erkannte einige Leute wieder, die schon bei unserem Konzert in Köln waren und mit denen wir nach der Show im Blue Note gefeiert hatten. Es war schön zu sehen, dass Leute offenbar wegen uns gekommen waren und alle im Publikum ihren Spaß hatten.

Was war Deine seltsamste Tourerfahrung bis jetzt?

OJ: Hmmm … vielleicht der Abend, als wir Opener für die Stooges beim „Papillons de Nuit“-Festival in Frankreich waren. Ich bin ins Publikum gegangen, um mir das Konzert anzuschauen und auf einmal lag ich unter fünf Leuten auf dem Boden. Dabei brach ich mir eine Rippe – das war wirklich „no fun“!

Vielen Dank für das Interview! Und bis bald bei Euren Konzerten in Deutschland!