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September 2006
Christina Mohr
für satt.org


Dani Siciliano:
Slappers
!K7 2006

Cover
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Dani Siciliano: Slappers

Dani Siciliano ist die weibliche Stimme auf Matthew Herberts Alben „Around the House“, „Goodbye Swingtime“, „Bodily Functions“ und seiner aktuellen Platte „Scale“. Dass Frau Siciliano an Herrn Herberts Aufnahmen so oft beteiligt ist, liegt daran, dass die beiden rein zufällig ein Paar sind – und sich auch musikalisch bestens ergänzen. Doch Dani Siciliano ist kein schmückendes Beiwerk, keine Muse für einen männlichen „Hauptkünstler“, das zeigte sie vor bereits vor zwei Jahren eindrucksvoll mit ihrem ersten Soloalbum „Likes“. Siciliano ist aber nicht nur Sängerin, sie ist als Produzentin und Komponistin tätig und außerdem häufig als DJ unterwegs, so auch demnächst beim Popdeurope-Festival in Berlin (7. - 9.9.).

Nun ist „Slappers“ fertig, laut Promotext bringt die Platte „den Kopf zum Tanzen und die Füße zum Denken.“ Besser kann man kaum ausdrücken, was die elf Tracks auslösen: Dani Siciliano mixt mit Verve Funk, Soul, House, Elektronik und Blues (!), ihre warme Stimme setzt darauf den unverwechselbaren Stempel. Im Titelsong (dessen Rhythmus übrigens auf nackten Hintern geklopft, „geslapt“ wurde) skandiert sie „if you speak, speak your mind, use your head, not your behind!“, Tanzmusik für Arsch und Hirn also. Doch die Grooves sind kompliziert, man stolpert über Sicilianos trickreich gespannte Rhythmusfäden. Überhaupt muß man sich den Haushalt Herbert/Siciliano als großes Spielzimmer vorstellen, in dem jeder Gegenstand auf seine musikalische Verwertbarkeit getestet wird, beide verwenden mit Vorliebe ungewöhnliche Instrumente beziehungsweise zweckentfremdete Gegenstände. So setzt sie in „They Can Wait“, einem dunkel-elektronischen Stück, das sich träge und Tom-Waits-artig in den Gehörgängen verankert, für den Percussionteil sogenannte „True Love Waits“-Ringe ein. Mit diesen Ringen verweisen amerikanische Highschoolkids auf ihr selbstgewähltes Keuschheitsgelübde und schon hat Frau Siciliano eine zusätzliche Ebene eingebaut, die den Rezipienten elegant zum genauen und mehrmaligen Hinhören zwingt.

Höhepunkt der an ebendiesen nicht gerade armen Platte ist „Why Can't I Make You High“, ein schräger digitaler Blues-Country-Shuffle, den man sich gut als Duett Dani/Holly Golightly vorstellen kann mit den Violent Femmes als Backgroundband. Für diese Aufnahme lud sie zur gesanglichen Unterstützung Ingrid und Kitty von der britischen Rockabilly-Band Kitty, Daisy & Lewis ein, dazu wird mit Kontrabässen und anderen, eher undefinierbaren Instrumenten ausgelassen herumgewirbelt (Erbsen? In einer Büchse? Küchengeräte?), dass man sofort ein großes Glas Schnaps trinken will, um mittun zu können.

„Frozen“ scheint dann von einem ganz anderen Planeten zu stammen, verlangsamter Rhythmus, aber kraftvoll, sehr intensive Vocals; „Too Young“ klingt technoid-elektronisch mit Ms. Sicilianos eindringlich vertonten Zeilen „I was much too young / for such a kiss“, es wird geflüstert, geschnarrt und auch bei den nächsten Songs, „Think Twice“ und „Big time“ schält sich aus all den obskuren Geräuschen eine eingängige Melodie heraus.

„Come back, come back, come back“ fordert Dani in „Repeats“, das verhaltene Bläser über einen lauernden Gitarrenpart schichtet, „Wifey“ ist zersplitterter Elektro, das letzte Stück „Be my Producer“ ist eine augenzwinkernder Flirt mit Matthew Herbert, „be my seducer, make it right“, heißt es im Text und es dürfte klar sein, dass das Paar Herbert/Siciliano außer Musikmachen noch einige andere Dinge gern gemeinsam tut. Insgesamt ist „Slappers“ eine spannende Überraschung, selbst wenn man die Platte zum zehnten Mal auflegt, entdeckt man vorher Ungehörtes – würden bei satt.org Punkte oder Sternchen verteilt, für „Slappers“ gäbe es die Höchstwertung!