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Diese noble Gesinnung artet zum Glück nicht in salbaderndes Gutmenschentum aus, nein, The Thermals rocken wie Sau, eindringlich, überschwänglich, aufrichtig, emotional und voller Energie. Guided by Voices und Hüsker Dü werden oft zum Vergleich herangezogen, The Thermals selbst nennen ihre Musik „Post-Pop-Punk“ und „Neo-Grunge“ und treffen mit diesen Wortschöpfungen alle Nägel auf die Köpfe – besser kann man ihren Garagen-Euphorie-Punk nicht beschreiben. Brendan Canty von Fugazi hat das neue Album produziert, die Collagen im Booklet erinnern an frühes Dead-Kennedys-Design und schon ist man mitten drin im guten Teil des American Punkrock. Zwei Jahre ist es her, dass The Thermals mit dem Album „Fuckin' A“ und dem darin enthaltenen Überhit „How We Know“ die Welt (und mit dem dazugehörigen Video sogar MTV!) im Sturm eroberten. Das erste Album von 2003, „More Parts Per Million“ verschaffte ihnen die ersten Freunde, eine gute Sache bahnte sich an, das war klar. Unvergessen bleibt mir das Konzert im Frankfurter Cooky's, August 2004, der Laden war gerammelt voll, das Wasser lief buchstäblich von den Wänden, Band und Publikum gaben alles – Abende wie dieser verleihen Kraft und Optimismus für Wochen, wenn nicht Jahre. Nun also „The Body, The Blood, The Machine“. Schwieriges drittes Album? Nicht für The Thermals – trotz durchaus ungünstiger Voraussetzungen: Schlagzeuger Jordan Hudson verließ Ende 2005 die Band, weshalb Bassistin Kathy Foster im Studio auch die Drums einspielte. Live werden The Thermals künftig von Caitlin Love unterstützt, die schon bei Desert City Soundtrack und den Lead Veins trommelte. Obwohl die neue Platte einen thematischen Überbau hat - die USA als christlich-faschistischer Staat und die Notwendigkeit, aus diesem Staat zu fliehen, ganz real also - ist „The Body, The Blood, The Machine“ kein wirkliches Konzeptalbum. Jeder Song steht für sich alleine, alle zusammen ergeben ein schlüssiges, eindringliches Gesamtbild. Here's your future – der erste Song ist ein Aufruf, eine Warnung, ein Fanal: perfekte Punkrock-Dramaturgie, spannungsgeladener Anfang, spät einsetzendes, erlösendes Schlagzeug, die bebende Stimme von Hutch Harris über einem angedeutenden Sex-Pistols-Riff – wow! Mit „I Might Need You to Kill“ nehmen die Thermals das Tempo etwas heraus, umso beklemmender ist der Text: „I might need you to lead / and part the sea so we can cross / If they follow us still / I might need you to kill / every room and every human / at will“. Mit dem Song „A Pillar of Salt“ behält die Band das biblische Setting bei und man bekommt eine der euphorischsten Gitarren ever heard präsentiert (wee-ow-wee-ow-wee-ow); „Returning to the Fold“ basiert auf einem bluesrockigen AC/DC-Riff, „Test Pattern“ ist trotz seines verhaltenen Anfangs keine Ballade, aber hier spielt die Band sehr gently, sehr zart. „St. Rosa and the Swallows“ rockt wieder gewaltig, sich-überschlagend, dann abrupt innehaltend, wie einstmals die Pixies. „Back to the Sea“ verweist auf die Emo-Core-Roots der Band, „Power doesn't turn on Nothing“ mit seinem widersprüchlichen Titel ist ein Thermals-Song par excellence, ein Hitnachfolger für „How We Know it“, der Text ist eine Abrechnung mit den USA und jedem hierarchischen System überhaupt: „We are old as hell / we are old and tell the children / when to kill / when to sit still“, gehetzt und atemlos rennt dieser Song, der für TT-Verhältnisse mit über fünf Minuten schon fast elegisch lang geraten ist. Das letzte Stück, „I hold the Sound“ endet in einem White-Noise-Gewitter. Mehr als insgesamt eine halbe Stunde brauchen die Thermals nicht, um alles klar zu machen. Man bleibt euphorisiert und staunend zurück. Und macht die Platte gleich nochmal an. |
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