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Oktober 2006
Christina Mohr
für satt.org


Cerys Matthews:
Never Said Goodbye
Rough Trade 2006

Cerys Matthews: Never Said Goodbye
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Cerys Matthews:
Never Said Goodbye

Mit ihrer Band Catatonia hat Cerys Matthews Mitte der neunziger Jahre den Britpop-Hype maßgeblich mitgestaltet. Die fünf Waliser machten nicht nur durch zauberhafte Platten wie „Equally Cursed and Blessed“ oder „International Velvet“ auf sich aufmerksam, die Bandmitglieder und besonders Cerys selbst zeichneten sich durch enorme Trinkfestigkeit aus und erlangten einen ähnlich berüchtigten Status wie sonst nur die Gallagher-Brüder (nur sah und sieht Cerys deutlich hübscher aus).

Trotz Charthits wie „Mulder & Scully“ und „Road Rage“ ist 2001 Schluß für Catatonia, die letzte LP „Paper Scissors Stone“ erscheint, danach trennt sich die Band im Unfrieden. Für Cerys Matthews bleibt nur eine radikale Kehrtwendung: sie entschließt sich zu einer Entziehungskur, heiratet, bekommt Kinder. Doch ohne Musik ist ihr Leben nicht komplett, 2003 erscheint ihr „trockenes“ Solodebüt „Cockahoop“. Die Freude über die Rückkehr der Sängerin ins Popbiz ist groß, wenn auch der große Wurf noch auszustehen scheint. Dieser wird nun mit „Never Said Goodbye“ gelingen: was auf „Cockahoop“ noch skizzenhaft, flüchtig dahingetuscht erschien, ist nun zu vollmundigem Songwriting gereift – „Never Said Goodbye“ changiert in vielen Farben; kraftvolle Balladen wechseln sich mit leichtfüßigem Folkpop ab, Cerys' Stimme klingt vertraut-krächzend wie früher, immer ein bißchen kaputt und kaum ladylike, aber warm und voller Liebe wie noch nie.

Den Hang zum „großen“ Popsong hat Cerys Matthews auch in der Post-Catatonia-Zeit nie verloren, Songs wie „Open Roads“, „Morning Sunshine“ und „Streets of New York“ sind kleine Meisterwerke, Perlen mit Rissen auf der glänzenden Oberfläche. Cerys Matthews hat mit dieser Platte zu sich selbst gefunden, so platt und abgeschmackt das klingen mag. Freundlicherweise war sie zu einem kleinen satt.org-Interview bereit:

Im Refrain von „Streets of New York“ heißt es „I'm somewhere I don't want to be“ - bezieht sich die Zeile wörtlich auf NY?

Cerys Matthews: Ja, das tut sie. Ich erinnere mich an meine Ankunft in New York, ich war überwältigt von Lärm und der Größe der Stadt und wußte gleichzeitig, dass ich eine Weile dort bleiben mußte.

Haßt Du große Städte wie New York?

CM: Nein, eigentlich liebe ich New York, es ist nur das Ankommen dort oder in jeder anderen großen Stadt. Als Fremde an einem unbekannten Ort ist es zu Anfang immer hart …

Wo fühlst Du Dich mehr zu Hause – in den USA oder in Wales?

CM: Im Moment bin ich im Westen von Wales, direkt an der Küste der irischen See, mit ihren Kliffs und all' den Tieren, die dort leben. Wie immer fühle ich mich dort sehr zu Hause … Obwohl es einige Aspekte meines Lebens in den USA gibt, die ich sehr vermisse, vor allem meine Freunde dort, das feucht-warme Wetter und ich spiele gern mit den Glühwürmchen auf meiner Veranda.

Wo sind die Songs Deines neuen Albums entstanden?

CM: Ich habe die Songs in Amerika geschrieben, bei manchen ist der Einfluß direkt spürbar. “Streets of New York“ ist ein Beispiel dafür. Und einige sind durch Erinnerungen an zu Hause, also an Wales entstanden, wie „Open Roads“ und „Elen“, das letzte Stück auf dem Album, das ich auf walisisch singe.

Was hat sich für Dich seit Deinem ersten Soloalbum „Cockahoop“ musikalisch und privat verändert?

CM: Musikalisch gesehen fühlte ich die Notwendigkeit, ein “lauteres“ Album zu machen, aber mein Geschmack hat sich seit den Catatonia-Tagen eigentlich nicht geändert. Ich liebe immer noch die großen Melodien. Privat hat sich einiges verändert – ich habe geheiratet und zwei Kinder bekommen, das ist wirklich total anders als früher!

Unterscheidest Du zwischen einer privaten und einer öffentlichen Cerys?

Ich glaube, es gibt nur eine. Ich bin keine Schauspielerin oder sowas, ich liebe einfach die Musik.

Was würdest Du tun, wenn Du keine Musikerin wärst?

CM: Wahrscheinlich wäre ich eine Bauersfrau oder eine Fischerin.

Wirst Du live auftreten?

CM: Oh ja, es ist höchste Zeit! Ich fange in dieser Woche an, mit einer Band zu proben und kann es nicht mehr erwarten, endlich aufzutreten!

Tut es weh, über Catatonia zu sprechen oder ist es in Ordnung, dass die Band nun Geschichte ist?

CM: Es ist ok! Ich wollte, dass es vorbei ist.

Ist der Songtitel „Open Roads“ programmatisch zu lesen?

CM: Ja, ich liebe es, Musik im Auto zu hören, einfach ohne Ziel irgendwohin zu fahren. Obwohl ich das nicht mehr machen werde wegen der Umwelt.

Wer beeinflußt Dich?

CM: Ich werde von allem beeinflußt, was ich höre – von Bob Dylan, den Talking Heads, Otis Redding, Vetiver, Meic Stevens …

Welche Musik hörst Du am liebsten zu Hause?

CM: Im Moment höre ich Meic Stevens' Reissues – er ist ein alter walisischer Folksänger aus den 60er- und 70er-JahrenWhat kind of music do you like to listen to at home?right

 … und unterwegs?

CM: Alles, was die anderen mit in den Bus bringen, und eine Menge britischer Comedy wie zum Beispiel „Little Britain“ (The Fast Show League of Gentlemen).

Dein Lieblingssong auf „Never Said Goodbye“:

CM: Ich liebe „Morning Sunshine“. Es vermittelt Hoffnung und Energie.