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Dezember 2006
Thomas Stein
für satt.org

Musik für Jungs


BOY KILL BOY:
Civillian

Import, Megaphon

Boy Kill Boy
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BOY KILL BOY
Da wird doch nicht jemand? Doch, da hat jemand wohl ziemlich oft die Killers gehört! Das ist doch fast eins zu eins übernommen worden. Und der Sänger ist die perfekte Kopie des Killers-Frontman. Zumindest von der Stimme her. Dazu noch ein wenig Maximo Park. Fertig ist das Endprodukt.
Schade eigentlich, denn „Civillian“ der aus London stammenden Boy Kill Boy besitzt einige starke Momente. Eingängige Melodien werden getragen von Gitarre und Keyboard sowie der schon genannten Stimme. Tanzflächenfüller gibt es zu genüge auf dem Debüt der vier Jungs, sei es „Back Again“, „Six Minutes“ oder das in England schwer abgefeierte „Suzie“. Also eigentlich eine Platte, die zu gefallen wüsste. Ja, wenn da nicht schon die Originale da wären, die gerade im Fall der Killers nicht besser sind, aber leider zuerst da waren und den Verdienst einfahren. Mit etwas mehr Eigenständigkeit und Experimentierfreudigkeit hätte „Civillian“ leicht aus der Reihe der sogenannten Nachfolgebands heraustreten können. Vielleicht beim nächsten Mal.


MILBURN:
Well Well Well

Mercury, Universal

Milburn
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MILBURN
Sodele, da wäre also die nächste Band von der Insel. Beheimatet in Sheffield. Genau, da kommen auch die Arctic Monkeys her. Man ist im selben Alter, kennt sich und war auch schon gemeinsam auf Tour. Schön, das hört man. Nein, schlecht ist das Debüt von Milburn nicht. Sagen wir einfach Durchschnitt. Es wird zwar auf Teufel komm' raus gerockt. Auch sind eingängige Melodien ebenso wie Skaeinflüsse auf „Well Well Well“ zu finden. Coolness haben die Sheffield-Boys schon. Doch zu oft hat man die verschiedenen hooks schon gehört, sei es bei den Kaiser Chiefs, Maximo Park oder eben den Jungs aus der Nachbarschaft. Aber wer auf die genannten Bands steht, der dürfte auch hier seine wahre Freude dran haben. Etwas mehr Abwechslung hätte „Well Well Well“, welches von Dave Eringa (Manic Street Preachers, Ash und Idlewild) produziert wurde, meiner Meinung nach gut zu Gesicht gestanden.


MOGWAI:
Zidane: a 21st
Century Portrait

Pias, Rough Trade

Mogwai
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MOGWAI
Wer kann sich nicht an den Kopfstoss erinnern, mit welchem Zinedine Zidane seine einzigartige Karriere als Fussballer beendete? Mehrfacher Meister in verschiedenen Ligen, Gewinner des Landesmeisterpokals sowie Welt- und Europameister. Technisch begnadet wie nur ganz wenige vor ihm.
Diesem Spieler haben Douglas Gordon und Phillipe Parreno mit ihrem Film „Zidane“ A 21st Century Portrait“ einen Abgesang gewidmet. Aufgenommen wurde dieser im April 2005 beim Spiel Real Madrid gegen Villareal im Stadion Santiago Bernabeu. Mit insgesamt 17 Kameras wurde versucht, die Künste des Meisters mit dem Ball einzufangen. Leider ist dieser Film nach seiner Premiere in England noch nicht in deutschen Kinos zu sehen. Zur musikalischen Untermalung dieses Portraits stellen sich Mogwai zur Verfügung. Diese sind bekanntlich ja ebenso filigrane Techniker wie Zidane, nur halt in ihrem Bereich. Und was hier vorliegt, dürfte jeden Freund und Fan der mogwaischen Künste begeistern. Ruhige Klänge zieren den Soundtrack und untermalen die Leichtigkeit, mit welcher Zidane sein Lieblingsspielzeug zärtlich streichelt. Doch selbst ohne Filmbilder ist Mogwai ein äußerst beeindruckendes Werk gelungen. Keine Ausbrüche wie auf „Mr. Beast“; nein, in der Stille liegt die Kraft. Dieser Soundtrack für sich gesehen ist Musik zum Wohlfühlen und Entspannen, zum sich-treiben- und -loslassen. Hier kann man Ruhe finden und Kraft tanken. Ideale Musik fürs allein- oder auch zu zweit sein, wenn man nicht durch Gesangseinlagen gestört sein will. Lediglich das 30-minütige „Black Spider 2“ am Ende fällt mit noiseartigem Ambiente aus der Reihe. Wobei sich hier der Kreis zu Zidanes Karriereende schließen läßt.


MY CHEMICAL
ROMANCE:
The Black Parade

Reprise, Warner

My Chemical Romance
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   » Offizielle Seite

MY CHEMICAL ROMANCE
Mit ihrem zweiten Album „Three Cheers For Sweet Revenge“ erklommen My Chemical Romance vor zwei Jahren den Emo/Screamo-Olymp. Vielleicht sogar der Meilenstein dieses Genres. Eine große Hürde für folgende Aufgaben. Jetzt ist es also da, das dritte Album. „The Black Parade“ heißt es, und dieser Titel ist schon beim Booklet Programm: eine Musikkapelle, bestehend aus düster dreinschauenden Skelettkameraden und todgeweihten Gestalten. Trotz der Düsternis ein feierlicher Anblick.

Nun zum musikalischen Teil: „The Black Parade“ ist eine Abkehr von dem, was man von My Chemical Romance kannte. Weg vom Emo, hin zum großen Pop, zum großen Rock. Mit überwältigenden Melodien, bombastischem Sound und dichter Atmosphäre. Untermalt werden die teils hymnenhaften Lieder mit Streichern, Bläsern und Klavier. Ähnlich den Klängen der Supergropus der siebziger Jahre: Als Paten dürfen hier Queen (unverkennbar), Beatles und Pink Floyd genannt werden. Und wenn dann bei „Mama“ Liza Minelli mit ins Boot steigt und im Polkatakt nach vorne tanzt, dürfte jedem klarwerden, worum es hier geht.
„The Black Parade“ ist ein durchdachtes Konzeptalbum, ein Rock-Drama. Eine Rock-Oper sogar. Düster und schwarz, mit nur wenigen hellen Momenten. Mit Geschichten, die von Tod, Aufgabe und verlorener Zeit handeln. Produziert wurde dieses Album von Rob Cavallo, der auch schon bei Green Days „American Idiot“ hinter den Reglern stand. Und man muss sagen, der Herr hat ganze Arbeit geleistet, um „The Black Parade“ den nötigen Schliff zu geben. Ein großes Album, was man so nicht erwarten konnte. Man darf gespannt sein, wie es die Öffentlichkeit annimmt. Ich jedenfalls finde es großartig.