Roman Fischer: Personare
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Bei Roman Fischer stimmt diese Weisheit auf jeden Fall, gehört er doch zu den aufstrebenden Künstlern dieses Landes. Mit seinen 21 Jahren hat er schon mehr geschafft als manch anderer in seinem Alter. Durch die elterlich geförderte musikalische Vorbildung klimpert er schon früh in seinem Zimmer auf dem Keyboard herum und nimmt erste Stücke - allerdings mit „furchtbaren Sound“ - auf. Nach dem Abitur lernt er in seiner Münchner WG Oliver Gottwald von Anajo kennen. Mit Gottwalds Unterstützung, aber auch durch den Kontakt zu Bands wie Miles und Virginia Jetzt! wird er zu dem, was er heute ist. Der Multiinstrumentalist bringt 2004 seinen Erstling „Bigger Than Now“ in die Läden, der in Indie-Kreisen hoch gelobt wird. Seitdem hat sich vieles verändert, auch er selbst, und diese Veränderungen bringt er auf seinem neuesten Lebensabschnittsalbum „Personare“ zum Ausdruck.
Manchmal ist es unsagbar schwer, passende Worte für die Beschreibung von Musik zu finden. Oft genug auch im negativen Sinn. Doch im Fall von Roman Fischer ist es eher die (positive) Vorbelastung des Debuts „Bigger than now“, welches für damalige Lebens- und Gefühlsbeschreibungen nicht besser hätte passen können. Diese Zeiten sind vorbei und mit „Personare“ hat Roman Fischer die Vergangenheit hinter sich gelassen. In dem Alter, in dem er „Bigger than now“ geschrieben hat, er war 16, sind eben noch andere Sachen wichtig als fünf, sechs Jahre später. Nun hat er sich losgerissen.
Schon der Anfang „I don’t know who you are“ lässt ahnen, worauf man sich einlässt. Die Klaviertöne durchziehen als roter Faden die knapp 43 Minuten des Albums. Jeder einzelne Song ist eine eigene kleine Welt, so verschieden von den anderen, in seiner eigenen Art wunderschön. „Personare“ braucht im Gegensatz zum Vorgänger mehr Zeit, um seine Wirkung zu entwickeln. Doch hat man die Zimmertür hinter sich geschlossen und die Tür im Kopf geöffnet, entfaltet sich ein großer Klangraum, der am Ende keine Fragen und Antworten offen lässt. Verschiedene Einflüsse, ob gewollt oder nicht, sind nicht von der Hand zu weisen, fühlt man sich doch ab und zu an Coldplay erinnert. „The proper order“ verweist auf Slut, auch Kate Mosh und Sometree können als Referenzen genannt werden. Aber dennoch ist „Personare“ ein sehr eigenständiges Werk, welches die musikalische Vielfältigkeit des talentierten Youngsters aufzeigt. Ein zweites „Bigger than now“ wäre natürlich auch schön gewesen, aber nicht so persönlich wie das neueste Werk. Lassen wir uns also von den Songstürmen tragen, die uns auch nach dem letzten Stück „Persona“ nicht fallen lassen.
Damien Rice: 9
Damien Rice: 9 WMI/Warner
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Damien Rice Live: 11.03.07: Köln - Gloria 12.03.07: Hamburg - Markthalle » damienrice.com
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In Dublin geboren und aufgewachsen tat Damien Rice das, was ein heranwachsender Junge öfter aus Langeweile tut: angeln, sich das Spielen mehrerer Instrumenten beibringen und malen. Da zweiteres hängengeblieben ist, wird er in seiner Band Juniper tätig, die mit „Weatherman“ einen lokalen Hit landet. Seine Bandkumpane gründen später die in Irland bekannten Bell X 1. Damien tingelt durch die Toscana und dann als Begleitgitarrist durch ganz Europa. Im Jahre 2002 kann er dann den Produzenten David Arnold (Björk) für sich gewinnen und bringt sein erstes Soloalbum „0“ noch auf seinem eigenen Label DRM heraus. Kritiker werden aufmerksam, er erhält Auftrittsangebote für einige Festivals und schafft es, einen Fuß auf amerikanischen Boden zu setzen. Wenig später stürmt er auch in Deutschland mit seinem Debut die Herzen der Musikfans. Nachdem er sich eine Zeitlang von dem ganzen Ruhm erholt und zurückgezogen hat, beschert er uns nun sein neuestes Werk „9“, das dem Vorgänger in Nichts nachsteht.
Nach dem Debut "O" von Damien Rice hätte die Welt untergehen, man hätte sterben können, man wäre glücklich gewesen. Diese Platte war etwas so persönliches, als hätten die Songs nur für einen allein existiert. Man hatte geglaubt, es wäre unmöglich, dass Rice so etwas erneut schaffen könnte. Aber der scheue Ire scheint genügend Mist erlebt und durchgemacht zu haben, dass er wieder derart melancholische musikalische Eindrücke aus seinem Leben präsentieren kann. Schon der erste Song, das balladeske „9 crimes“ besticht durch die Leidenschaft der Stimmen von Damien und seiner Gesangspartnerin. Natürlich stehen Gitarre, Piano und Orchester wieder im Vordergrund. Unterstrichen durch die zerbrechliche Stimme des talentierten Rice, oft auch im Duett mit Lisa Hannigan.
Was beim Hören dieses neuen Meisterwerks passiert, kann man als Gefühlsausbruch bezeichnen, und das in jeglicher Ausführung: Vereinzelte Tränen oder ganze Bäche quellen aus den Augen, man empfindet den Schmerz, der in den Songs ausgedrückt wird, man möchte in den Arm genommen werden und fühlt Mitleid – mit dem Künstler, der Welt, sich selbst. Vor allem das grandiose „Elephant“ lässt einen erschaudern: durch die anfangs Akustikgitarren-geprägten Töne, den Ausbruch mit Geigen und zuletzt durch das zarten Ausklingen. Mit „Rootless Tree“ folgt wohl der poppigste Song von Damien Rice, den Nada Surf nicht besser hinbekommen könnten. Danke Damien, dass du dich nicht hast unter Druck setzen lassen. Danke, dass du uns mitleiden lässt. Dies sind Songs für die Ewigkeit, erneut zum Sterben schön.