Client: Heartland
Client: Heartland (Out of Line)
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Das britische Damentrio Client ist sowas wie die Schwesterband von Depeche Mode: ihr Sound klingt durchaus verwandt und Andrew Fletcher, seines Zeichens Keyboarder von Depeche Mode, gründete eigens für Client das Label Toast Hawaii. Kate Holmes (Client A) und Sarah Blackwood (Client B) waren schon längere Zeit musikalisch aktiv, bevor „Fletch“ auf sie aufmerksam wurde. Holmes war Mitglied bei Technique, Blackwood spielte bei Dubstar mit. Als sie zusammen kamen, wurden sie sich über ihr Image schnell einig: sie nannten sich Client A & B und entwarfen die ersten Uniformen, die an Stewardessen oder Politessen erinnerten und die bis heute wichtigstes Merkmal des Client-Styles sind. In Zeiten omnipräsenter nackter Brüste und Hintern erscheinen Client in ihren strengen Kostümen und mit den Human-League-Popperfrisuren beinah rührend zugeknöpft, fast altmodisch. Für mich bedeutet der Client-Look eine willkommene optische Abwechslung im gängigen Konzept weiblicher Pop-Performance. Clients Sexyness (zumal sie durchaus hochgeschlitzte und tief ausgeschnittene Uniformen tragen) entsteht aus dem Nicht-Zeigen, aus dem auf-die-Finger-hauen, wenn sich lüsterne Griffel nähern wollen. Der kühle, durch die Nase gesprochene/gesungene britische Akzent tut sein übriges – möge Clients strenger Look eine Renaissance der angezogenen Popmusikerin einläuten!
Das erste Client-Album erschien 2002 und wurde von der Elektro- und Danceszene sofort wohlwollend aufgenommen. Sparsame Synthiearrangements, poppige Melodien, die immer einen Hang zum Düsteren beinhalteten und die very-britishen Vocals ergaben eine Mixtur, die man lange nicht mehr gehört hatte. Durch die hypermoderne Produktion klangen Client aber nie wirklich retro, sondern nostalgisch-hip. Ihr kühler, distanzierter Elektroniksound erinnert an Bands wie Human League, die Pet Shop Boys und natürlich Depeche Mode. Client überführten schlüssig und konsequent das beste der Achtziger in die Nullerjahre – das fanden auch viele Menschen, die im Popkulturbiz was zu sagen haben: Verschiedene Songs aus der LP „Client“ landeten auf Soundtracks zu TV-Serien wie „Nip/Tuck“ und „CSI“. auch das zweite Album „City“ kam gut an, Client hatten mittlerweile einen illustren Freundeskreis um sich geschart: Gastauftritte von Martin Gore und Carl Barat (The Libertines) zeugen von der Credibility der beiden Musikerinnen. Während der letzten Jahre waren Client viel auf Tour, unter anderem als Support für (ich wiederhole mich ja nur ungern) Depeche Mode und Karl Bartos (Ex-Kraftwerk), spielten ausserdem häufig eigene DJ-Sets unter dem Motto „Being Boiled“. Vor den Aufnahmen zum dritten Album „Heartland“ lernten Client A & B die Bassistin (und Ex-Model) Emily Mann kennen und luden sie ein, das dritte Mitglied von Client zu werden. Sie sagte zu, seitdem nennt sie sich selbstredend Client E. Durch die Aufnahme von Client E kam ein „echter“ Bass ins Spiel: dem Client-Sound hat das sehr gut getan, der Bass bringt Volumen, Wärme und Organik in die unterkühlte Elektrodisco. Die neuen Songs klingen insgesamt eingängiger, „hittiger“ als die beiden Vorgängerplatten. Die Achtzigerreferenzen sind nach wie vor unüberhörbar, ergeben ein angenehmes, ja, Retroklangbild, dem einige neue Facetten hinzugefügt wurden. Der Titeltrack kommt getragen, düster und melancholisch daher, hier regiert the dark side of the moon. Die erste Single „Lights go Out“ verwendet einen T-Rex-typischen Rhythmus, der bis aufs Skelett ausgezogen wird, bis er schliesslich monoton zuckt und stampft. Dazu singen Client: „No mercy, no pleasure, no sin, I stand guilty loving you again …“ - das kühle, unantastbare Uniform-Sexbombenimage steht im Kontrast zur einsamen, ausgelieferten Frau, die an der Liebe oftmals mehr leidet als Spass hat. Auch „Someone to hurt“ geht in diese Richtung: zu Depeche-Mode-beeinflusstem Synthieplinkern wird mit zuckersüsser Stimme gehaucht „I need someone to hurt, it can't get any worse / I'm looking for feelings, but all I ever get is you …“ Die Coolness von Client ist das probate Gegenmittel für Schmerz und Trauer, aber es geht nicht immer nur depressiv zu im Hause Client. In Songs wie „6 in the Morning“ pflegen sie augenwzinkernd ihr Domina-Image: „You look good on your knees / you know it's time to please / you can look but you can' t touch / Try me, I' m hard to please …“ Die zweite Single „Drive“ besticht mit New-Order-Gitarrenhooks und einem sehr eingängigen Refrain, klingt regelrecht fröhlich, ebenso wie „Zerox Machine“, ein lebhafter, lässig-rockiger Song über einen Kopierer. Mit „Koeln“ ist eine Hommage an die Stadt auf dem Album, in der Client über eine besonders treue Fanschar verfügen und in der sie entsprechend oft auftreten. In Köln und vielen anderen deutschen Städten sind Client bald zu hören und zu sehen (siehe Livetermine), bis dahin kann man sich mit dem neuen Album formidabel einstimmen. Sarah Blackwood alias Client B stand satt.org für ein kleines Interview zur Verfügung:
Client Live: 13.04.07 Hannover Glocksee 14.04.07 Hamburg, Prinzenbar 15.04.07 Bremen Römer Club 18.04.07 Wien, WUK 19.04.07 Innsbruck, Weekender Club 20.04.07 Freiburg 21.04.07 Basel, Kaserne 22.04.07 Köln 25.04.07 Berlin 30.04.07 Dresden 04.05.07 Kulturfabrik Krefeld 09.05.07 Heidelberg, Halle 02 10.05.07 Konstanz, KuLa 11.05.07 Zürich, Rote Fabrik 12.05.07 Augsburg, Musikkantine
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CM: Ein deutsches Musikmagazin nannte Euch die „besten Stewardessen des Elektropop“ - was sagst du dazu?
Sarah Blackwood/Client B: Oh, ich glaube, wir sind ein bisschen mehr als das …
CM: Warum habt Ihr mit Emily Mann eine Client E in die Band aufgenommen? Ist ein Trio „vollständiger“ als ein Duo?
SB: Es sieht einfach stärker aus, eine wunderschöne, 1,80 m grosse Bassistin dabei zu haben. Und natürlich ist der voluminösere Bass-Sound ein definitives Plus!
CM: Wie wichtig ist Euer Outfit? Wären Client ohne den speziellen Look überhaupt vorstellbar?
SB: Musik und Image sind gleich wichtig, 50:50. Es wäre undenkbar, Client B in einem Rüschenkleid zu sein!
CM: Ist Client eine feministische Band?
SB: Wir sind keine militanten Feministinnen, aber wir wollen natürlich stärkere Rechte für Frauen. Ueberall, aber besonders in der Musikindustrie.
CM: Stellt Euch vor, Client sollen einen Song für Britney Spears schreiben, um sie zurück ins Geschäft und ins Leben zu bringen – wie hiesse der Song?
SB: Wise up
CM: Der Client-Gesang klingt sooo typisch britisch – achtet Ihr besonders darauf?
SB: Nicht wirklich. Aber ich verabscheue alles aufgesetzte: wie kann man jemanden ernst nehmen, der sich abmüht, gedehntes Amerikanisch zu sprechen, obwohl er aus London stammt?
CM: Wer ist Euer Lieblingspopstar?
SB: Wir alle lieben Bowie.
CM: Ihr wart auf Tour mit Depeche Mode, Mick Jones und Ihr seid als DJs unterwegs – gibt es eine lustige tourleben-Geschichte, die du erzählen kannst?
SB: Es gibt natürlich viele tolle Storys, die meisten kann man aber nicht erzählen, schon allein, um unschuldige Jugendliche zu schützen …. Eine harmlose: einmal haben wir Fletch (Andy Fletcher/Depeche Mode) am Bahnsteig in Köln vergessen!
CM: Was ist dein Lieblingssong vom neuen Album?
SB: Das ändert sich täglich! Heute ist es „Drive“!
CM: Welcher Track war der schwierigste?
SB: Songs sind wie Kinder. Es gibt verschiedene Grade der Kompliziertheit!
CM: Was hat sich seit der letzten Platte „City“ verändert?
SB: Jedes Album bezeichnet einen Fortschritt für unsere Songwriting-Skills, das Budget und den Standard der Produktion. Für „Heartland“ haben wir mit demselben Team gearbeitet, das auch „City“ mit uns gemacht hat, dazu kamen die Fähigkeiten unserer Producer Stephen Hague und Youth.
CM: Wo oder was ist Dein „Heartland“?
SB: Hmmm …Frieden und das Gefühl, den richtigen Platz im Leben gefunden zu haben
CM: Ein mit mir befreundetes Pärchen hat sich bei einem Client-Konzert kennengelernt – würdet Ihr auf ihrer Hochzeit spielen :-)
SB: Und wer hat behauptet, Romantik sei tot! How lovely! Wir fangen am besten gleich an, unsere Uniformen zu entwerfen ….
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» www.outofline.de