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Die Rockformation Diskokugel ist nichts weniger als ein Phänomen. Magnus Schmerfeld (Gesang/Tasten), Mathias Hill (Gesang/Bass), Stefan Noll (Gitarre/Gesang) und Matthias Müller (Schlagzeug) gründeten die Band 1997 in Salford, dem Wohnort von Mark E. Smith, zogen zurück in die hessische Provinz (Darmstadt und Schlüchtern) und liessen fortan die Kugel kreiseln, rocken und rollen. Sie gelten als eine der fünf Bands, die am häufigsten im Atomic Café in München spielten und sind mit den Fehlfarben auf du und du. Ihre Auftritte sind legendär und erspielten der RockFo, wie sich selbst liebevoll abkürzend nennen, eine treue Fangemeinde – die von der Band geliebt und gehätschelt wird: auf ihrer Website wird regelmässig der Fan des Monats gewählt. Musikalisch pflegen sie den eklektizistischen Ansatz: sie mögen Siebzigerjahre-Discosound, Postpunk á la The Fall, Soul und Rock und setzen all dem die Krone in Form ihrer teils komischen, teils avangardistischen Texte auf. Und immer mit dem Hauch von Anarchie: weil der noch sehr junge Mathias Hill einen Nachbarn für den untergetauchten RAF-Terroristen hielt, nannten sie eine EP „Soulkommando Henning Beer“. Eine Politband sind sie deshalb nicht, wenn auch der Hang zu aufrührerischen Klängen und Texten nicht zu übersehen und -hören ist. Die Diskokugel ist aber nur als Gesamtkunstwerk zu erfassen, das RockFo-Outfit changiert zwischen Mod-Style und John Travolta; man kann die RockFo in eine Reihe mit den Ärzten, Superpunk, den Aeronauten und Der Plan stellen, es fällt gleich auf, dass diese Reihe ziemlich krumm und schief ist, aber insgesamt ein grosses Vergnügen. RockFo-Songs wie „Jugendliche“ („ … mit 70 durch die Ortschaft: das waren Jugendliche!“), „Mörder-Samba“ oder „Tagebuch“ sind Highlights deutschen Pop-Schaffens und sollten in keiner ordentlichen Plattensammlung fehlen. Ebenfalls höchst empfehlenswert ist ihre „Hymne“ auf Mark E. Smith, „The Salford Lad“ oder neue Songs wie „99 %“ - zu hören auf dem neuen Album „Anarchie und Montag“, das bei Atatak erschienen ist.
Interview mit Mathias Hill, Sänger und Bassist der Rockfo:CM: Ist "Anarchie und Montag" so eine Art Jubiläumsplatte? Feiert Ihr „10 Jahre Diskokugel“ oder ist das nicht so wichtig für Euch? MH: Jein. Die erste CD („Anarchie …“ erscheint als Doppel-CD) ist unsere neue, aktuelle EP. Die zweite CD ist eine Mischung aus "Best of", Unveröffentlichtem und neuen Versionen von alten Favoriten. Also eine Dreingabe. CM: Der Albumtitel spielt ja auf DIE deutsche Referenzplatte an (Fehlfarben, „Monarchie und Alltag“) - seid Ihr fröhliche Anarchisten? MH: Ja. CM: Was kann/was soll Popmusik erreichen? Kann man mit Musik heute noch eine Revolution anzetteln? MH: Nein. CM: Wie kam es zur Freundschaft zwischen den Fehlfarben und der RockFo? MH: Unser damaliger Plattenfirmenchef Marc Liebscher (Blickpunkt Pop / Sportfreunde Stiller) hat uns gesagt, dass die Fehlfarben eine Vorgruppe für ihre Reunion-Tour suchen. Er hat unsere CD hingeschickt und sie haben uns genommen. Und dann haben wir uns auf der Tour ganz gut verstanden, seitdem gibt es einen regen Austausch (unser Mischer ist heute auch der Mischer der Fehlfarben). Witzigerweise kenne ich Frank Fenstermacher (Fehlfarben / Der Plan / Ata Tak) schon viel länger, denn er hat 1994 mal ein Cover für mein damaliges Kleinlabel Eiswürfel Tonträger gestaltet. Für "Die schönste Platte der Welt". CM: Richard Kämmerlings hat Euch in der FAZ als "Feierabendrocker" bezeichnet - findet Ihr das frech? MH: Ich bevorzuge den Terminus "Hobbyrocker". Im Gegensatz zum "Profimucker" muss der Hobbyrocker nicht von der Musik leben und muss deshalb keine Promosachen mitmachen, auf die er keine Lust hat, wie zum Beispiel selbstausbeuterische Auftritte, Pay to Play bei Juli und Silbermond, Stefan Raab Bundesvision Song Contest, BAP-Coverversionen spielen und andere künstlerisch fragwürdige Aktionen, bei denen Gesichtsverlust droht.
Dafür hat der "Profimucker" mehr Geld und damit ein größeres Studio, einen bekannteren Produzenten, eine finanzkräftigere Plattenfirma hinter sich. CM: Ihr lebt in der sogenannten Provinz (Schlüchtern, Darmstadt) - stand es für Euch jemals zur Debatte, nach Berlin oder Hamburg zu ziehen? MH: Nein. CM: Knarf Rellöm, der ja zu Eurer Peergroup gehört, hat gesagt, ihm seien "authentische" und "ehrliche" Bands zuwider, er bevorzugt Künstlichkeit - wie wichtig ist Authentizität respektive Künstlichkeit für Euch?
MH: Man spielt ja auf der Bühne immer eine Rolle, selbst, wenn man sich verschwitzt im Unterhemd hinstellt und sagt: "Ich bin einer von euch!" Deshalb lieben wir es, mit Krawatten zu spielen. Das ruft Reaktionen hervor, gerade in besetzten Häusern kann man damit super anecken. Und Reaktionen will man beim Publikum ja hervorrufen. Am besten erstmal Verwirrung ("Was sind das denn für welche?") und am Ende Verzückung. CM: Welcher Eurer Song bringt das Konzept der RockFo am Besten auf den Punkt? MH: Die Wahrheit steht auf keinem T-Shirt. CM: Gibt es ein Wort, das du gern mal in einem Rockfo-Text unterbringen wolltest, aber es hat noch nie gepasst? MH: Nein. Eines wäre "Authentizität", aber das hab ich auch schon untergebracht. CM: Die RockFo darf sich einen Traum-Konzertort aussuchen, wo ist der? MH: Hacienda, Manchester CM: Meine Lieblingsfrage: Welche Platte hat bei Dir/Euch den Wunsch geweckt, selbst Musik zu machen? MH: Das war ein Prozess, von daher gibt es so einige. Aus jahrelangen Diskussionen mit Magnus haben sich bei uns beiden in etwa folgende Platten herauskristallisiert: The Cure: Pornography Bei Stefan und Matthias können das aber nochmal ganz andere sein. CM: Die Lebenserwartung der Menschen steigt, also auch Eure: was macht die RockFo in 30 Jahren (Stichwort Feierabendrocker: also wenn Ihr nicht mehr arbeiten gehen müsst)? MH: Wir haben uns drauf geeinigt, dann auf Tanzmusiker umzusatteln und im Sitzen zu spielen. Aber auch noch unter dem jetzigen Namen. Die Rockfo ist schließlich keine Band, sondern ein soziales Langzeit-Experiment. » www.atatak.de |
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