Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




April 2007
Tobi Kirsch
und Maria Sonnek

für satt.org

Hanne Hukkelberg:
Rykestrasse 68
(Nettwerk/Soulfood)

Hanne Hukkelberg, Rykestrasse 68

Manches Kleinod bleibt im Sumpf der vielen Veröffentlichungen zunächst unentdeckt. Der Schreiber selbst brauchte einige Anläufe, um sich dem zweiten Album der Norwegerin zu nähern. Beruhigend, daß auch manch andere Kollegen erst nach der offiziellen Veröffentlichung berichten wollten. Das Echo ist einhellig positiv.

Schwer zu beschreiben ist Hannes einzigartiges Soundinstrumentarium: aus Alltagsgeräuschen und verhaltenen Beats erzeugt sie eine eigene Klangwelt um ihre prägnante Stimme, die sich im Stück "The Northwind" dramatisch in die Hörgänge schrauben kann. Gleich darauf kann die gleiche Stimme so fragil klingen, daß sie fast zu verschwinden droht. Hanne beherrscht das Spiel zwischen Laut und Leise beeindruckend. So hat sie denn auch das Zeug, einen alten Pixies-Klassiker wie "Break My Body" in einer aufregendes neues Gewand zu kleiden. Voller Soul und sich der großen Aufgabe bewußt, meistert sie diese Hürde spielend. Selbst Pixies- Manager Ken Goes zeigt sich begeistert.

Ihr erstes Album "Little Things" überzeugte in England die Insider vom Wire ebenso wie die Sunday Times. In Deutschland ist ihr Name noch weitgehend unbekannt, doch das sollte sich mit diesem Album und ihrer anstehenden Releasetour bald ändern. Für "Rykestrasse 68" brauchte Hanne zwei Jahre Produktionszeit. Wenn jedoch Musiker wie Jaga Jazzist und Madrugada mithelfen und ein solches Ergebnis dabei herauskommt, verzeihe ich Frau Hukkelberg die Kürze ihres Albums von 39 Minuten gerne. Der einzige Hit "Cheater's Armoury" hat denn auch schon den steinigen Weg in die Qualitätsradios gefunden. Subtil baut sich ein zwingender Groove zu einem sich variierenden Refrain auf. Großes Tennis, wie früher Sportkommentatoren das Spiel des jungen Boris Becker kommentierten. Hanne Hukkelberg hat noch viel vor. Vielleicht wird sie die Höhen von Björk erreichen. Es liegt nur am Glück und am Konsumenten, das Zeug zur großen Künstlerin bringt sie unzweifelhaft mit. [Tobi Kirsch]


» www.hannehukkelberg.com



Anna Ternheim:
Separation Road
(Stockholm/Universal)

Anna Ternheim: Separation Road

Ein wahrer Glückspilz kann die Schwedin Anna Ternhein wohl genannt werden, hat sie es doch letztendlich geschafft, ihre Musik an begeisterte Hörer zu bringen. 1978 in der schwedischen Hauptstadt geboren, erlernt sie zehn Jahre später ihr Hauptinstrument: die Gitarre. Nachdem sie mit ihrer ersten Band auf kleineren Festivals auftrat und immer mehr Bewunderer ihrer Musik fand, nimmt sie 2003 ihre schon zuvor veröffentlichte selbstbetitelte EP noch einmal auf und nennt sie „Somebody Outside“. Dieses Werk strotzt vor wunderschönen Melodien, hingebungsvoll arrangierten, mit Streichern versehenen Stücken und natürlich Annas eindrucksvoller Stimme. Nachdem dieses Werk erst Ende 2006 auch bei uns auf den Markt kam, beflügelt uns nur wenige Monate später schon ihr Zweitwerk.

Die ersten Töne von „Separation Road“ evozieren Bilder im Kopf, die man aus dramatischen Filmen kennt …eine Szenerie vor dunklem Himmel, genau so, wie uns das Cover begegnet: eine im Männerunterhemd noch blasser erscheinende Anna Ternheim, hinter ihr versammelt sich eine geordnete Schar, beinah eine Armee schwedischer Kinder. Und das vor besagtem dunklen Himmel, der nur ab und zu aufreisst, denn die 14 Songs haben allesamt etwas zutiefst melancholisches an sich, auch wenn sie „Today is a good day“ singt. Molltöne überwiegen, man könnte sich vorstellen, dass Anna an den Abenden, während es in Schweden tagsüber nur mäßig hell wird, in ihrem Häuschen saß und diese Schönheiten zu Papier gebracht hat. Meistens stehen bei diesen die Klavierklänge im Vordergrund. Wenn Gitarren, dann nicht in Alleinherrschaft, sondern immer in Harmonie mit Piano und Streichern. „It’s getting late, I think my time is running out“ Sie reflektiert ihr Leben, ihre Lieben, das Alleinsein – all das, womit man gute Songs füllt. Was hinterlässt das Album? Verwirrung, Traurigkeit, ein irgendwie schweres Herz. Das wird auch nicht bei der „China Girl“-Coverversion besser, trauriger hörte man diesen Song selten zuvor. [Maria Sonnek]


» www.annaternheim.com