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Mai 2007
Robert Mießner
für satt.org

Der Kontrast tanzt
Von Südenfed “Tromatic Reflexxions”

Von Südenfed (Foto: Leon Chew)
Fotos © Leon Chew
www.chew.tv
Von Südenfed (Foto: Leon Chew)

Von den zahlreichen Gründen, Intellektuellen gegenüber prinzipiell misstrauisch zu sein, wird einer gerne übersehen: Sie können nicht tanzen. Wobei nicht können ganz klar nicht wollen heißt. Schwierig mögen sie ihre Musik, vertrackt. Melodie ist ihnen Anbiederung, Rhythmus Verrat. Tanzen, das tut die tumbe Masse. Die ein dunkles Dasein fristet, ohne argentinische Avantgarde, iranischen Grindcore und weißrussischen New Wave. Von Stockhausen, Can und Faust ganz zu schweigen. Dass Mark E. Smith, Jan St. Werner und Andi Toma mit den letzten Namen vertraut sind, darf vorausgesetzt werden. Dass den drei Grenzgängern Kategorien nichts, Energie und Sound aber alles sind, beweisen sie auf ihrem dieser Tage erschienenen Album Tromatic Reflexxions.

Zu den gerne zitierten Allgemeinplätzen der Geschmackspolizei gehört, dass Mark E. Smith bei The Fall seit über dreißig Jahren den immer gleichen, freudlosen Song spiele. Und natürlich, dass Elektroniker wie Mouse on Mars, Jan St. Werners und Andi Tomas’ Band, den guten, ehrlichen Rock'n'Roll verraten hätten. Dabei hat Smith die Tanzfläche nicht erst gestern entdeckt. Als 1987 Hit The North erschien, war dies auch ein Abschied von den Indiefundamentalisten. Mouse on Mars wiederum haben sich nie gescheut, wenn es darum ging, ihre elektronische Musik (die Schublade Ambient / Techno öffnen sie nur mit Vorbehalt) mit der Unmittelbarkeit akustischer Instrumentierung zu verbinden. Stichwort Unmittelbarkeit: Kennengelernt hat sich das Soundsystem in London, wo Smith ein Konzert von Mouse on Mars besuchte. Ein sehr lauter, direkter Auftritt, der dem Publikum einiges abverlangte. Smith hat es gerade gefallen, und er lieh Mouse on Mars seine Stimme auf Wipe That Sound (2004). Noch als Gastsänger, doch nicht ohne zu bemerken, dass das nicht alles gewesen sein solle.


Von Südenfed:
Tromatic Reflexxions

Von Südenfed: Tromatic Reflexxions
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Drei Jahre später ist aus der Zusammenarbeit eine richtige Band geworden. Eine, die auf The Rhinohead den Soul des 21. Jahrhunderts spielt, auf That Sound Wiped ein Monster aus Melodie und Rhythmus zaubert, das es mit Blindness, dem Fall-Song des Jahrzehnts, aufnehmen kann. Wer bei The Fall die abstrakten (aber nie blutleeren) elektronischen Klänge der Neunziger mochte oder gerade jetzt entdeckt, wird an Serious Brainskin oder Speech Contamination / German Fear Of Österreich, auf dem Smith in seinem Deutsch singt, helle Freude haben. Fans von Feldaufnahmen sei Jbak Lois Lane ans Herz gelegt. Wenngleich komplett im Studio entstanden, ist es trotzdem das wahrscheinlich erste Stück Musik, in dem als Instrument ein Rasenmäher fungiert. Und den Background für einen aberwitzigen Dialog zwischen einem aufgestörten Mark E. Smith und einem nur seine Arbeit verrichten wollenden Andi Toma liefert. Das Album, das aus Kontrasten ein organisches Ganzes macht, klingt elegisch aus. Mit westafrikanischen Juju-Gitarren und einem Abschied von den Dearest Friends, die zu früh gegangen sind. Seelenlose Tanzmusik war gestern. Von Südenfed sind Gegenwart.


Von Südenfed Live:
02. Juni 2007: Link Bologna, Spanien (lt. Mouse on Mars-Website)
09. Juni 2007: The Garden Party, Ballinlough Castle, Athboy, Co. Westmeath, Irland (lt. Veranstalter-Website)
13. - 15. Juli 2007: **Melt Festival , Ferropolis, Gräfenhainichen, Deutschland



» www.myspace.com/vonsudenfed